Crime
Orangensaft, zwei beidseitig gebratene Eier mit Bratkartoffeln, Speck und Kaffee, sagt Lennox mit angespanntem Lächeln und etwas glasigem Blick. Er hat doch wegen der Frau tatsächlich einen Ständer bekommen. Er betrachtet ihre massiven Oberschenkel und fragt sich, was seine Lippen wohl für einen Stuss sabbeln würden, wenn er zwischen ihnen läge.
– Solln Sie haben, fertigt ihn die Kellnerin keck ab, sie muss an ihm etwas gewittert haben.– Und was darf’s für Sie sein, Miss?, fragt sie Tianna.
– Ich nehm das Gleiche.
Die Kellnerin verschwindet, um gleich darauf mit zwei großen Pint-Gläsern Orangensaft zurückzukehren.– Na, dann wohl bekomm’s, droht sie.
Und das tut es. Lennox hat noch nie einen vergleichbaren Orangensaft getrunken. Die Sonne Floridas explodiert auf seinen Geschmacksknospen, ein kleineres Glas hätte ihm niemals genügt. Das Essen ist ein eingedickter Haufen Pamp, der übliche Fraß für Fettleibige, und Lennox pickt nur darin herum.– Hier gibt es keinen frisch gemahlenen Pfeffer, nur dieses Pulverzeugs. Die Staaten haben einfach keine Gewürzkultur.
– Beschwer dich nicht, Ray Lennox, sagt Tianna, und der Gebrauch seines vollen Namens erinnert ihn an Trudi,– wenigstens klingt es, als wär dein schottischer Schnupfen besser geworden.
Lennox muss grinsen. Es tut gut, sie fröhlich zu sehen, nach dem verkorksten Nymphchen von letzter Nacht und der gequälten alten Seele von heute Morgen wieder das Kind in ihr zu entdecken.– Die Sonne Floridas vollbringt wahre Wunder, sagt er und steht auf.– Und nun entschuldige mich, ich muss mal für kleine Jungs.
Während er weggeht, fragt er sich, wie viel genau sie weiß. Wie oft mochte Robyn über die Jahre am »schottischen Schnupfen« gelitten haben?
Auf der Männertoilette: Urinale mit Plastikgittern, die der Slogan SAG NEIN ZU DROGEN ziert. Da konnte man sich dranstellen und auf die Botschaft pissen. Sein Urin sieht klarer aus; frei von Drogen, sowohl selbstverordneten wie ordnungsgemäß verschriebenen. Beim Pinkeln merkt er, dass er ein größeres Klo braucht; also setzt er sich auf den Topf, erleichtert, dass er endlich das Geschäft erledigen kann. Er studiert einen Spruch über dem Klopapierhalter:
HIER SITZE ICH UND PRESS DIE BACKEN
ICH WERDE WOHL AUF TEXAS KACKEN
Er spürt Genugtuung seine Lippen straffen, als sie den Diner verlassen und wieder auf die Straße fahren. Sie überholen einen Pick-up mit einer gelben Schleife und dem Aufkleber » HUP FÜR UNSERE TRUPPEN !«.
– Willst du nicht hupen?, fragt Tianna, und Sonnenlicht weht über ihr Gesicht wie Schwefelstaub.
– Nein. Was haben amerikanische und britische Truppen im Irak zu suchen? Ich hab keine irakischen Truppen auf unserem Boden gesehen, und bombardiert haben sie uns auch nicht, erklärt er.
Tianna lässt sich das ein paar Sekunden durch den Kopf gehen. Dann sieht sie Lennox gelassen an und sagt:– Ich denk mir, es ist einfach falsch, sich an einem zu vergreifen, der kleiner ist als du, bloß weil du größer und stärker bist … und alle mit schönen Sprüchen reinlegen kannst.«
– Ja, erwidert er, und wieder bleibt es als ein Krächzen in der Kehle stecken. Also schaut er aus dem Fenster und sieht vor einer Kirche ein Spruchband flattern: HIGH MIT DEM HÖCHSTEN
Sein Blick wandert nach oben, wo wieder weiße Wölkchen am blassblauen Himmel stehen. Lennox’ Nebenhöhlen werden wieder frei. Sein Kater klingt definitiv ab. Mal richtig zu schlafen hat geholfen. Er hat kein Verlangen nach Koks mehr, nicht mal nach Alkohol. Die Sonne genügt ihm vollkommen.
Sie hören einen Country-Sender, als sie auf dem Rückweg nach Bologna an einer weiteren langen Reihe von Gebrauchtwagenhandlungen vorbeifahren. Einmal mehr läuft Brad Paisleys »Alcohol« im Radio.
Als sie an der Marina eintreffen, läuft gerade ein großes Boot ein. Es hat einen schwarz-weißen Rumpf aus Fiberglas und trägt den Namen Ocean Dawn . Es ist nicht das größte Boot im Hafen, aber beeindruckend genug, etwa vierzig Fuß, schätzt Lennox. Dann winkt ein Mann von der Brücke, und Tianna gestikuliert wie wild zurück.– Onkel Chet!
– Na so was, he Tianna!, dröhnt der Seemann.– Was treibst du denn hier? Er mustert Lennox misstrauisch und guckt sie dann wieder an.– Wo steckt denn deine verrückte Momma?
– Ich glaub, die ist krank.
– Na, das ist ja schlimm, sagt Chet, während er das Boot rückwärts an seinen Liegeplatz steuert. Don Wynter, der aus seinem Büro
Weitere Kostenlose Bücher