Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: corley
Vom Netzwerk:
aber dann weinten Sie zum ersten Mal, und er wäre beinahe zusammengebrochen.
    Ich habe ihm erklärt, was passiert war, was ich getan hatte.
    Zuerst fand er die Idee unmöglich. Er sagte, seine Frau würde den Unterschied ganz bestimmt merken, aber Sie haben im-447

    mer weiter geweint, und da hat er Sie zum ersten Mal richtig angesehen. Und in dem Augenblick wusste ich, dass er Sie nie wieder hergeben würde. Die Liebe auf seinem Gesicht …
    ich habe sofort gesehen, dass ich das Richtige getan hatte.«
    Nightingale schluckte den Stein in ihrer Kehle hinunter und kämpfte die Tränen nieder. Sie würde nicht vor diesem Scheusal zusammenbrechen, das mit dem Leben so vieler Menschen Gott gespielt und sich dabei noch als gute Freundin ausgegeben hatte.
    »Er hat Sie gefüttert, gebadet und angezogen, und ich hab ihm dabei zugeschaut. Nie habe ich mich ihm näher gefühlt, und ich wusste, dass es ihm genauso ging. Zwischen uns entstand ein Band für die Ewigkeit.«
    Nightingale schnaubte, und Amelia reagierte trotzig.
    »Er hat nie vergessen, was ich für ihn getan habe, welches Risiko ich für ihn eingegangen bin!«
    »Und meine richtige Mutter, was war mit ihr? Hat sie je die Wahrheit erfahren?«
    »Nein, selbstverständlich nicht. Wer hätte es ihr sagen sollen? Es gab ja nur ganz wenige Menschen, die überhaupt wussten, dass sie schwanger gewesen war – Ihr Vater, Ihre Tante, ich, ein paar Freunde – deshalb stellte auch keiner neugierige Fragen.«
    »Was ist aus ihr geworden?«
    »Als ich nach Hause zurückkam, war sie wach und weinte wieder. Sie wollte Ihrem Vater von seinem toten Kind erzählen, aber ich konnte sie überzeugen, dass es besser wäre, wenn ich ihn anrief. An dem Tag musste ich sie ständig im Auge behalten. Sie wäre durchaus fähig gewesen, sich allein auf den Weg zur Farm zu machen, selbst in ihrem Zustand, und es hätte einen Skandal geben können, wenn sie von jemandem aus dem Dorf gesehen worden wäre.

    448

    Schließlich kam Ihr Vater am Nachmittag, um sie zu besuchen. Er sah natürlich furchtbar aus. Als er Lulu und das Baby sah, brach er vollends zusammen. Einen Moment lang dachte ich schon, er würde ihr die Wahrheit sagen, doch dann sah er, wie ich den Kopf schüttelte, und er hielt den Mund. Ich hab die beiden allein gelassen. Als er nach fast einer Stunde wieder herauskam, hat er mich auf die Wange geküsst und ist ohne ein Wort gegangen.
    Irgendwie konnte er Lulu dazu bringen, das Baby nicht hier auf dem Friedhof bestatten zu lassen. Sie war in irgend so einer buddhistischen Hippiesekte, deshalb war das wahrscheinlich nicht allzu schwierig. Die Geburt wurde nie gemeldet, ebenso wenig wie Dianes Tod, deshalb konnte er die ganze Geschichte geheim halten.
    Er und Lulu sind dann später gemeinsam losgezogen und haben das tote Baby irgendwo beerdigt. Ich habe keine Ahnung wo, und ich wollte es auch nicht wissen. Lulu ist nach London zurückgekehrt und hat sich an einen persönlichen Freund gewandt, der Arzt war. Mary und Ihr Vater sind mit den Babys nach Hause gefahren, und das war’s dann.«
    »Das war’s dann.« Beim zornigen Klang von Nightingales Stimme riss Amelia die Augen weit auf. »Ein kniffliges Prob-lemchen gelöst, und noch dazu so, dass mein Vater durch das Geheimnis für alle Zeit an Sie gebunden war. Und Sie hatten sich geschickt an den beiden Frauen gerächt, die Ihnen meinen Vater weggenommen hatten, an seiner Frau und seiner Geliebten!«
    »So war das absolut nicht.« Amelia stand jäh auf und stieß dabei den Stuhl um, der laut auf die Fliesen klapperte. »Ich habe im Interesse aller Beteiligten gehandelt. Wirklich, Louise, versuchen Sie doch, das zu verstehen. Es war auch in Ihrem Interesse. Ich gebe ja zu, dass ich Lulu nicht mochte, 449

    aber ich bin nicht ungerecht. Sie hätte eine schlechte Mutter abgegeben.«
    »Sie hatte nie die Chance, es zu versuchen, die haben Sie ihr genommen! Sehen Sie denn nicht, dass das, was Sie getan haben, krank und zerstörerisch war? Sie hätten fast mein Leben zerstört. Weiß der Himmel, was Sie dem Leben meiner Mutter angetan haben. Und Sie wagen es auch noch, die ganze Sache so hinzustellen, als hätten Sie nur die besten Absich-ten gehabt. Was war denn mit dem Recht meiner Mutter auf ihr Kind, und mit meinem Recht auf eine richtige Mutter, die mich geliebt hätte?«
    »Die Sie geliebt hätte! Was meinen Sie denn, was für ein Leben Sie mit der Frau gehabt hätten? Sie hat ihre Trauer so schnell überwunden, dass sie sich

Weitere Kostenlose Bücher