Crime Machine: Thriller (German Edition)
alles Mögliche passieren konnte. Vielleicht hatte er die besseren Schusswaffen, den besseren Plan oder war mir insgesamt überlegen. Trotzdem blieb ich weiter auf dem Vormarsch. Unser Kleiner hat das immer über die Paras gesagt: Sie bleiben in Bewegung, immer vorwärts, immer auf dem Vormarsch, bloß nicht an Fahrt verlieren.
»Du hast uns alle verraten, Miller«, rief ich und hoffte, dass ich härter klang, als ich mich fühlte. »Ich weiß es, und du weißt es, und jetzt bist du dran.« Seine Antwort? Eine Kugel, die er von Gott weiß wo auf mich abfeuerte. Sie prallte von den engen Blechwänden des Ateliers ab, was einen Lärm machte, dass mir die Ohren klingelten. Es war das erste Mal, dass auf mich geschossen wurde, und ich versuchte, ruhig zu bleiben. Ich sagte mir, dass er mich unmöglich aus seinem Versteck treffen konnte, sonst hätte ich ihn inzwischen gesehen.
So wie ich Miller kannte, hatte er wahrscheinlich einen Colt oder eine Browning, irgendetwas, nichts Schickes, eher alte Schule. Mein Herz hämmerte. Die Waffe lag locker in meiner verschwitzten Hand, und ich fürchtete, sie fallen zu lassen. Ich war so nah dran, die ganze Sache zu Ende zu bringen, den Kerl abzuservieren, der Gladwell sämtliche Informationen über unsere Firma gegeben hatte, und dann wäre alles vorbei – und das war das Erschreckende. Ich kam mir vor wie einer jener Soldaten, die wussten, dass der Krieg fast vorbei war, der Feind sich ergeben hatte und sie die Sieger waren, die aber noch Straßen und Häuser räumen mussten und Gefahr liefen, von einer irren Hausfrau oder einem gestörten Opa erschossen zu werden.
»Die Waffe wird dir nicht helfen, Miller. Nicht nach dem, was du getan hast.« Ich schob mich langsam durch den Korridor den grellen Lichtern entgegen. »Geordie Cartwright war ein leichtes Opfer mit seinen Schulden und der Aussicht auf leicht verdientes Geld, stimmt’s? Du hast ihn an Tommy Gladwell verkauft, aber jetzt sind die Russen alle tot und Tommy auch. Du bist geliefert, und das weißt du. Für dich gibt’s hier nichts mehr zu holen, außer dem Tod.« Ein weiterer Schuss traf die Wand zu meiner Linken, weshalb ich dachte, dass er irgendwo rechts von mir sein musste, aber das Atelier war groß, und er war im Vorteil. Wenn ich ihn erwischen wollte, musste ich aus dem schmalen Korridor raus, aber dann würde ich ein leichtes Ziel abgeben. Ich erinnerte mich an den Grundriss und die Einrichtung und betete, dass er seit meinem letzten Besuch hier nicht umgeräumt hatte. Ich legte mich flach auf den Boden, dann bog ich den Arm um die Ecke und feuerte. Der Lärm war ohrenbetäubend. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis irgendein weit entfernter Nachbar die Polizei rief. Danny musste die Schüsse gehört haben, und auch er musste sich fragen, was er tun sollte. Ich hatte ihm gesagt, dass er draußen bleiben solle, aber es würde ihm ähnlich sehen, durch die Tür zu platzen, um mich zu retten. Ich wollte nicht, dass er wegen meiner Dummheit starb.
Miller beantwortete meinen Schuss mit zwei weiteren harmlosen Schüssen, und ich vermutete, dass er das, was ihm an Munition geblieben war, aufsparen wollte. Ich nahm die Startposition eines Sprinters ein, hielt mich geduckt und preschte nach vorn, erwartete dabei die ganze Zeit einen dritten Schuss. Ich musste ihn überrascht haben, denn ich schaffte es, mich hinter einen breiten Metallträger zu stellen, wo ich mich vorerst in Sicherheit befand, vorausgesetzt, ich bewegte mich nicht.
Hier war ich besser dran als im Korridor, aber er war immer noch im Vorteil. Er kannte meine Position, aber ich hatte keine Ahnung, wo er sich befand. Wenn ich zu diesem Zeitpunkt einen Plan hatte, dann kannte ich ihn selbst nicht. Ich hoffte einfach nur, dass ich ihn irgendwie aus seinem Versteck locken konnte, ihn dazu bringen, mit einem weiteren Schuss seine Position zu verraten, und ihn anschließend zu töten. Ich war kein schlechter Schütze, aber bislang hatte ich nur auf dem Schießplatz an Zielscheiben aus Pappkarton geübt, nicht an einer lebendigen Person, die sich bewegte und zurückschoss. Ich wollte gerade einen Arm ausstrecken und noch einmal feuern, als etwas passierte, das mich aus dem Konzept brachte. Völlig unvermittelt gingen die Lichter aus.
Schreie. Es war stockdunkel, so dunkel, dass ich nicht mal meine eigene Waffe sah. Die verfluchten Fenster mussten alle mit Verdunkelungsjalousien abgedichtet worden sein, damit sich seine nackten Mädchen unbehelligt
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