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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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Vorhänge anzubringen. Schon zweimal hatte sie sich gezwungen, wieder einzuschlafen, aber diesmal versagten alle ihre bewährten Techniken und sie beschloss, sich einen Kamillentee zu kochen.
    Sie schwang die langen, nackten Beine aus dem Bett und ertastete ihre Laufschuhe mit den Füßen. Das alte T-Shirt, das sie vor der Kühle im Haus schützte, bedeckte kaum ihren Po, aber sie war dankbar, dass sie etwas anhatte, als sie über die Hintertreppe hinunter in die Küche ging. Während sie darauf wartete, dass das Wasser im Kessel heiß wurde, setzte sie sich an den Tisch und wäre fast eingenickt. In dem sicheren Gefühl, sofort einschlafen zu können, sobald sie wieder im Bett lag, tunkte sie den Teebeutel in die Tasse mit Wasser und ließ ihn weiter ziehen, während sie mitsamt dem Tee gähnend wieder die Treppe hinauftapste.
    Schläfrig und unkonzentriert vergaß sie die morsche Eckstufe, die ein warnendes Knarren von sich gab, als sie darauf trat und im letzten Moment einen kleinen Satz machte. Die hintere Treppe hatte wenigstens nur eine riskante Stufe. Die Treppe, die vom Flur hochführte, war an mehreren Stellen vermodert und so unzuverlässig, dass sie sie inzwischen gar nicht mehr benutzte.
    Während sie im Bett ihren Tee trank, konnte sie nur mit Mühe die Augen offen halten. Als sie die Tasse geleert hatte, legte sie sich hin und ließ die Kamillenblüten ihr Werk verrichten.
     
    Der Wald war unnatürlich still. Auf der Lichtung vor der Farm wirkte die Erde im Mondschein aschgrau. Es wehte kein Lüftchen, und die Schatten der Bäume sammelten sich am Waldrand, sodass es dort tiefdunkel war, still und erwartungsvoll. Ein Teil des Schattens bewegte sich, trat hervor und wurde zu einem Menschen. Er starrte das große, weitläufige Haus an, die leeren Fensterhöhlen nur dunkle Löcher im Stein. Es sah verlassen aus, ließ keinerlei Leben erkennen.
    Smith spürte eine heiße Wut unter seinen Rippen aufbrodeln. Er war so weit gekommen, war sich seines Erfolges so sicher gewesen, dass der Anblick der verlassenen Farm einer Beleidigung gleichkam. Dann witterte er Rauch, eine Brise davon in der Luft, und sah ihn in einer dünnen Fahne aus dem Schornstein aufsteigen. Leben. Er schlich zur Tür, die sich auf Anhieb öffnete.
    Die Luft war warm und duftete nach Seife und Kräutern. Seine Hoffnung stieg schlagartig wieder. Jetzt waren Geduld und Vorsicht geboten, und er wartete ab, bis seine Augen sich an die tiefere Dunkelheit im Haus gewöhnt hatten. Aus einer offenen Tür vor ihm drang Wärme. Er ging hinein. Eine Küche, der Herd noch warm. Er berührte prüfend den Kessel und riss sofort die Finger zurück, so heiß war er.
    Hier wohnte jemand und hatte vor kurzem in dem Kessel Wasser heiß gemacht. Das musste sie sein. Er ging zurück in die Diele und sah in den Zimmern nach, die davon abgingen. Als er nichts entdeckte, blieb er stehen, um sich zu orientieren und um zu entscheiden, wie er weiter vorgehen sollte.
    Vermutlich schlief sie oben. Es war Zeit, alles vorzubereiten. Er schloss die Tür ab und nahm den Schlüssel mit in die Küche, wo er seinen Rucksack auf den Tisch stellte. Geräuschlos nahm er die Messer heraus, dann Seil und Klebeband. Beides wanderte in eine der Taschen seiner Cargo-Hose. Als er die Messer auspackte, streichelte er jedes einzelne, bevor er es verstaute. Das Fahrtenmesser schob er in eine Halterung am Gürtel, griffbereit. Das Stanley-Messer wanderte in die rechte Hosentasche, das winzige Skalpell ließ er in dem Schutzfutteral und steckte es sich seitlich in die Wanderstiefel. Zum Schluss schob er sein Taschenmesser in die linke Hosentasche. Jetzt, mit dem vertrauten Druck auf seiner Haut, hatte er das Gefühl, wieder ordentlich angezogen zu sein.
    Obwohl seine Augen sich inzwischen ganz an die Dunkelheit gewöhnt hatten, nahm er trotzdem eine Taschenlampe mit, dann drehte er sich um und betrachtete die Treppe. Als er vor der untersten Stufe stehen blieb, erklang hinter ihm ein mechanisches Surren, und er wirbelte herum, Fahrtenmesser schon in der Hand. Ein lauter metallischer Gong ertönte. Eins … zwei … Es war eine Standuhr, versteckt in einer dunklen Ecke. Der Klang vibrierte durch den Flur und hallte die Treppe hinauf. Als es vorbei war, hielt er die Luft an, lauschte, ob von oben irgendein Geräusch zu hören war. Er zählte bis hundert, aber das Haus war wieder völlig still geworden.
    Behutsam hob er sein Gewicht auf die erste Stufe und wartete auf das Knarren. Nichts

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