Crime
haben?
Monster wie Mr. Confectioner. Die kennen alle Schwächen.
Selbst, als ich ihn in Gewahrsam hatte. Ihn verhört habe.
Ich hab ihn verhört: diese grinsende, verkommene, arrogante Kinderschänderfotze. Ich hätte ihn zermalmen sollen, ihm wehtun, ihn das erleiden lassen, was sie erleiden mussten.
– Autsch, du zerdrückst mich ja.
Lennox schießt wie ein Pfeil aus dem Verhörzimmer, quer über ein Weltmeer und plopp wieder in seinen Schädel. Er lässt das Mädchen in seinen Armen los.– Entschuldigung … Er tritt zurück.
Sie lächelt etwas grimmig, während sie sich die Schulter reibt.
Er sieht sie verlegen an.– Hör mal, Tianna, ich fände eswirklich schön, wenn du bei meiner Hochzeit drüben in Schottland Brautjungfer wärst. Würdest du das für mich machen? Er verschluckt sich vor Entsetzen fast an den eigenen Worten. Jetzt hat er bei dem Kind wirklich die Grenze überschritten, jetzt besticht er es. Genau wie die. Wie diese dreckigen Pädos .
– Das wär ja so super!, jauchzt sie und tanzt begeistert auf der Stelle.– Da muss ich ein Kleid tragen, stimmt’s?
– Ja … Ich meine … wenn deine Mum es erlaubt.
– Und mit dem Flugzeug fliegen?
– Aye. Er versucht zu schätzen, was Flugtickets im September kosten.
Sie hält die Hand hoch, und sie klatschen sich ab.
– Aye!, macht sie ihn nach.– Du bist der Coolste, Ray Lennox.
Ich bin nicht der Coolste, aber ich bin nicht wie die , denkt Lennox. Ich werde niemals so wie die. Er hofft, dass sie ihn nie unter dieser Perspektive betrachtet hat. Aber was ihm zusetzt, ist der Eindruck, den er auf den Motelangestellten macht: Er hat nicht viel Lust, hier unnötig Zeit zu vertrödeln und Verdacht zu erregen. Jedes Mal, wenn sein Körper sich zu entspannen droht, bohrt sich das Ungeheuerliche an der Situation in Lennox’ Brust: Er ist ein Mann Mitte dreißig in einem fremden Land in einem Motel, zusammen mit einem kleinen Mädchen, das nicht seine Tochter ist. Gegen zwanzig vor zehn checken sie aus.
Als er im Auto in den Rückspiegel sieht, entdeckt er eine Spur von Grau an den Schläfen, wo das Haar nachwächst. Trudi hatte ihn davor gewarnt, es so kurz zu scheren. Trotzdem ist er seltsam freudig erregt. Da war er, deprimiert, einsam und verkatert, in der Fremde, ohne seine Medikamente und vermutlich verwundbarer, als er es je in seinem Leben war. Na ja, fast jedenfalls. Und mit jemandem, der ihm vertraute, während sein Sexhunger in dem Maße zunahm, wiedie Medikamentierung abgebaut wurde. Doch er wusste, dass er sich eher den Schwanz abschneiden würde, als ihn in die Nähe von Tianna oder irgendeinem anderen Kind zu lassen. Ironischerweise hatte ihr unangemessenes und trauriges Verhalten ihm geholfen. Geholfen, indem sie ihm gezeigt hatte, dass es, egal wie tief er gesunken war, doch noch eine Grenze gab, die er nie unterschreiten würde. Diese Latte lag nicht sehr hoch. Aber es gab sie. Nun muss er Tianna helfen. Indem er ihr hilft, kann er die Latte wieder etwas höher legen.
Er muss über einige der Männer in seinem Bekanntenkreis nachdenken: Männer, die er als Freunde bezeichnet, von denen etliche in ihren Beziehungen gewalttätig geworden waren, andere, die zu Prostituierten gingen oder zum Sexurlaub nach Prag, Kiew oder Bangkok flogen. Was hätten sie an seiner Stelle getan?
Plötzlich ergießt sich eine Welle tintiger Finsternis über sie und erstickt in Sekundenschnelle das Licht, gefolgt von einer knisternden gelben Ader, die über den Himmel zuckt. Dann kracht Donner in seinen Ohren, was ihn veranlasst, den Motor anzulassen und die Scheinwerfer anzustellen. Kurz darauf prasselt Regen herab und trommelt wild aufs Wagendach. Die Scheibenwischer kommen nicht dagegen an; Lennox will schon aufgeben und seitlich ranfahren, da hört es so schlagartig auf, als habe man einen Wasserhahn zugedreht, und der rosig-blaue Himmel erscheint wieder.
Wann Chets Boot zurückkehren würde, war ungewiss, aber es konnte noch eine Weile dauern. Zuerst mal stand Frühstücken auf dem Tagesplan. Die Abzweigung 107 führt sie zu einem weiteren Einkaufszentrum voller Filialen von Fast-Food-Ketten. Tianna möchte im International House of Pancakes frühstücken, und auch Lennox findet, dass es noch der am wenigsten abstoßende Laden in der Franchise-Hölle ist, vor der sie hier einparken.
Die Kellnerin kommt, eine mittelalte, stattliche Latina, lebhaft und effizient.– Darf ich Ihre Bestellung aufnehmen?
– Ich hätte gerne
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