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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: corley
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und erschrak über das unkontrollierte Zittern ihrer Hände.
    »Louise, alles in Ordnung? Sie zittern ja am ganzen Körper.«
    Sie brachte ein Nicken zustande, von dem sie hoffte, dass es überzeugend wirkte, doch Amelias Miene verriet ihr, dass dem nicht so war. Auch ein kräftiger Schluck Grog half nichts.
    »Mir geht’s gut.« Nur dass ihre Stimme jetzt das Gegenteil bekundete.
    »Sie wussten es gar nicht.« Amelia war entsetzt. »Sie haben mich reingelegt!«
    Der anklagende Ton brachte Nightingale wieder ein bisschen zur Besinnung.
    »Das stimmt nicht. Ich hatte rausgefunden, dass die Affäre meines Vaters auch mit seiner Hochzeit noch nicht zu Ende war und dass ich … dass er … aber nicht, dass ich … dass …«
    Ihre Stimme erstarb, und sie schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Ich verstehe das nicht. Ich habe doch meine Geburtsurkunde. Das ist unmöglich.«
    Die Empörung der älteren Frau verlor sich, als sie sah, wie unglücklich Nightingale war. Sie streckte eine von der Arbeit gerötete Hand aus und tätschelte die von Nightingale, die noch immer das Grogglas umklammerte.
    »Haben Sie denn nie etwas geahnt? Hatten Sie nie irgendwelche Zweifel?«
    Nightingale erinnerte sich an ihr Gefühl, nicht dazuzuge-hören, an die ständigen Auseinandersetzungen mit ihren Eltern, an die eisige Korrektheit ihrer Mutter, ihre verweigerte Liebe. Sie nickte.
    »Als ich in die Pubertät kam – aber ich dachte, sie behan-440

    delten mich deshalb so, weil ich sie enttäuscht hatte.« Sie ließ den Kopf auf das raue Holz der Tischplatte sinken. »Oh Gott!
    Einmal hab ich sogar meiner Mutter vorgeworfen, sie würde nur so tun, als sei ich ihre Tochter.« Bei der Erinnerung daran durchlief es sie kalt, und sie fröstelte. »Da hat sie mir die Geburtsurkunde unter die Nase gehalten.«

Vor ihrem geistigen Auge sah sie erneut die Wut ihrer Mutter und das dünne Stück Papier, das sie wie eine Sieges-fahne schwenkte. Sie hatte es ihrer Mutter entrissen – aber sie würde aufhören müssen, sie so zu nennen – sie hatte es Mary entrissen, und jedes Wort gelesen. Louise, ihr zweiter Name, der ihr lieber war, wurde nirgends erwähnt. Der wahre Grund für das vermeintliche Versäumnis lag jetzt auf der Hand. Sie war nicht Diane Nightingale.
    »Was ist aus dem anderen Baby geworden, aus Diane?«
    »Sie ist nur einen Tag alt geworden. Ihre Mutter, Verzeihung, Mary, hat die Zwillinge auf Mill Farm bekommen. Sie kamen etwas zu früh, waren aber bei guter Gesundheit und kräftig, deshalb meinte die Hebamme, sie könnten ruhig zu Hause bleiben. Der Arzt hat Ihre Mutter versorgt, und das war’s dann. Diane war die kleinere von den beiden, aber auch sie kam kerngesund zur Welt. Keines der Babys gab Anlass zur Sorge.«
    »Und als sie starb, haben sie beschlossen, mich zu adoptie-ren.«
    Amelia rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl hin und her, ließ aber ihre freie Hand auf Nightingales Handgelenk, während sie wieder einen Schluck trank.
    »Es war nicht ganz so. Sie kamen eine Nacht nach den Zwillingen zur Welt, genau zum errechneten Termin. Lulu war zurück ins Dorf gekommen und wohnte bei Ihrer Tante, aber sie hatte sich bei keinem Arzt sehen lassen. Sie war ein 441

    wildes Ding, zurück zur Natur und so. Sie wollte eine natürliche Geburt und hat Ihre Tante überredet, ihr bei der Geburt zu helfen. Ihre Tante war ziemlich nervös, aber sie war dermaßen vernarrt in Lulu, dass sie sich drauf einließ.«
    In Amelias Stimme schwang plötzlich so viel Verachtung mit, dass Nightingale extra einen Schluck aus ihrem Glas nahm, nur um ihre Hände wegziehen zu können.
    »Im August tauchten dann Ihr Vater und Ihre Mu… Mary unangemeldet auf Mill Farm auf, und Lulu musste weg. Ich nahm sie bei mir zu Hause auf. George war auf einer Reise im Nahen Osten, sonst hätte ich Nein gesagt, aber Ruth war nun mal eine gute Bekannte und …«
    »Mein Vater hat Sie darum gebeten?«
    »Woher wissen Sie das?« Nightingale ersparte sich die Antwort, so klar lag es für sie auf der Hand, dass Amelia für ihren Vater alles getan hätte. »Ich wollte nicht, dass Mary sich ihretwegen aufregt.«
    »Sie meinen, dass mein Vater sich ihretwegen aufregt, nicht wahr? Sie liebten ihn noch immer. Er wusste das, und deshalb wandte er sich an Sie, wenn es irgendwelche Probleme gab.«
    Amelias Gesichtsausdruck verriet, dass sie diesen Kommentar als Kompliment auffasste.
    »Bitte erzählen Sie weiter, tun Sie’s für meinen Vater. Sie waren ihm so eine gute Freundin,

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