Crime - Kriminalromane und Thriller schreiben
Seymour wie ein Kriegsberichterstatter stets dorthin geht, wo Menschen sich im Namen Gottes und ihres Vaterlandes gegenseitig umbringen. Es gibt Romane, die in Vorstadtzahnarztpraxen spielen oder auf hoher See, im Cleveland des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts oder in einer alternativen Wirklichkeit, in der Hitler den Zweiten Weltkrieg gewonnen hat. Andere sind in einer Zukunft angesiedelt, in der ein Cop von der Erde mit einem Polizeiandroiden aus dem All eine merkwürdige Freundschaft eingeht. Ich fahre gerne Ski, deswegen ließ ich einen meiner Romane im österreichischen St. Anton spielen und fuhr dort sechs Wochen zu Recherchezwecken die Hänge hinab.
Viele Leser wünschen sich eine informative, mit Fakten angefüllte Reise. Infotainment – Unterhaltung, die gleichzeitig Bildung ist. Niemand hat das Gefühl, seine Zeit zu verschwenden, während er gemeinsam mit einem Mönch in Umberto Ecos Mittelalter-Krimi Der Name der Rose einem raffinierten Mörder nachspürt.
Herbert Mitgang, der nicht nur über Krimis, sondern auch über jede Art von Literatur schreibt, hat es in seiner Rezension der beiden Bücher Der weiße Schmetterling von Walter Mosley und Für immer und ewig von Gillian Farrell so ausgedrückt:
Auf der Reise, die zur Auflösung des Rätsels führt, haben die besten Autoren auf diesem Gebiet immer noch etwas über eine Stadt, einen Beruf, eine gerechte Sache oder ein moralisches Klima zu sagen. Natürlich beugt sich der Kriminalroman den Gesetzen von Nachforschung und Aufklärung, aber es ist keine Regelverletzung, wenn sich zwischen den Zeilen ein Sittengemälde – vor allem eines über verderbte Sitten – verbirgt.
In dem Artikel, aus dem ich bereits zuvor zitiert habe, rechtfertigt Piers Paul Read, ein so genannter seriöser Schriftsteller, doch tatsächlich das Schreiben von Thrillern und Krimis. Der Artikel erschien in England, wo man noch immer einen Unterschied zwischen der ernsthaften Schriftstellerei und den populären Büchern macht. Passend zum Genre fährt er fort:
… Während die Geschichte sich entfaltet, genießt der Leser in seinem bequemen Sessel die Landschaft. … Der Autor kann seine erhabeneren Themen im Vorübergehen abhandeln: in diesem Fall … Geschichte, Ikonographie, Patriotismus, Konsum, Kommunismus, Feminismus und Liebe.
Na, sind diese Themen für Sie seriös und erhaben genug ?
Ein Spiel mit Regeln
In mancher Hinsicht ist das Schreiben in einem Genre wie eine Sportart, die man betreibt: Man macht immer wieder dasselbe. Es ist etwas, das auch andere Menschen tun, etwas, das andere vor Ihnen bereits getan haben und das man auch noch nach Ihnen tun wird. Und doch ist jedes einzelne Match etwas Einzigartiges, Individuelles und kann gut, schlecht oder mittelmäßig ausfallen.
Die Regeln dieses Spiels haben eher mit den jeweiligen Bräuchen zu tun, als dass sie festgelegt und unveränderlich sind. Man kann sie nirgends nachlesen. Wenn ein Autor etwas falsch macht, können wir nicht sagen, er habe gegen den Paragraphen 33 des Literaturgesetzes verstoßen – wir spüren nur, dass etwas falsch gemacht wurde. Und die Gesetze sind auch nicht für jeden gleich. Wie in allen Bereichen, die mit Sensibilität und gutem Geschmack zu tun haben, können manche Leute mit fast allem davonkommen und andere nicht.
Das Spiel an sich wird hauptsächlich durch Geschick und Scharfsinn bestimmt. Das wird ganz besonders deutlich in der klassischen Detektivgeschichte, alias Fair Play Mystery , in der der Autor dem Leser und der Detektiv-Figur dieselben Hinweise gibt. Hier hat der Leser ebenfalls die Chance herauszufinden, wer es getan hat und warum er es getan hat. Der Fall – also das Buch – ist dann gut, wenn es dem Detektiv gelingt, aus den Hinweisen den Täter zu ermitteln, während der Leser es nicht schafft. Egal, wie weit wir uns inzwischen von dieser reichlich antiquierten Krimiart entfernt haben – das Prinzip ist noch immer gültig.
Wenn wir, die Leser, noch vor dem Detektiv etwas herausfinden, ärgern und langweilen wir uns und verlieren den Respekt vor der Romanfigur. Wir sind ihm weit voraus, während er irgendwo steckengeblieben ist, so dass die Story sich unerträglich hinzieht, bis er uns endlich eingeholt hat.
Ein großer Teil der Krimiautoren ist in die Thriller-Sparte hinüber gewechselt. Hier gerät der Held, während er sich bemüht, den Fall zu lösen, in Gefahr. Er manövriert sich in eine Situation, aus der er sich auf eine Weise befreit, die den Leser
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