Crime Machine: Thriller (German Edition)
ihnen?«
»Ja«, sagte sie mit wütender Stimme, »ein Schotte und seine verfluchte Schlampe.«
»Eine Frau?« Sie nickte. Lady Macbeth war also mit von der Partie. Wenn es nach mir ging, würde sie das noch bereuen. »Hat sie etwas zu dir gesagt?«
»Sie hat einem der Typen befohlen, zu bleiben und mich zu bewachen, dann hat sie die Treppe hochgebrüllt und wollte, dass ich herunterkomme. Ich hab gesehen, wie sie Dad und Finney weggeschleift haben, also bin ich so schnell wie möglich in Dads Büro verschwunden. Er hat ein Messer in der Schreibtischschublade, das hab ich geholt und mir in die Tasche von meinem Pulli gesteckt. Als ich wieder oben an der Treppe stand, hat sie mich blöd von unten angegrinst, das dämliche Muskelpaket stand neben ihr. Sie meinte: ›Kleine Mädchen müssen lernen, Älteren zu gehorchen‹, dann hat sie sich zu dem Arschloch umgedreht und gesagt: ›Pass auf, dass sie Ruhe gibt. Kannst mit ihr machen, was du willst.‹« Sarah legte sich die Hand auf die Stirn, als wäre sie kurz davor, in Ohnmacht zu fallen, aber es gelang ihr, weiterzuerzählen. »Ich fing an zu schreien: ›Lass mich in Ruhe, mein Vater wird dich, verdammt noch mal, umbringen‹, und die Schlampe hat gelacht.« Sarah schüttelte den Kopf. »Sie hat gelacht, dann hat sie gesagt: ›Krieg dich wieder ein, Kleine.‹« Sarah machte Lady Macbeths breiten Glasgower Akzent ziemlich gut nach.
»Sie ist mit den anderen weg, und der Kerl, den du gesehen hast, kam die Treppe herauf. Ich konnte immer noch nicht fassen, dass er’s tun wollte, aber erst hat er mich geschlagen und mir dann die Leggings runtergerissen. Als er sich die Hose aufgemacht hat, hab ich das Messer genommen und ihn erstochen.«
Sarah war unglaublich tapfer gewesen und hatte großes Glück gehabt. Wahrscheinlich hatte sie nur eine einzige echte Chance gehabt, den Kerl zu erstechen, bevor er ihr das Messer abgenommen, sie vergewaltigt und höchstwahrscheinlich umgebracht hätte. Aber sie musste teuer dafür bezahlen.
»Ich wollte ihn nicht töten«, sagte sie leise. »Ich wollte nur, dass er aufhört.«
»Ich weiß«, sagte ich, »das hast du gut gemacht, du hast das Richtige getan. Entweder er oder du.« Ich sagte es und klang dabei wie der Killer, der ich gerade erst geworden war.
Wir fuhren eine Minute lang schweigend weiter, während sie ihren Mut zusammennahm, um mir eine Frage zu stellen. Ich wusste, was jetzt kam, aber ich fürchtete mich davor.
»Was ist mit Dad?«, fragte sie leise.
Sie hatte das Recht, zu erfahren, was mit ihrem alten Herrn passiert war. Ich konnte sie nicht belügen und ihr sagen, dass alles wieder gut werden würde, weil es nicht so war. Aber was sollte ich machen? Ihr sagen, dass ihr Vater wegen mir tot war, ihr sagen, dass ich ihn getötet hatte, weil mich ein Gangster aus Glasgow dazu gezwungen hatte, und dass ich jetzt auch tot wäre, wenn ich es nicht getan hätte. Dass ich ebenso wenig eine andere Wahl gehabt hatte wie sie, als sie den großen Russen ins Jenseits beförderte? Entweder er oder ich. Sollte ich ihr das sagen? Wohl kaum.
»Er ist tot, Sarah«, sagte ich leise, »Finney auch.«
Sie lässt sich nicht unterkriegen, und ich glaube, sie hatte fast damit gerechnet, dass ihr Dad eines Tages so enden würde. Vielleicht hatte sie sich ihr Leben lang auf diesen Augenblick vorbereitet, denn sie nickte nur und sagte: »Danke, dass du’s mir gesagt hast«, als wäre sie erleichtert darüber, dass ich nicht versucht hatte, sie anzulügen. Leise fing sie an zu weinen, während ich weiterfuhr. Eigentlich machte sie gar kein Geräusch, aber ich sah aus dem Augenwinkel, wie sie ab und zu den Arm hob und sich mit dem Handrücken über die Augen wischte. Als wir bei Palmer ankamen, hatte sie ihre Tränen bereits getrocknet. Ich parkte, und sie folgte mir stumm nach drinnen, die Augen gerötet und verquollen.
Mir wurde klar, dass Sarah eine Nacht hinter sich hatte, die meiner in nichts nachstand. Beide wären wir fast gestorben, und beide hatten wir zum ersten Mal im Leben einen Menschen getötet. Sie war noch schlimmer dran als ich, denn sie hatte zu allem Überfluss auch noch ihren geliebten Dad verloren.
Aber wir hatten jetzt keine Zeit, darüber nachzudenken. Wir befanden uns im Krieg.
Ich schickte Sarah ins Gästezimmer und bat sie, dort zu warten. Ich wollte nicht, dass sie etwas mitbekam. Ich folgte ihr, und sie setzte sich auf die Bettkante, dann sah sie mich flehend an.
»Ich möchte etwas tun«, sagte
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