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Crazy Moon

Crazy Moon

Titel: Crazy Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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mal seine Zweifel verdrängen und daran glauben durfte, dass am Ende immer das Gute siegt.
     
    »Mira war schon immer anders.« Mit einem Löffel maß Morgan sorgfältig Kaffee ab und schüttete ihn in einen Filter.
    Das Restaurant war noch geschlossen; wir bereiteten uns auf die Abendschicht vor. Nachdem ich Morgan von meinem Erlebnis im Postamt erzählt hatte, schüttelte sie den Kopf und seufzte, aber zu überraschen schien es sie nicht.
    »Die Leuten haben sich von Anfang an die Mäuler über sie zerrissen«, fuhr Morgan fort, »von dem Tag an, an dem sie herzog. Mira ist eine Künstlerin, die in einer Kleinstadt lebt. Da wird automatisch getratscht.«
    Ich nickte und rollte weiter Besteck in Servietten ein: Man lege erst das Messer, dann die Gabel auf eine Papierserviette, ziehe diese in einem rechten Winkel stramm und rolle exakt drei Mal. Während Morgan weitersprach, überprüfte sie aus den Augenwinkeln, ob ich die Technik auch schon perfekt beherrschte.
    »Ich kann mich genau daran erinnern, wo ich sie zum ersten Mal gesehen habe. Isabel und ich gingen damals noch zur Schule, wir waren ungefähr so alt wie du jetzt und jobbten an der Kasse im Supermarkt. Und eines Tages tauchte Mira dort auf, natürlich mit dem Fahrrad. Sie trug einen Anorak in Neon-Orange und kaufte sechs Packungen Cornflakes. Das war alles, was sie überhaupt je kaufte – Cornflakes, Sugar Pops, Frosties. Jedenfalls kam es mir so vor. Ich stellte mir immer vor, sie würde direkt vor meiner Kasse mit Zuckerschock umkippen.«
    |88| Ich rollte brav weiter Besteck in Papierservietten, damit Morgan nicht aufhörte zu reden. Ich wollte, dass sie weitersprach.
    »Nach einer Weile begann sie sich in der Stadt zu engagieren.« Der Filterstapel war ein wenig schief – Morgan rückte ihn gerade. »Ich kann mich erinnern, dass meine Mutter einen Malkurs belegte, den Mira in der Volkshochschule anbot. Vor Mira war eine alte Dame die Mallehrerin gewesen. Bei ihr durfte man nur Blumen und Tiere malen, nichts als niedliche Tierchen und süße Blümelein. Doch auf einmal stand Mira vor der Malklasse und redete über die Gestalt des menschlichen Körpers und perspektivisches Zeichnen. Und das war noch nicht alles. Sie befahl den Kursteilnehmern geradezu mit Farbe herumzuschmieren und zu spielen, so viel sie wollten.«
    Ich lächelte; das sah Mira ähnlich.
    »Aber der größte Skandal passierte, als sie den Briefträger, Mr Rooter – der war schon damals über siebzig – dazu überredete, Modell zu stehen.«
    Ich sah fragend von meiner Arbeit auf.
    »
Akt
modell!« Morgan maß Kaffee für den nächsten Filter ab. »Es muss der Horror gewesen sein. Meine Mutter hat sich von dem Schreck jedenfalls nie ganz erholt. Sie sagt, seitdem kann sie sich die Briefe, die er bringt, nicht mehr normal anschauen. Und ihn natürlich erst recht nicht.«
    »Das ist ja echt der Hammer!«
    »Du sagst es. Mira kapierte gar nicht, warum die Leute sich so aufregten. Aber von da an kursierten die wildesten Geschichten über sie. Du rollst nicht fest genug.«
    Ich zuckte zusammen. »Was?«
    »Du musst die Servietten straffer ziehen.« Sie zeigte |89| auf meine zuletzt produzierten Rollen. »Sonst sieht es schlampig aus.«
    »Sorry.«
    Sie sah mir mit kritischem Blick beim Rollen zu, bis ich mich wieder zu ihrer Zufriedenheit anstellte. »Mira merkte anscheinend gar nicht, dass die Leute was gegen sie hatten, bis man ihr nahe legte ihren Kurs aufzugeben. Und erst der arme Mr Rooter! Ich glaube, ein Jahr lang hat ihn niemand mehr richtig angeguckt. Die Malklasse zeichnete wieder brav Blumen und Tiere. Meine Mutter malte diesen komischen Dackel, total schief und krumm, und hängte das Bild in unser Badezimmer. Es war so schlecht, dass ich mich davor gegruselt habe.«
    Ich wusste nicht genau, wie ich auf diese Bemerkung reagieren sollte.
    Doch Morgan redete zum Glück gleich weiter: »So ging es jedenfalls los. Aber das war nicht das einzige Problem. Einmal setzten sich zum Beispiel einige Eltern dafür ein, dass bestimmte Bücher in der Mittelstufe nicht mehr gelesen werden sollten. Mira flippte aus, als sie das hörte, und tauchte plötzlich ständig bei den Elternversammlungen an unserer Schule auf. Sie machte einen richtigen Aufstand deswegen. Ich glaube, die Leute wurden vor allem deshalb nervös, weil sie nicht kapierten, warum Mira sich überhaupt einmischte und was das Ganze sollte.«
    »Trotzdem ist es blöd gelaufen.«
    »Ja, das stimmt.« Sie nahm sich eine von meinen

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