Crime
fährt Toal fort und blickt dann zu einer erhobenen Hand im hinteren Bereich des Saals. Sie gehört Ronnie Hamil.– Eintausend Pfund. Höre ich fünfzehnhundert …?
Eine weitere Hand geht hoch. Es ist Mr. Confectioner.
– Schluss mit dieser Auktion, brüllt Lennox.– Ihr könnt sie denen doch nicht verkaufen! Ihr wisst doch, was die mit ihr anstellen werden!
Niemand scheint ihn zu hören. Eine weitere Hand geht hoch. Lance Dearing, der Stetson und Cowboyanzug trägt, an seiner Seite ein grinsender Johnnie.– Zweitausend, strahlt Toal,– und bei dieser Gelegenheit möchte ich unseren Freund Mr. Dearing aus den USA daran erinnern, dass in Pfund Sterling und nicht in US – Dollar bezahlt werden muss, scherzt er unter höflichen Lachern aus dem Publikum.
Lennox will zur Bühne, doch seine Schienbeine sind plötzlich wie aus Schwermetall.
– Das ist meine Verlobte … das ist …
Irgendwas steckt in seiner Luftröhre, das aus seinem Ausruf ein kaum hörbares, frustrierendes Japsen macht.
Er kann nur hilflos auf das Profil von Dearing starren, das in ein grünliches Licht getaucht ist und dadurch ein alligatorähnliches Aussehen annimmt.– Ich bin mir der geltenden Währung durchaus bewusst, Mr. Toal, dann wendet er sich Lennox zu und sagt zwinkernd,– aber ich schätze, wenn ich ein bisschen knapp dran bin, wird mir mein alter Freund Ray nur zu gern aushelfen, wo doch so eine schnuckelige kleine Beute winkt.
– Erhöhen wir doch den Einsatz, ruft eine Stimme mit breitem Midlandsakzent von hinten.– Zwei Millionen Pfund.
Lennox dreht sich um, aber der Mann scheint sich mitzubewegen und bleibt immer so gerade eben außerhalb seines Blickfelds. Da sind auch noch andere, aber die bleiben im Schatten. Wut und Angst bedrängen ihn.
Toal ist im Begriff, die Auktion zu beenden, als Lennox seinen alten Freund Les Brodie als kleinen Jungen sieht, derihn am Ärmel zieht und ihn drängt, mitzubieten.– Sag was, Raymie!
Aber seine Kehle ist wie zugeschnürt, und er bringt nichts heraus. Toals Hammer erteilt mit einem lauten Knall den Zuschlag. Das schleudert Lennox an einen anderen, besseren Ort. Wieder mal.
Ein besserer Ort.
Ein paar Sekunden lang ist Lennox, als sähe er rosa Flamingos, in einen sanften weißen Dunst gehüllt, inmitten der Mangroven tanzen. Dann wird ihm blinzelnd klar, dass er bloß in einem grandiosen rosa Sonnenaufgang erwacht ist, der den Raum in korallenrotes Licht taucht, das in seiner Intensität fast wie Neonlicht wirkt.
Ein leises Klopf-Klopf an der Tür: zaghaft, aber hartnäckig. Er stellt fest, dass er immer noch die Baseballkarten in der Hand hält. Er steckt sie schnell zurück in den Rucksack auf dem Nachttisch. Es ist heiß, und er ist klatschnass geschwitzt. Seiner malträtierten Kehle gelingt es, gerade so zu krächzen:– Eine Minute, dann steht er auf, öffnet die Tür und späht hinaus.
Es ist Tianna. Sie trägt sein End of the Century – T-Shirt.– Ich hab mir das hier ausgeliehen, sagt sie mit dem langen Gesicht eines reuigen, verkaterten Trinkers:– Ich brauch meine Sachen.
– Klar. Sekunde.
Er schließt die Tür, zieht seine Hose an und schaltet die Klimaanlage ein, bevor er sie hereinlässt.– Okay, sagt er zu dem beschämten Mädchen und spürt die volle Wucht des eigenen verlogenen Schuldgefühls, als er noch einen heimlichen Blick auf ihre Tasche wirft und an die darin verborgenen Geheimnisse denkt. Lennox geht nach draußen, wartet einen Moment und nimmt dann verstohlen das T-Shirt entgegen, das sie ihm am ausgestreckten Arm nach draußen reicht. Auf dem Weg in sein ursprüngliches Zimmer verharrt er einen Moment, um den lachsrosa und granatfarbenen Himmel zu bewundern und sich kurz am leisen Hupen der Trucks auf dem Freeway in der Ferne zu erfreuen.
In seinem Zimmer verriegelt er die Tür und lässt T-Shirt und Hose zu seinen Füßen auf einen Haufen fallen. Die Müdigkeit steckt immer noch in ihm, hinter den Augen, in den Gliedern, doch er fühlt sich kräftiger und denkt wieder klarer. Er macht ein volles Set Boxer-Stretches und einhundert Liegestütze auf dem verschlissenen Teppich, das volle Körpergewicht auf den Handballen, und spürt das befriedigende Brennen in seinen Muskeln, bevor er in die Dusche springt und genüsslich darunter stehen bleibt, bis das Wasser abzukühlen beginnt. Er trocknet sich rasch ab und zieht sich an, wobei er den dunklen, honigsüßen Geruch des Mädchens an seinem Ramones-T-Shirt wahrnimmt, als er
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