Crescendo
aber«, er hielt inne, zuckte dann die Achseln, als wollte er sagen, was soll’s, »es gefällt mir. Das ist einer Gründe, warum Sie so gut sind.«
»Verstehe. Gibt’s noch andere Charakterschwächen von mir, die Sie zum Abschied erwähnen möchten?« Sie lächelte jetzt, genoss es, ihn auf dünnem Eis zu sehen.
»Wie wär’s mit mangelndem Respekt vor Vorgesetzten, eine Neunmalkluge mit mehr Intelligenz, als ihr gut tut?« Er merkte, dass ihre Stimmung sich geändert hatte, und lächelte jetzt auch. »Übereifrig, aggressiv …«
»Sie meinen bestimmt, im Sinne von dynamisch, energisch.«
»Von mir aus. Soll ich fortfahren?«
»Danke, ich verstehe, was Sie meinen. Und Sie wollen trotzdem, dass ich bleibe? Wieso?«
Er schüttelte den Kopf, als stünde er vor einem Rätsel.
»Ich weiß nicht. Vielleicht gefällt mir die Vorstellung, dass Sie weiter bei der Polizei sind, wenn auch woanders. Wer weiß, vielleicht arbeiten wir ja irgendwann wieder zusammen.«
»Das ist unwahrscheinlich, nicht? Wenn ich versetzt werde, ist damit Schluss, das wissen Sie.«
»Wahrscheinlich. Mir persönlich gefällt es auch nicht, dass Sie versetzt werden, aber es ist zu Ihrem eigenen Besten.«
»Das haben Sie noch nie gesagt, ich meine, dass Sie nicht wollen, dass ich gehe.«
»Nein, tja, und ich hätte es auch jetzt nicht sagen sollen.
Es geht mich nichts an. Aber es interessiert mich nun mal, 174
was aus Ihnen wird.«
»Verstehe.« Das Gespräch war verwirrend, aber es stimmte sie froh. Sie hatte seine Unverschämtheiten genossen. Sie waren etwas Persönliches gewesen und zeigten irgendwie, dass sie ihm am Herzen lag. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich denke nach wie vor, die Kündigung war richtig, ehrlich.«
»Lassen Sie sich Zeit, nehmen Sie Urlaub, bezahlt oder unbezahlt, lassen Sie sich krankschreiben oder was weiß ich.
Fahren Sie eine Zeit lang weg, und denken Sie drüber nach.
Wir halten Ihre Kündigung zurück, bis Sie wieder da sind.
Nutzen Sie einfach die Gelegenheit, sich das Ganze noch mal zu überlegen.«
»Ich werde eine Nacht drüber schlafen. Ich rufe Sie morgen früh an und sage Ihnen Bescheid.«
Fenwick nahm seinen gewaschenen Pullover und wandte sich zum Gehen.
»Chief Inspector … Andrew, danke. Wie ich mich auch entscheiden werde, unser Gespräch bedeutet mir sehr viel.«
Das Kompliment ließ ihn erröten, und er ging ohne ein weiteres Wort.
175
Kapitel elf
»Louise Nightingale möchte Sie sprechen.«
»Sie soll reinkommen, Anne.« Fenwick legte die Akte, die er las, beiseite und blickte auf. Sein Lächeln erstarb, als er Nightingales Gesichtsausdruck sah. Instinktiv stand er auf.
Manche Schläge steckte er nicht gern im Sitzen ein.
»Morgen. Kaffee?«
»Nein, danke, Sir. Ich werde Sie nicht lange aufhalten.«
Sie holte tief Luft und sprach weiter. »Ich halte es derzeit für nicht so gut, wenn ich weiter hier arbeite, aber Sie haben Recht, ich sollte so eine Entscheidung nicht übers Knie brechen, und deshalb möchte ich das Angebot annehmen und unbezahlten Urlaub nehmen. Einen Monat oder so, um in Ruhe nachdenken zu können.«
»Und Ihre Kündigung liegt auf Eis?«
»Vorläufig, ja. Sagen Sie dem Superintendent Bescheid?«
»Klar.«
Etwas von der Anspannung wich aus ihrem Gesicht, und sie sah erschöpft aus. Fenwick spürte den unerklärlichen Drang, ihr einen Arm um die Schultern zu legen und sie zu drücken.
Jemand musste sich um sie kümmern, und soweit er wusste, war da sonst niemand. Seine Gefühle mussten ihm anzusehen sein, denn sie wurde rot. Er streckte eine Hand aus.
»Dann viel Glück. Ich hoffe, es wird alles gut.«
Sie gab ihm die Hand und hielt sie fest, während sie zu ihm hochblickte, die Augen voller Fragen.
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»Ja?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Nichts, schon gut.«
Fenwick sah ihr nach, als sie sein Büro verließ, mit gera-dem Rücken, fast zackig, und ihn beschlich das Gefühl, dass ihm irgendetwas Wichtiges entgangen war, aber er wusste nicht, was.
»Melden Sie sich zwischendurch mal«, rief er noch, aber sie schien ihn nicht gehört zu haben. Er wollte ihr nach, doch da klingelte das Telefon, und er nahm automatisch den Hörer ab. Es war die Sekretärin des Superintendent, um ihm zu sagen, dass die Besprechung bereits begonnen hatte. Er zuckte die Achseln und machte sich auf den Weg.
Cooper war es nicht gelungen, Nightingales Stalker aufzuspü-
ren. Die Computertechniker hatten nicht herausfinden können, woher die E-Mails
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