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Crazy Moon

Crazy Moon

Titel: Crazy Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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Also blieb es an mir hängen, diese Tage zusammen mit Isabel zu überleben. Es war gerade mal halb zwei, aber ich hatte schon zwei Riesengruppen hinter mir und an mindestens zehn weiteren Tischen bedient.
    »Deine Bestellung steht im Weg«, sagte Isabel barsch. Sie balancierte ein großes Tablett auf der Schulter und lief damit an den Leuten vorbei, die in einer langen Schlange darauf warteten, dass der nächste Tisch frei wurde.
    »Wie läuft’s bei euch draußen?«, fragte Norman aus der Küche, während ich versuchte meine Bestellungen auf einem Tablett unterzubringen. Auf der Anlage in der Küche lief Stevie Wonder, und zwar sehr laut, denn eigentlich hatte Isabel den ganzen Tag lang gute Laune gehabt. Norman trug seine grüne Sonnenbrille und tänzelte um die Hamburger herum, die auf dem Grill vor sich hin brutzelten. Bick richtete im Hintergrund Salat an und summte die Lieder leise mit.
    »Das reinste Irrenhaus«, antwortete ich. »Da warten noch Leute für mindestens drei Tische.«
    »Sag lieber vier oder fünf.« Isabel stellte sich dicht hinter mich und griff an mir vorbei, um sich einen Teller Pommes frites zu angeln. »Wann ist dieser Hamburger endlich fertig, Norman?« Sie beugte sich durch die Durchreiche. »Ich brauch ihn. Sofort.«
    Ich trat einen Schritt zur Seite. Norman zog lächelnd die Augenbrauen hoch. Ich hatte angefangen ihn zu mögen. Er mochte ein Kunstfreak sein, aber er war ein
netter
Kunstfreak; immer, wenn mit meinen Bestellungen etwas schief lief, beeilte er sich mir einen neuen Teller herzurichten, selbst wenn es meine Schuld gewesen war. |103| Außerdem achtete er darauf, stets eine Extratüte fettfreier Kartoffelchips für mich beiseite zu schaffen, weil er wusste, dass ich die besonders gerne mochte. An Abenden, an denen nicht viel los war, standen wir oft, nachdem ich schon abgeschlossen hatte, an der Durchreiche – er auf seiner Seite, ich auf meiner – und schwatzten noch ein bisschen miteinander. Wenn ich mit Isabel zusammen in einer Schicht arbeitete, war er mein einziger Verbündeter. Aber von der Küche aus konnte er leider nicht viel für mich tun.
    »Das sind deine.« Isabel schob den Rest meiner Bestellungen achtlos auf mein Tablett. »Du musst das Zeug zu den Gästen bringen und nicht hier rumstehen lassen, wo es kalt wird und Platz wegnimmt.«
    »Ich war gerade dabei. Aber dann bist du gekommen und . . .«
    »Ist mir scheißegal, was war.« Sie schaute mich nicht einmal an. »Mach einfach deinen Job. Mehr verlange ich gar nicht.«
    »Mach ich doch.« Ich war frustriert und sauer, wie jedes Mal, wenn wir zusammen arbeiteten.
    »Hör mal gut zu, Schätzchen!« Sie schnappte sich den Hamburger, den Norman ihr hinhielt, und funkelte mich an: »Du musst dich dran gewöhnen, dass Morgan nicht immer da ist, um dich zu betütteln. Ich habe nämlich keine Zeit, dir zu erklären, warum das Leben wie Kaffee ist oder was auch immer. Also lauf mir nicht zwischen die Beine und kümmere dich um deinen eigenen Mist.« Sie hob ihr Tablett an, stieß mich mit der Hüfte aus dem Weg und düste los.
    Ich blieb wie angewurzelt stehen. Jedes Mal, wenn Isabel auf mich losging, fiel mir erst drei Stunden später eine |104| schlagfertige Antwort ein, was mir natürlich wenig nützte. Ich hatte beim Kellnern vielleicht gelernt Fremden gegenüber mutiger aufzutreten, aber Isabel war ein viel härterer Brocken.
    »Mach dir nichts draus, Colie, so ist sie eben«, sagte Norman dann jedes Mal. Norman schien alles wahrzunehmen, was um ihn herum vorging, egal wie beschäftigt er gerade war. Manchmal merkte ich, dass inmitten aller Hektik seine Augen auf mir ruhten, dass er schaute, wo ich gerade war und was ich gerade machte. Irgendwie beruhigend. »Sie meint es nicht . . .«
    »Ich weiß.« Ich holte tief Luft, kleisterte ein falsches Lächeln auf mein Gesicht, lief mit dem Tablett zu meinen Tischen, servierte Essen, wuselte rum. Ich ging Isabel aus dem Weg und dachte vor lauter Krach und Hektik sowieso an nichts anderes mehr als an meine Arbeit, bis es endlich, gegen halb drei, etwas ruhiger wurde. Nachdem die letzten Gäste gegangen waren, band ich meine Schürze los und ging durch die Hintertür ins Freie.
    Dort setzte ich mich auf die Stufen, ließ die Beine baumeln und genoss die Aussicht auf die Abfallcontainer. Die Sonne schien. Es war so hell, dass man die Augen zusammenkneifen musste, wenn man keine Sonnenbrille trug. Und wenn der Wind aus der richtigen Richtung blies, konnte man den Müll

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