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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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über sich. Für jemanden, der auf engem Raum Angstzustände bekam, war es noch immer schlimm, aber es war eine Verbesserung. Sie hielten auf einem menschenleeren Parkplatz, und er ließ zu, dass sie ihm die Wunden mit frischem Wasser von einem Trinkbrunnen auswusch, bevor sie sie verband.
    »Wie schlimm ist es?«
    »Das auf der Wange ist bloß ein Kratzer, aber der Schnitt am Kinn ist schlimm. Das gibt eine Narbe. Und bei der Wunde am Hals hast du Glück gehabt. Die ist keine zwei Zentimeter neben einer Hauptarterie und ziemlich tief.«
    Ihm fiel auf, dass sie nicht gefragt hatte, was passiert war, und er genoss die Macht, die er über sie hatte.
    »Ein dummer Unfall. Nächstes Mal bin ich vorsichtiger«, erklärte er.
    Sie nickte, ohne aufzublicken, aber die Tatsache, dass er freiwillig eine Information geliefert hatte, machte ihr Mut.
    »Wo fahren wir hin?«
    »Nord-Devon.«
    »Für wie lange?«
    »So lange, wie’s dauert. Was hast du auf der Arbeit gesagt?«
    »Dass ich immer noch krank bin. Ich war schon ein paar Tage nicht zum Dienst.«
    »Dann rechnen die also in der nächsten Zeit nicht mit dir.«
    Ihre Krankheit war unwichtig.
    Später am Nachmittag hielt er sich versteckt, während sie loszog, um ihnen ein Zimmer zu besorgen. Sie blieb lange weg, und er regte sich auf. Als sie zurückkam, schlug er sie so fest, dass ihr Ohr rot anlief.
    »Es ist Sommer. Es war alles belegt, aber ich hab eine Pension am Stadtrand von Bideford gefunden, wo kurzfristig jemand abgesagt hatte. Ich hab der Besitzerin erklärt, dass du kürzlich einen Autounfall gehabt hast. Das Zimmer ist im Erdgeschoss, nach hinten raus. Es ist klein, aber das tut’s doch, oder?«
    »Muss es wohl.«
    »Ich hab dir den hier gekauft.« Sie reichte ihm einen Gehstock mit geschnitztem Horngriff.
    »Brauch ich nicht.«
    »Aber das ist besser für die …«
    »Die was?« Ihre ängstliche Unsicherheit amüsierte ihn.
    »Das macht die Geschichte mit dem Unfall überzeugender. Und wenn ich dir am Kinn ein größeres Pflaster verpasse und du den anderen Arm in der Schlinge trägst …«
    »Mach dich nicht lächerlich.« Aber er ließ sich das Pflaster aufkleben und willigte ein, den Stock zu benutzen.
    Normalerweise hörte er keine Nachrichten, weil er nie damit gerechnet hatte, dass die Polizei ihm auf den Fersen sein könnte, aber seit er sie an seinem Cottage gesehen hatte, war ihm klar geworden, dass sie ihm möglicherweise durch Griffiths’ Verrat auf der Spur waren. Jetzt war es wichtig zu wissen, was sie wussten. Er schaltete das Autoradio ein. Als die Nachrichten kamen und er die erste Meldung war, beobachtete er Wendy aus den Augenwinkeln. Ihr Gesicht blieb reglos, und ihre Miene sah aus wie in Stein gemeißelt. Sie zeigte keinerlei Reaktion, und das verriet ihm, dass sie Bescheid wusste. Wenn sie irgendwelche Zweifel gehabt hätte, hätte sie angehalten und ihn mit Fragen bombardiert.
    »Die liegen falsch. Das war ich nicht.« Er sagte das, damit sie ihm zustimmen konnte.
    »Natürlich. Das weiß ich doch.« Ihre Stimme klang dumpf und ausdruckslos.
    In diesem Moment war er wirklich von ihr fasziniert. Er starrte auf ihr aschblondes Haar, das zu dem unvermeidlichen Pferdeschwanz zusammengebunden war, auf die Sommersprossen und die blassblauen Augen. Trotz ihres mageren Körpers und des unscheinbaren Gesichts war sie nicht hässlich. Sie hätte einen Mann finden können. Diese unverbrüchliche Treue zu ihm deutete eher auf Dummheit hin als auf Mut, aber ihm konnte es ja egal sein. Nur noch ein paar Tage, höchstens, dann wäre sie ihm nicht länger nützlich. Bei dem Gedanken musste er lächeln.
    »Was ist?«
    »Was soll sein?«
    »Was hast du gerade gedacht?«
    Jetzt, da Telford nur noch eine ferne Erinnerung war, saß er neben ihr auf dem Beifahrersitz. Der Blick durch die Windschutzscheibe hielt seine Klaustrophobie im Zaum, und das Fenster auf seiner Seite war ganz geöffnet, sodass er sich weniger eingesperrt fühlte.
    »Was willst du wissen?« In seiner Stimme schwang eine leise Warnung mit.
    Sie runzelte die Stirn und überlegte offensichtlich, wie sie weiterreden konnte, ohne ihn zu verärgern.
    »Du hast so seltsam geguckt, mehr nicht.«
    Er lachte, beugte sich vor und küsste sie mit einer Lust, die sie beide überraschte. Es war viele Jahre her, dass ihr Körper ihn irgendwie angezogen hatte, aber der Gedanke, sie zu töten, hatte etwas Erotisierendes. Er schob eine Hand zwischen ihre Beine und zwängte seine Finger weiter nach

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