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Crime

Crime

Titel: Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh , Pößneck GGP Media GmbH
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stockt. Er ringt wiederkrampfhaft nach Luft. Sie schmeckt schwer, als hinge sie voller Eisenstaub und drohe, seine Lunge zu pulverisieren. Er wünschte, Tianna wäre nicht bei ihm. Sie durfte ihn nicht in diesem Zustand sehen. Er schadete ihr mehr als er ihr nutzte.
    Dann kommt ein Wagen, bremst ab und fährt auf den Rastplatz. Lennox kann in der suppigen Dunkelheit des Sumpfs nichts erkennen. Es sieht aus wie einer mit Vierradantrieb. Er spürt, wie sich jeder Muskel in ihm anspannt, als der Wagen ein Stückchen von ihnen entfernt anhält. Der sieht nicht wie Gingers Wagen aus: Das ist Dearing, da ist er sicher.– Zurück ins Auto, ruft er Tianna zu. Sie gehorcht, und er folgt ihr hastig. Diese Fenster bei der Dunkelheit und die Schatten der Bäume: Er sieht einfach nichts.
    Dann klopft es an die Windschutzscheibe.– Lennox! Was veranstaltest du hier eigentlich?!
    Gingers großes rundes Gesicht taucht vor ihm auf. Tianna japst erschrocken nach Luft, Lennox vor Erleichterung, während er aussteigt.– Ginger! Scheiße, endlich   … Er umarmt den tonnenförmigen Körper vor sich. Ginger hat Dolores mitgebracht. Der Hund, Braveheart, ist hinter ihnen aus dem Wagen gesprungen und kläfft wild. Ihm antwortet eine Art langes, heiseres Knurren aus dem dunklen Dickicht der Mangroven.
    – Ginger?, fragt Dolores mit neugierigem Lächeln, bevor sie Braveheart zurückruft, der neben der Tankstelle herumschnüffelt.
    – Wie viele beschissene Male noch–, blafft Eddie Rogers verärgert, während er sich zu Dolores umdreht, die versucht, den Hund einzufangen.– War ein Witz, ein Scherz, Süße, dann wendet er sich wieder Lennox zu.– Tut mir leid, dass wir spät dran sind. Wir mussten vorher noch   …
    Als Lennox sich umschaut, sieht er Trudi hinten aus dem Dodge steigen. Sie trägt einen langen dunkelblauen Rockund hat ihr Haar offen. Ihre vage tadelnde Haltung vergeht, als er ihr entgegentaumelt.– Ray   …
    – Es tut mir leid, stöhnt er. Es treibt ihn, die Distanz zu ihr zu überwinden, und als er sie in die Arme schließt, spürt er selbst, wie er zittert, während ihre dünnen, sehnigen, aber pythonstarken Arme ihn umschließen und ihr Wohlgeruch ihm durch seine geschlossenen Lider direkt ins Gehirn steigt.– Ich musste doch versuchen, zu helfen. Ich musste mich einschalten. Ich weiß nicht, warum, sagt er, und dann noch mal:– Ich weiß nicht, warum.
    Trudis sanfte Stimme im Ohr, erkennt Lennox, wie sehr er ihren Tonfall liebt, diese typische Art des Edinburgher Mittelstands, jedes einzelne Wort deutlich zu artikulieren.– Es war nicht deine Schuld, das mit Britney Hamil, Ray. Es war nicht deine Schuld.
    – Und wessen Schuld war es dann? Und er muss wieder daran denken, wie er mal vom Unterricht ausgeschlossen worden war, weil er mit einem Feuerwehrschlauch einen Flur unter Wasser gesetzt hatte; damals hatte die Erwiderung seiner entnervten Mutter seinen lahmen Ausreden gegolten: »Wessen Schuld war es denn, wenn nicht deine?«
    – Die der Bestie, die sie umgebracht hat, gurrt Trudi, als läse sie einem Kind eine Gutenachtgeschichte vor,– der war schuld.
    Jetzt hört er Britneys Mum, Angela Hamil, sagen:– Schon gut. Sie haben getan, was Sie konnten   …
    Dann hatte Ray Lennox in grausamer Ehrlichkeit dieser völlig zerschmetterten Frau gestanden:– Hab ich nicht   … ich hab einen Fehler gemacht. Weil ich Sie falsch beurteilt hab. Ich dachte   … Ich hätte es besser wissen müssen! Er hatte sie drei beschissene Tage lang bei sich   … ich hätte sie retten können.
    Und Angela hatte sich mit verhärmtem, schmerzgezeichneten Gesicht von ihm abgewandt.– Nein, hatte sieleise beharrt,– Sie haben Ihr Bestes getan. Ich hab gleich gemerkt, dass Ihnen Britney sehr am Herz gelegen hat.
    Jetzt hört er eine leise, hartnäckige Stimme fragen.– Was?, fragt Tianna.– Was war nicht deine Schuld?
    Seine Schuldgefühle brechen hervor. Er kann das kleine amerikanische Mädchen nicht ansehen. Er weiß, dass er statt ihm dann ein schottisches Mädchen sehen würde. Er drückt Trudi fester an sich.– Er war Abschaum, zischt er gegen ihren grazilen Hals.– Er konnte, wusste es nicht anders. Dann könnte man gleich von ihm erwarten, ein menschliches Wesen zu werden, etwas, das er nie sein kann. Ich war es, ich hätte wissen müssen, dass   …
    – Nein. Du hast deinen Job gemacht, Ray. Du hast versucht zu helfen, sagt Trudi.
    Dann spürt sie jemanden an ihrem Arm ziehen. Es ist Tianna. Sie schaut

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