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Crazy Moon

Crazy Moon

Titel: Crazy Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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keine Chance, dich schnell zu finden . . .«
    »Verflucht, Morgan, wenn du nicht dauernd die Gouvernante spielen würdest, würde ich dir vielleicht sogar mehr erzählen!«, schrie Isabel. »Aber so wie du mir ständig im Nacken sitzt, könnte ich genauso gut mit meiner Großmutter zusammenwohnen. Also entschuldige bitte, wenn ich dir nicht sämtliche intimen Details aus meinem Leben verrate, okay?«
    Morgan zuckte zusammen, als hätte sie jemand geschlagen. Sie wandte sich ab und begann mit hastigen, ruckartigen Bewegungen die Zucker- und Süßstofftütchen |93| auseinander zu sortieren. Dabei tat sie übertrieben beschäftigt.
    Isabel zerrte die Kaffeekanne aus der Maschine, stellte einen Becher unter den dünnen dunklen Strahl und wartete ungeduldig, bis er zur Hälfte gefüllt war. Danach stellte sie die Kanne zurück auf die Heizplatte, nahm einen Schluck Kaffee und schloss die Augen.
    Es war sehr still im Raum.
    »Tut mir Leid«, sagte Isabel laut und deutlich. Es klang viel echter als ihre Entschuldigung mir gegenüber. »Tut mir wirklich Leid.«
    Morgan sagte gar nichts; stattdessen kümmerte sie sich nun um die Löffel, indem sie alle so umdrehte, dass sie mit dem Griff nach oben in ihrem Behälter standen.
    Isabel warf mir einen Blick zu nach dem Motto: Verzieh dich! Ich kapierte sofort, stand auf und nahm die Servietten sowie das Besteck mit hinüber in die Küche. Durch die Durchreiche konnte ich die beiden allerdings nach wie vor sehen. Ich setzte mich auf die Kante der Arbeitsplatte, beobachtete sie verstohlen und machte keinen Mucks.
    »Morgan, ich habe mich entschuldigt.« Isabels Stimme klang ungewohnt sanft.
    »Das tust du immer.« Morgan wandte sich nicht zu ihr um.
    »Ich weiß«, antwortete Isabel genauso leise wie zuvor.
    Wieder herrschte Stille. Morgan arrangierte mittlerweile Strohhalme um.
    »Ich wusste doch gar nicht, dass ich überhaupt ausgehen würde. Da rief Jeff an und schlug vor am Nachmittag segeln zu gehen. Ich sagte Ja und fuhr mit und dann war’s auf einmal Abend und ich . . .«
    |94| Morgan drehte sich mit großen Augen zu ihr um: »Jeff? Der Typ, den wir im Supermarkt getroffen haben?«
    »Ja.« Isabel lächelte. »Er hat tatsächlich angerufen, stell dir vor!«
    »Wahnsinn!« Morgan packte sie am Arm. »Wie hast du reagiert? Warst du nervös?«
    »Tja, um ehrlich zu sein, ich hatte ihn völlig vergessen.« Isabel lachte. Ich war so an ihren Dauerflunsch gewöhnt, dass es mich richtig überraschte. Sie sah plötzlich ganz anders aus, wie ein neuer Mensch. »Ich weiß, es klingt blöd, aber erst musste er mich daran erinnern, wer er ist. Er ist echt nett, Morgan, und das Segeln mit ihm hat Spaß gemacht . . .«
    »Stopp, langsam und von vorne!« Morgan ging zu Isabel hinter den Tresen und ließ sich neben ihr auf der Kante nieder. »Erzähl mir alles von Anfang an. Also, er rief an und . . .«
    »Okay.« Isabel goss sich Kaffee nach. »Ich war noch im Bademantel und habe mir eine Soap im Fernsehen reingezogen, da klingelte das Telefon . . .«
    Ich rührte mich nicht und lauschte, zusammen mit Morgan, Isabels Bericht, vom Anruf über den Nachmittag auf dem Segelboot bis hin zum ersten Kuss. Sie hatten meine Anwesenheit vollkommen vergessen. Während Isabel ihr Date in allen Einzelheiten beschrieb, während die beiden lachten und schwatzten, stand ich in der Küche, vor ihren Blicken verborgen, und tat so, als würde sie ihre Geschichte auch mir erzählen. Ich tat so, als gehöre ich ein Mal, ein einziges Mal, dazu, sei Teil dieses Geheimbundes, dem nur ausgelassen giggelnde Mädchen angehören und den man Freundschaft nennt.
    |95| Die beiden faszinierten mich. Fast jede Nacht kletterte ich, nachdem ich mit Mira Wrestling geguckt hatte und meine Tante, meistens nicht allzu spät, schlafen gegangen war, durch mein Schlafzimmerfenster und setzte mich davor aufs Dach. Von dort aus bot sich mir eine perfekte Aussicht auf das kleine weiße Haus nebenan.
    Morgan und Isabel liebten Musik. Im Prinzip wirklich jede Art von Musik: Disco, Oldies, die aktuellen Charts – irgendwas lief immer im Hintergrund ihres gemeinsamen Daseins. Isabel brauchte Musik, um überhaupt funktionieren zu können. Wenn wir morgens zur Arbeit kamen, stellte Morgan sofort die Maschine an, in der Eistee gekühlt wurde. Isabel dagegen schaltete als Erstes das Radio ein und drehte es auf volle Lautstärke.
    Wenn es ihr gut ging, ließ sie Oldies laufen, am liebsten die ›Greatest Hits, Part One‹ von Stevie Wonder.

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