CREEKERS - Thriller (German Edition)
interessant.«
»Ja, ich weiß. Ich hab gestern Abend in einigen davon gelesen. Es ist grotesk, aber etwas zu wissenschaftlich für mich. Das meiste von diesem genetischen Kram war mir eine Nummer zu hoch.«
»Hier steht, dass es an manchen Orten der Welt Inzestkommunen gibt, die seit Hunderten von Jahren existieren. In ländlichen oder entlegenen Bergsiedlungen, seit Ewigkeiten vom Rest der Welt abgeschnitten. Das sorgt für einen völlig isolierten Genpool. Die Inzucht wird so intensiv, dass normale Geburten kaum noch stattfinden. Dieser Artikel berichtet von einer Siedlung irgendwo in Russland, in der es seit dem frühen 19. Jahrhundert keine normale Geburt mehr gab.«
»Und es ist exponentiell«, ergänzte Phil aus dem Gedächtnis. »Die Häufigkeit normaler Geburten verringert sich nicht nur mit dauerhafter Isolation des Genpools, sondern die genetischen Defekte sind auch deutlich ausgeprägter. In einigen der Bände gibt es auch Abbildungen, aber falls du empfindlich bist, solltest du sie dir besser nicht ansehen.«
Susan war offensichtlich nicht empfindlich. Sie schnappte sich den Band mit den farbigen Bildtafeln. »Schau dir das mal an. Rote Augen, wie bei den Creekern.«
»Anscheinend sind rote Augen und pechschwarzes Haar typische genetische Zeichen für dauerhaften Inzest«, erklärte Phil.
»Dauerhaft«, wiederholte Susan mit einem leisen Murmeln. Dann sah sie zu Phil hoch. »Ich frage mich, wie lange Natters Clan von Creekern sich bereits untereinander fortpflanzt.«
»Wer weiß?«, antwortete Phil. »Vielleicht schon seit Jahrhunderten.«
Eagle sah gehetzt aus, als Phil ihn an der Bar traf.
Und Phil wusste, warum.
»Hi, Eagle!« Phil bestellte sich beim Barkeeper ein Bier und warf einen Blick zur Bühne, auf der eine sportliche, langbeinige Blondine einen Spagat hinlegte. »Schon was Neues von Blackjack gehört?«
»Nein, Mann«, erwiderte Eagle schlecht gelaunt. »Und noch was. Ich kann auch Paul nich’ mehr erreichen.«
»Mach dir nicht ins Hemd. Er ist vielleicht nur irgendwo hingegangen.«
»Den ganzen verfickten Tag?! Wenn er genau weiß, dass unsere Leute dringend auf die Lieferung warten? Das is’ ’n ernstes Geschäft, Phil. Ich versuch seit Stunden, Paul ans Telefon zu kriegen, aber er geht nich’ ran. Also bin ich zu ihm gefahren …«
»Und?«
»Die ganze Bude war verwüstet. Sieht aus, als hätt da wer randaliert.«
Phil lächelte in sich hinein.
Eagle sprach weiter. »Sein Truck war da, aber er nich’. Was hältst du von dieser Scheiße?«
»Klingt nicht gut«, sagte Phil und nippte an seinem Budweiser. »Aber vielleicht ist es noch ein wenig zu früh, um sich Sorgen zu machen.«
»Scheiße, Alter«, widersprach Eagle. »Ich sag doch, seine Bude war kaputtgeschlagen. Überall lag Zeug rum, demolierte Möbel und so.«
Keine Sorge, das Zeug war eh Mist . »Ich weiß schon. Blackjack verschwindet und jetzt ist auch noch Paul weg.«
»Das gefällt mir einfach nich’ – Paul is’ ’n großer Kerl, stark wie ’n Ochse. Du brauchst vielleicht vier, fünf Mann, um ihn da rauszuzerren.«
Phil musste ein weiteres Lächeln unterdrücken. Falsch, nur einen . »Schau mal«, schlug er vor, »macht keinen Sinn, wenn wir zwei hier nur rumhängen und nichts tun. Warste schon bei Blackjack?«
»Nein, hab nur versucht, ihn anzurufen.«
»Alles klar, dann lass uns da mal vorbeifahren und gucken, ob seine Bude genauso aussieht wie die von Sullivan. Wer weiß? Vielleicht ist der Kerl sogar zu Hause. Ist vielleicht nicht so schlimm, wie wir denken.«
»Ja, kann nich’ schaden, schätze ich.«
Sie verließen das Sallee’s, sprangen in Eagles Pick-up und folgten in der heißen Nacht der Route Richtung Norden. »Also, wo wohnt Blackjack überhaupt?«, fragte Phil.
»Im Busch. Er hat ’ne Hütte draußen in den Hügeln.«
Phil kurbelte das Fenster herunter und ließ die Brise durch seine Haare streicheln. Doch sosehr er auch versuchte, sich aufs Geschäftliche zu konzentrieren, seine Gedanken schweiften immer wieder zu Susan ab.
Liebe ich sie? , fragte er sich.
Er brauchte gerade einmal eine halbe Sekunde, um zu entscheiden, dass er das tat.
Liebt sie mich ?
Okay, es konnte etwas länger dauern als eine halbe Sekunde, um das zu entscheiden.
Doch zumindest hab ich die ersten Teile für ein gemeinsames Puzzle gelegt.
Sie hatten sich noch einmal geliebt, bevor er ging, langsam, gemächlich, direkt auf dem Wohnzimmerfußboden. Jedes Mal mit ihr war besser als das vorherige,
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