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Crime

Crime

Titel: Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh , Pößneck GGP Media GmbH
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Lennox ihn rasch.
    – In keiner allzu populären, Lennox, gesteht Chet in mürrischer Fröhlichkeit.– Ich war Steuerfahnder. Firmenprüfungen. Ein verhasster Mann an der Wall Street.
    Lennox mustert die kräftigen Unterarme und Bizepse seines Gegenübers.– Sie sehen gar nicht wie ein Büromensch aus.
    – Ach so, ja, ich war viele Jahre lang Gewichtheber. Hab an allen großen Wettkämpfen teilgenommen. Chets joviale Reminiszenz geht in ein Klagelied über.– Die Teilnahme für die Olympiade in München72 hab ich nur um Haaresbreite verpasst, wofür ich wahrscheinlich dankbar sein sollte. Für Montreal wär ich dann dabei gewesen, aber ich hab mir die Schulter ruiniert und musste zurücktreten. Er steht auf und massiert sie demonstrativ. Vielleicht quält sie ihn immer noch.– Es sollte wohl nicht sein. Ich versuch aber auch heute noch, mindestens zweimal die Woche ins Fitnessstudio zu gehen, und meistens klappt’s auch, sofern das Schicksal und die Gezeiten mitspielen. Sie scheinen aber auch ganz gut in Form zu sein. Trainieren Sie?
    – Kickboxen, antwortet Lennox etwas beschämt, weil er glaubt, dass Chets Einschätzung etwas großzügig ausgefallen war,– allerdings hab ich mich in letzter Zeit etwas gehen lassen.
    – Ich will nicht behaupten, ich hätte wie ein Mönch gelebt, aber ich versuche, mich in Form zu halten. Wenn man älter wird, merkt man, dass es sich gelohnt hat, grinst er, legt die Speisekarte hin und schaut zur Tafel mit der Tageskarte.– Ich glaub, ich nehm den Delfin.
    Lennox zuckt zusammen, denn der Gedanke, Delfine zu essen, stößt ihn ab. Die bedauernswerten Fotzen habenschließlich Sonar. Die sind nicht unterbelichtet wie Schafe oder Kühe. Das ist ja schlimmer, als Hunde zu essen. Damit gehen die Amis zu weit.
    Chet bemerkt seinen Widerwillen.– Keine Sorge, Lennox, ist kein richtiger Delfin. Das ist bloß die alte Bezeichnung für einen großen grünen Fisch, der normalerweise Mahi-Mahi heißt, hier aber Delfin genannt wird. Das war die alte spanische Bezeichnung, bevor die englischsprachigen Siedler herkamen und dem intelligenten Säuger denselben Namen gaben. Das sorgt ständig für Verwirrung bei englischen Gästen. Nicht, dass wir auf dieser Seite des Staates viele davon hätten. Aber, erzählen Sie mal, wie läuft’s denn so in der Versicherungsbranche?
    – Job ist Job.
    Chets galliges schiefes Lächeln signalisiert das stillschweigende Einvernehmen, das alle verbindet, die noch einen Boss über sich sitzen haben.– Ist das in England auch so lukrativ wie hier?
    Bevor Lennox antworten kann, hat sein Gastgeber schon umgeschaltet in ein weitschweifiges Lamento über Wirbelsturmschäden und die Unfähigkeit, Korruptheit und Habgier der staatlichen und Bundesbehörden. Beide Bush-Brüder, vor allem Jeb, bekommen ihr Fett weg.– …   diese Korruption und diese Gier ihrer kungelnden Freunde. Ist es bei euch drüben genauso, Lennox?
    Lennox zuckt unverbindlich die Achseln. Sein Job hat ihn gelehrt, sich aus politischen Diskussionen mit Fremden rauszuhalten, da seine politischen Ansichten in der Regel nicht mit denen seines Gegenübers übereinstimmten. Aber dann lässt eine einzige, simple Bewegung von Chet sein Blut gerinnen. Chet berührt Tianna. Er glättet nur eine verhedderte Strähne ihres braunen Haars, doch Lennox wird auf seinem Stuhl sofort starr wie ein Ladestock. Denn er bemerkt die plötzliche Anspannung in ihrem Gesicht undden kurzen, bittenden Blick in seine Richtung, bevor sie die laminierte Speisekarte hochklappt und hinter ihr verschwindet.
    Chet, einem Gefangenen seiner eigenen Sorgen, sind beide Reaktionen entgangen.– Ich mach mir Sorgen wegen der Kinder, tu ich wirklich, fährt er vor.– Was für eine Welt hinterlassen wir ihnen denn, Lennox. Menschen wie Sie sind noch jung genug, um die Welt zum Besseren zu verändern, aber ich bin jetzt ein alter Knacker. Ich will nur noch mit meinem Boot rumsegeln, ein bisschen fischen und am Ende des Tages mit einem guten Buch und einem Glas Rotwein die Beine hochlegen. Ist doch gar nicht so falsch, oder?
    Lennox räumt ein, dass dem wohl so ist, doch das scheint Chet nicht zufriedenzustellen.– Was können wir tun, Lennox?, fragt er deprimiert.
    Das Essen ist gekommen, doch Lennox, obwohl ausgehungert, hat bemerkt, dass Tianna ihres kaum anrührt. Ihre Gabel schubst nur fahrig ein Hühnerbein auf dem Teller herum.– Ich wünschte, ich wüsste es, versucht er die Frage mit einem weiteren Achselzucken

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