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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: corley
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Vater sehr gut klarkam, vielen Dank.
    »Normalerweise durchschaue ich Leute«, sie rieb sich ein 165

    wenig ratlos die Stirn, »das ist schließlich mein Beruf. Und ich hab wirklich gedacht, dass ich langsam schlau aus dir werde, aber das war ein Irrtum. Du kannst anderen gut was vormachen.«
    Fenwicks Entschluss, die Ruhe zu bewahren, verpuffte.
    »Das ist unfair. Ich hasse Tricks und Lügen.«
    »Ich sage ja nicht, dass es Absicht ist, aber du bist ein Meister deines Faches. Ich weiß nicht, wer dir das beigebracht hat, aber du bist ein begnadeter Schüler. Du verkörperst diesen harten, aber innerlich gebrochenen Mann, der stark ist und den Schmerz seinen Kindern zuliebe mit stoischer Entschlossenheit erträgt. Du lässt ein warmes Herz erahnen, das nur darauf wartet, die Liebe der richtigen Frau zu erwidern, aber wenn die Frau dann dein Herz erreichen will, was findet sie?«
    Fenwick konnte nicht sprechen. Ihr spöttischer Unterton hatte in ihm eine Wut ausgelöst, die er kaum zügeln konnte.
    Claire fasste sein Schweigen als Aufforderung auf fortzufah-ren.
    »Nichts. Hinter der äußeren Wand ist eine innere, glatt und undurchdringlich.«
    »Ich dachte, wir könnten Freunde sein«, sagten seine Lippen kontrolliert, »gute Freunde, die gern zusammen sind.
    Mehr wollte ich nicht.«
    »Weil du nicht mehr zu geben hast. Du bist wie ein her-vorragend funktionierender Roboter, der sich selbst bemitleidet.«
    Er hörte Tränen in ihrer Stimme und streckte instinktiv die Hand aus. Sie zuckte zurück, als hätte sie sich verbrannt.
    »Bitte nicht. Du bist den Kummer nicht wert. Wenn du mir nur ein einziges Mal dein wahres Ich gezeigt hättest und nicht immer nur den charmanten Fremden, wär mir das wahrscheinlich nicht passiert.«

    166

    Mit einem verbitterten Kopfschütteln stöckelte sie zu ihrem Wagen und fuhr davon, ohne ihm die Chance zu einer Erwiderung zu geben.
    Fenwick sah ihr nach, mit ausdrucksloser Miene. Er fühlte sich, als hätte ihm jemand sämtliche lebenswichtigen Organe ausgerissen. Sie hatte ihn als herzloses Nichts charakterisiert, als einen hohlen, verlogenen Menschen, der sich mit bedeu-tungslosem Charme umhüllte. Nur weil sie keinen Weg zu seinem Herzen gefunden hatte, unterstellte sie ihm, dass er keins hatte. Er wusste, dass das nicht stimmte. Monique hatte einen Weg durch seinen Panzer gefunden. Jahrelang war er wehrlos gewesen, hatte sich in den Fesseln ihrer Liebe ge-wunden. Jeden Tag durchbrachen Bess und Chris seine Schutzschichten, lösten extreme Gefühle in ihm aus – Freude, Angst, Wut, Liebe, Fürsorglichkeit, manchmal alles auf einmal.
    Aber er musste zugeben, dass Claire hellsichtig war. Sie hatte seinen Panzer entdeckt. Moniques zerstörerischer Wahnsinn und ihr langer, langsamer Tod hatten ihnen allen Schmerzen zugefügt. Die Vorstellung, einen solchen Verlust noch einmal zu erleben, lähmte ihn, und er war so ehrlich, sich einzugestehen, dass er erleichtert war, dass Claire ihre Beziehung beendet hatte.
    Er kaufte sich an einer Tankstelle ein Sandwich und eine Flasche Wasser und aß ganz bewusst. Die Nahrung pumpte neue Energie durch seinen Körper, vertrieb die Wirkung des Whiskys, den er halb getrunken hatte. Er hatte sich wieder unter Kontrolle, war ruhig, professionell und korrekt, sein Schutzschild war wieder da, wo er hingehörte. Er fühlte sich bereit, mit Nightingale zu sprechen.

    Bestimmt zum zehnten Mal rieb Nightingale über einen 167

    blassgrauen Fleck, den das Team von der Spurensicherung an der Tapete hinterlassen hatte. Abgesehen davon war ihre Wohnung wieder makellos sauber, und das Warten machte sie wahnsinnig. Er war noch nie bei ihr zu Hause gewesen, und als er angerufen hatte, um seinen Besuch anzukündigen, hatte sie das völlig aus der Bahn geworfen.
    Um Viertel vor zwölf mahlte sie Kaffeebohnen, filterte frisches Wasser und wollte gerade die Maschine einschalten, als das Telefon klingelte. Er würde später kommen. Sie ließ alles stehen und liegen und ging joggen.
    Der Park war voller Mütter mit Kindern, an denen sie auf jeder Runde vorbeikam, und sie spürte, wie die verhüllte Sonne Feuchtigkeit aus ihrem Körper zog. Auf den Wegen standen noch Pfützen vom Regen am Wochenende, und ab und zu platschte sie in eine hinein, anstatt einen kürzeren Schritt einzulegen oder aus dem Rhythmus zu kommen.
    Schließlich lief sie wie von selbst. Das Trommeln des Blutes in ihren Ohren war so beruhigend wie der Herzschlag einer Mutter, und sie passte Arme und

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