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Crime

Crime

Titel: Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh , Pößneck GGP Media GmbH
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es überstreift.
    Kurz darauf ist Tianna wieder da. Sie presst sittsam ihren Schafrucksack vor die Brust.– Ich wollte mich wegen letzter Nacht entschuldigen.
    – Du solltest dich nicht so benehmen, das geht nicht. Wenn jemand dir etwas Schlimmes getan hat, machst du das nicht dadurch wieder wett, dass du dafür mit jemand anderem auch was Schlimmes machst, sagt er.– Verstehst du, was ich sagen will?
    Immer noch ihren Rucksack umklammernd, setzt sich Tianna aufs Bett.– Es tut mir leid, Ray, sagt sie geknickt.– Du warst wirklich nett zu mir. Ihre Augen werden feucht, bevor die Panik in ihnen explodiert.– Du sagst doch Momma nichts davon?
    Lennox schaut sie an.– Was du gemacht hast, war falsch, aber ich nehme deine Entschuldigung an. Ich werde niemandem etwas davon sagen.
    – So als wär es unser Geheimnis?
    Geheimnisse zwischen Erwachsenen und Kindern: schonwieder so eine Pädo-Praktik . Alles in Lennox sträubt sich dagegen.– Wie ich schon sagte, es bleibt unter uns. Du hast etwas falsch gemacht, bist aber reif genug gewesen, dich zu entschuldigen, und ich bin alt genug, die Entschuldigung anzunehmen, Ende der Geschichte.
    Tianna stellt ihren Rucksack aufs Bett. Sie ringt sich ein freundliches Lächeln für ihn ab.– Weißt du, Ray   … als er, als Vince mich angefasst und geküsst hat und so   … das hat sich irgendwie falsch angefühlt, weißt du?
    Lennox nickt knapp.
    – Das fühlte sich alles irgendwie dreckig an. Aber ich dachte, wenn ich es mit einem mache, den ich mag, würde es sich auch richtig anfühlen. Als wär es dann nicht mehr so dreckig, oder alles nicht mehr so abartig.
    – Nein. Es soll sich ja seltsam und fies anfühlen, weil du noch viel zu jung dafür bist, erklärt Lennox.– Du wirst auch Schönes erleben, aber du wirst es erst erleben, wenn du alt genug dafür bist. Lass dir von denen nicht deine Kindheit wegnehmen. Er denkt an sich selbst so etwa in ihrem Alter, wie er mit Les Brodie sein Bike in diesen dunklen Tunnel schiebt.
    – Ein Kind zu sein ist nichts Falsches, oder, sagt sie, und es klingt halb wie eine Feststellung, halb wie eine Frage.
    – Natürlich nicht. Nicht, wenn man es auch ist. Darum geht es doch, sagt er.– Wir fangen als Babys an und haben da bestimmte Sachen, die wir mögen. Du würdest doch von einem Baby nicht erwarten, dass es Catfish oder Chocolate Malt oder Das Model und der Freak mag, oder?
    Tiannas Lippen verziehen sich zu einem Grinsen, während sie zustimmend nickt.
    – Aber es ist nicht schlimm, ein Baby zu sein, wenn man nun mal eins ist. Dann wachsen wir und mögen als größere Kinder wieder andere Sachen. Dann werden wir erwachsen und mögen Erwachsenensachen. Er sieht zu, wie sie verstehend nickt.– Dieser Onkel Chet, kannst du mir ein bisschen was über ihn erzählen?
    – Er ist der   … fängt sie an, stockt und rückt dann damit raus,– …   Freund meiner Mum. Ein Freund. Seine Enkeltochter Amy ist meine Freundin. Die ist wirklich nett. Chet ist nicht mein richtiger Onkel. Aber er ist immer nett zu uns gewesen. Er ist nicht so einer wie Vince.
    – Wer ist Vince?
    – Über ihn rede ich nicht gern, mit niemandem, sagt sie und guckt ihn dann scharf an,– nur mit Nooshka.
    Sie weiß, dass ich ihre Sachen durchsucht habe. Oder denkt zumindest, ich könnte es getan haben, und will wissen, woran sie ist .– Wer ist Nooshka?, fragt er frech, ungeachtet des flauen Gefühls im Magen.
    Tianna mustert ihn aufmerksam, bevor sie erwidert:– Meine beste Freundin.
    – Geht sie in deine Schule?
    Sie schüttelt den Kopf.
    – Auf eine andere Schule?
    Tianna lässt sich rücklings aufs Bett fallen und starrt den Deckenventilator an.– Muss wohl. Sie ist eben immer da, wenn ich sie dringend brauche. Ich kann ihr Sachen schreiben.
    – Wie einer Brieffreundin?
    Sie scheint ihn nicht zu hören, als habe sie der rotierende Ventilator hypnotisiert. Als sie dann schließlich etwas sagt, tut sie es in einem melodischen Singsang, als spiele sie ein rituelles Spiel, das sie langweilt.– Wenn ich ihr Sachen schreibe, geht’s mir danach besser. Weißt du, wenn etwas nicht gut läuft und ich mit keinem darüber reden kann. Manchmal kann ich mit Momma reden, aber nur über bestimmte Dinge.
    – Hast du deiner Mum jemals von Vince erzählt?
    Sie wälzt sich herum, bis sie bäuchlings auf dem Bett liegt,und stützt sich auf die Ellbogen. Sie beißt sich mit den Schneidezähnen auf die Unterlippe. Dann guckt sie ihn an und nickt.
    – Und dann?,

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