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Creepers

Creepers

Titel: Creepers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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über die Dachkante. Er stellte sich über das Seil und zog es hinter sich nach oben und über die rechte Hüfte. Er legte es sich über die Brust, über die linke Schulter und den Rücken hinunter, wobei er darauf achtete, dass die Jacke als Polster diente und das Seil sich nicht in seinen Hals einschneiden würde. Er packte den vorderen Teil des Seils mit der linken Hand, während er mit der Rechten nach dem Abschnitt hinter und unter ihm griff. So würde sein eigener Körper als Bremse dienen.
    Irgendwann hatte er seine Handschuhe verloren. Jetzt riskierte er Verletzungen an den Händen. Er bemühte sich um Optimismus - die Handschuhe wären vom Regen glitschig gewesen; unter den gegebenen Umständen war nackte Haut vielleicht sicherer.
    Gut so. Positiv denken. Immer das Gute an der Sache sehen.
    In grün eingefärbter Dunkelheit.
    Es wird nur schlimmer, dachte er. Aber zugleich überraschten ihn seine eigenen Empfindungen. Plötzlich war das Golfkriegssyndrom, das er von seinem Einsatz bei der Operation Desert Storm mitgebracht hatte, eine so ferne Erinnerung, dass es kaum noch Wirklichkeit zu sein schien. Die posttraumatische Störung nach seiner Beinahe-Enthauptung belastete ihn nicht mehr. Nach der Hölle der vergangenen sechs Stunden, nach so vielen Toten, nachdem er die Leiche seiner geliebten Frau entdeckt hatte, spürte er, wie eine grimmige Wut ihn überkam. Sie war so überwältigend, so machtvoll, dass sie keinen Raum für Furcht ließ. Vinnie brauchte ihn. Die Frau, die seiner Frau glich, verließ sich auf ihn. Auf sie kam es an. Ronnie zu bestrafen, darauf kam es an. Er prüfte das Seil ein letztes Mal; dann trat er rückwärts über die Dachkante. Schwankend ließ er das Seil hinter sich durch die rechte Hand gleiten, während er mit der linken Hand den Abschnitt vor ihm festhielt. Das Seil bewegte sich um seinen Körper herum. Die Schuhe an der Mauer, ging er waagerecht rückwärts und abwärts; er näherte sich dem Krater auf der Dachterrasse unter ihm.
    Das Seil ruckte. War das Rohr oben eingeknickt? Die Reibung ließ seine kalten Finger brennen. Er ließ mehr Seil durch die rechte Hand laufen. Der nächste Ruck. Denk nicht darüber nach. Geh weiter. Denk an Vinnie und Amanda. Durch die Regenstreifen auf der Brille sah er die Kante der Dachterrasse unmittelbar unter sich. Eine Sekunde später hatte er sie erreicht, wobei er das Seil festhielt, um nicht abzustürzen, falls der Rest des Daches einbrechen sollte.
    Er stand unmittelbar neben einem geschlossenen, rostigen Fensterladen des sechsten Stockwerks. Es gab keinen Weg ins Innere. Um wieder in das Hotel und zu Ronnie zu kommen, musste er weiter nach unten. In den Krater, der in der Decke eines Zimmers im fünften Stock gähnte. Unter dem Gewicht seiner durchweichten Kleidung ging er bis zur Kante des Kraters und lehnte sich nach hinten, um mit dem Abstieg zu beginnen. Ohne eine Wand, gegen die er die Füße stemmen konnte, musste er die Zähne zusammenbeißen, als er sich abzuseilen begann; das Seil grub sich in seine Hüfte, Brust und Schulter. Jetzt fiel noch mehr Wasser auf ihn herab, nicht nur Regen, sondern auch das Wasser, das sich auf dem Dach gesammelt hatte. Es floss förmlich über ihn hinweg. Unter sich sah er ein Himmelbett, eine Kommode, einen viktorianischen Tisch - die Grundausstattung, die er auch in den meisten anderen Zimmern gesehen hatte. In der Mitte des Fußbodens war ein weiterer Krater; weiter unten hörte er Wasser rauschen. Er trat mit den Füßen nach vorn. Der Tritt setzte eine Pendelbewegung in Gang, die er mit weiteren Tritten verstärkte. Er näherte sich dem intakten Teil des Fußbodens vor ihm, trat noch einmal, und plötzlich stockte ihm der Atem, als er fiel. Das Rohr bricht, dachte er. Er kam mit einem Ruck zum Stillstand.
    Das Seil schnürte ihm die Brust ein. Immer noch außer Atem, stieß er die Luft durch den Mund aus und sog sie durch die Nase ein, um einen beruhigenden Rhythmus zu finden. Als er nach oben sah, entdeckte er den Grund für den plötzlichen Absturz - das Seil hatte sich in die Kante des Kraters gegraben und einen Teil des Dachs fortgerissen. Knapp zwei Meter Decke waren weggebrochen, und um ebenso viel war er abgestürzt. Jetzt hing er unter dem Loch - er baumelte in einem Zimmer des vierten Stockwerks. Er versuchte, sich hochzuziehen, die Beine über die Kante zu heben.
    Aber plötzlich begann die Kante dieses Lochs zu bröckeln. Als der Boden nachgab, sank er tiefer, weiter in das Zimmer

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