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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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Er packte die Messer wieder ein und stand energisch auf. Der Schmerz in seinem Gesicht war vergessen. Sie musste sterben, damit die Ordnung in seiner Welt wiederhergestellt wurde. Er war unbesiegbar und unangefochten gewesen, bis sie seinen Schüler geschnappt hatte. Sie musste eliminiert werden, damit er wieder seinen ihm angestammten Platz einnehmen konnte.
    Während er den Berg hinaufstieg, wanderten seine Gedanken mehr und mehr zu dem eigentlichen Tötungsakt. Zuerst war er fast überwältigt von der Vielfalt der Möglichkeiten, doch dann begann er, wie er das immer tat, seine Methode auf die Persönlichkeit abzustimmen, mit der er es vermutlich zu tun hatte. Im Idealfall fand er die Schwächen der jeweiligen Frau heraus und spielte dann mit ihnen. Oft war es ihre Eitelkeit, und zunächst drohende, später reale Entstellungen konnten fast mehr Entsetzen auslösen als simple Folter. Hin und wieder jedoch waren die Ängste anders gelagert, wie bei dem Mädchen vom Campingplatz.
    Bei der Polizistenschlampe war das ein Problem. Er hatte sie vor Gericht beobachtet und automatisch nach einer Schwäche gesucht. Sie war nicht eitel, daher wäre es wenig wirksam, ihr das Gesicht zu zerschneiden, und sie war stark, physisch und psychisch, schwer einzuschüchtern. Auf ihre gespielte Ohnmacht war er nicht hereingefallen. Die einzige mögliche Schwäche, die er bei ihr feststellen konnte, war ihre Unabhängigkeit. Seine Intuition, die immer dann, wenn er sich auf ein Opfer konzentrierte, so feinsinnig war wie sonst nie, sagte ihm, dass ihr nichts wichtiger war, als auf eigenen Füßen zu stehen.
    Allmählich kamen ihm die ersten Ideen, und sie wurden gespeist von dem Wissen, dass er reichlich Zeit haben würde. Das Schicksal hatte sie in ein einsam gelegenes Haus geführt, weit weg von jeder Hoffnung auf Rettung, und er würde in der Lage sein, all seinen Vorlieben und Gelüsten zu frönen. Zwischendurch würde er auch mal eine Pause einlegen, vielleicht frühstücken oder ein bisschen schlafen. Und dann frisch gestärkt weitermachen. Er würde ihren Körper besitzen, er würde sie zum Krüppel machen, und zu guter Letzt würde er ihr die Augen ausstechen, dieser kleinen Miss Unabhängig. Und wenn er sie dann zum letzten Mal nahm, würde er es so langsam wie nur irgend möglich tun.
    Er erreichte die Kuppe des Berges und blickte jetzt hinunter in das Tal, das seit einem halben Jahrtausend die schützende Heimat von Mill Farm war. Ihm zitterten die Hände. Am schwierigsten würde werden, sich lange genug zu beherrschen, um alles so durchzuführen, wie er es geplant hatte. Er zwang sich, stehen zu bleiben, und hielt beide Hände ausgestreckt vor sich, bis sie wieder ruhig wurden. Als er sicher war, seine Gedanken wieder unter Kontrolle zu haben, ging er weiter.
    »Es muss doch eine Möglichkeit geben.«
    Im Licht der Autoscheinwerfer sah Fenwick abgespannt aus, während er über Funk mit MacIntyre sprach.
    »Andrew, im Augenblick kann ich keine Männer mehr entbehren.
    Wir müssen den ganzen Ort durchkämmen. Sein Auto ist noch da, und aller Wahrscheinlichkeit nach finden wir ihn hier. Dass Sie Nightingale warnen, ist doch nur eine Vorsichtsmaßnahme.«
    »Er ist gut zu Fuß, schon vergessen?«
    »Er wäre doch verrückt, die ganze Strecke zu Fuß zu gehen. Wie soll er dann fliehen?« MacIntyres Stimme knisterte aus dem Funkgerät.
    »Wovor denn fliehen? Er weiß doch gar nicht, dass wir hier sind. Wahrscheinlich denkt er, dass wir ihn immer noch in der Gegend von Telford suchen.«
    »Das sehe ich anders. Wendys Leiche musste uns hierher führen.«
    »Er glaubt nicht, dass wir so schlau sind und den Zusammenhang sehen.«
    »Tut mir leid, Andrew. Sobald ich mehr Leute habe, schicke ich Ihnen welche.«
    »Falls wir uns nicht verfahren, müssten wir bald da sein. Dann brauche ich Unterstützung.«
    »Beruhigen Sie sich. Innerhalb einer Stunde kriegen Sie mehr Leute, und mit ein bisschen Glück haben wir ihn dann auch schon geschnappt.«
    Fenwick schüttelte den Kopf. Es hatte keinen Sinn zu diskutieren. Er war nicht der Leiter der Ermittlungen und konnte wieder einmal nicht bestimmen, wie die Operation durchgeführt wurde. Es ärgerte ihn, aber es brachte erst recht nichts, wenn er MacIntyre vergraulte.
    »Ich melde mich wieder«, sagte er, kaute frustriert auf dem Daumen und drängte den Fahrer zur Weiterfahrt.
     
    Der Mond war zu hell, das war das Problem. Nightingale lag im Bett und verfluchte ihre Entscheidung, keine

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