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Crazy Moon

Crazy Moon

Titel: Crazy Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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einzigen Straßenlaterne blieben wir stehen.
    »Hier.« Er legte die Sonnenbrille in meine ausgestreckte Hand. Ich spürte ihr Gewicht auf meiner Handfläche. »Als ich die sah, musste ich sofort an dich denken.«
    Er musste an mich denken.
Ich betrachtete die Brille. Eine schmale schwarze stromlinienförmige Katzenbrille. Extrem cool.
    »Wow, danke!« Aber gleichzeitig ließ ich meine Zunge über mein Piercing gleiten, um mich selbst daran zu erinnern, dass alles beim Alten war. Ich war das ›Loch für alle Fälle‹. Und wenn ich noch so lange mit Norman unter dem weißen, weißen Licht stand, während mir eine |139| kühle Brise in den Nacken blies, daran würde sich nichts ändern.
    »Naja«, sagte Norman rasch, wohl weil er von meiner mangelnden Begeisterung ablenken wollte. »Ich hab das Teil zufällig in einem Secondhandladen entdeckt.«
    »Aha.« Ich stopfte die Brille in die Brusttasche meines Hemdes. »Danke noch mal.«
    Er nickte, war aber bereits auf dem Rückzug.
    »Tschüs, Norman«, rief ich ihm vom Rand des Parkplatzes aus zu. Er stand mit den Schlüsseln in der Hand neben seinem Auto und winkte und antwortete nicht.
    Ich stopfte die Hände in die Hosentaschen und marschierte los, ziemlich schnell, bis ich hörte, wie er davonfuhr. Dann holte ich die Sonnenbrille aus der Tasche. Sie saß perfekt und ich setzte sie nicht mehr ab, bis ich Miras Haus erreichte.
     
    Isabel wartete schon auf mich: »He, du!«
    Erschrocken fuhr ich zusammen. Sie saß mit ihrem üblichen Bier im Schneidersitz auf dem Rasen.
    »Hi.« Ich sprach leise, obwohl ich sah, dass in Miras Schlafzimmer noch Licht brannte. Trotzdem – vielleicht schlief sie schon. »Was machst du?«
    Sie stützte sich auf ihre Handflächen und lehnte sich zurück. »Zeit totschlagen. Schließlich wurde ich zwangsgeräumt.« Dabei wies sie mit dem Kopf auf das kleine weiße Haus. Ihre Laune hatte sich sichtlich gebessert. Außerdem war es ein schöner Abend, genau richtig, um im Gras zu hocken.
    »Ach so, stimmt.« Ich stieg über die niedrige Hecke, die die Zufahrt zum Haus säumte, und setzte mich zu ihr. |140| Sie hatte den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen.
    Aus dem kleinen Haus drang leise Musik zu uns herüber. Céline Dion.
    »Ich hasse dieses Lied.« Isabel nahm einen großen Schluck aus ihrer Flasche.
    Ich schwieg.
    »Wie spät ist es?« Sie öffnete die Augen und setzte sich wieder gerade hin.
    Ich blickte auf meine Armbanduhr. »Viertel nach zehn.«
    Sie nickte. »Vier Stunden und fünfzehn Minuten Verspätung«, sagte sie, sehr laut und deutlich. »Und der Countdown läuft weiter.«
    Die Musik verstummte für einen Augenblick, dann fing dasselbe Lied von vorn an. Durch die Fenster des kleinen weißen Hauses konnte ich sehen, dass Morgan geschäftig hin und her lief. Auf dem Rollwägelchen, das vor dem Sofa stand und als Beistelltisch diente, prangte ein Blumenstrauß. Die CDs waren ordentlich aufeinander gestapelt, und zwar alle an einem Ort. Doch Morgan kam nicht zur Ruhe. Sie räumte immer noch auf, trug ständig Sachen von einer Ecke in die andere. Jedes Mal, wenn sie an der Haustür vorbeilief, drückte sie die Nase am Fliegengitter platt und spähte in die Dunkelheit hinaus.
    »Er kommt nicht«, rief Isabel.
    Morgan öffnete die Tür. »Das habe ich gehört.« Sie schloss die Tür wieder.
    »Gut«, meinte Isabel ruhig. Morgan stellte die Blumenvase auf die andere Seite des Rollwägelchens. Über der Bucht hinter dem Haus leuchtete etwas auf wie ein |141| Blitz, gefolgt von einem dumpfen, platzenden Geräusch. Aus der Ferne war Lachen zu hören.
    »Der vierte Juli ist nicht heute, ihr Idioten, sondern morgen«, lautete Isabels Kommentar.
    Ich blickte zu Miras Haus hoch. Kater Norman hockte auf dem Fensterbrett ihres Schlafzimmers. Mira saß im Kimono auf dem Bett. Sie war barfuß, ihre Haare fielen über ihre Schultern. Sie starrte ins Leere.
    Ich fragte mich, ob sie uns auch sehen konnte.
    »Ich habe nichts dagegen, wenn es Morgan gut geht. Im Gegenteil, ich will, dass sie glücklich ist«, sagte Isabel. Weit weg explodierten weitere Feuerwerkskörper. »Aber der Typ macht sie unglücklich.«
    »Sie liebt ihn.«
    »Ja, dagegen ist leider nichts zu machen. Aber sie hat einfach keine Ahnung.« Isabel leerte die Flasche in einem Zug und stellte sie in den Karton zurück, der hinter ihr im Gras stand.
    Morgan setzte sich aufs Sofa und verrückte den Blumenstrauß noch einmal.
    »Er ist der Einzige, der ihr je gesagt

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