Crime
brutaler Schmerz lässt ihn glauben, er hätte sich den Arm gebrochen. Er stemmt sich in der Küche an einer Arbeitsplatte hoch, hoppelt in Position und hält die Angelschnur, die seine Handgelenke fesselt, zwischen die Sägezähne eines elektrischen Dosenöffners. Er kann ihn nicht anstellen, aber immerhin unbeholfen sägen. Als er freikommt, raubt ihm der Schmerz in seinem Arm beinahe die Besinnung. Auf seine zerschlagene rechte Hand gestützt, atmet Lennox tief durch und versucht, seinen Herzschlag herunterzudrücken. Dann durchsucht er die Schubladen, findet ein weiteres Messer mit Sägezahnung, bückt sich damit zu seinen Knöcheln und säbelt mit schmerzverzerrtem Gesicht daran herum, bis er frei ist.
Um ihn herum erhebt sich ein schauriges, windverwehtes Heulen und Ächzen des mittlerweile um zwanzig Grad geneigten Schiffs, das quietscht und knarrt, als wolle der Rumpf auseinanderbrechen. Sämtliche Schranktüren auf einer Seite sind aufgesprungen, und Lebensmittelvorräte liegen auf dem Kabinenboden verteilt.
Lennox reibt sich mit seiner pochenden Rechten über den Hinterkopf. Er fühlt eine eiförmige Schwellung, schmerzhaft, aber kein Blut. Der linke Arm tut unerträglich weh; er kann ihn nicht höher als zur Brust anheben. Egal, er spürt, wie die Adrenalinproduktion steigt, hievt sich die Stufen hoch und springt auf den Bug. Johnnie ist über ihm; Oberdeck, Steuerbordseite, mit erhobenem Messer, und bedroht Chet, der sich an die Reling klammert und versucht, sich wieder auf das schräg liegende Boot zuziehen.– Lass mich rauf, oder der Motor brennt durch, warnt er ihn.
Gottlob sind das Amateure, die nicht wissen, was sie tun, tröstet sich Lennox. Widerliche Pädos, klar, aber keine abartigen Mörder wie Horsburgh. Kindesmissbrauch ist ihr kleines Hobby, mehr nicht; sie sind weder auf alle Eventualitäten vorbereitet, noch haben sie Fluchtpläne. Irgendwann reiten sie sich in die Scheiße, wie es früher oder später allen geht, die sich auf kriminelle Machenschaften einlassen, das weiß er aus Erfahrung. Das war wie mit Wetten oder Glücksspiel: jeder größere Gewinn bei seltenen Gelegenheiten beschleunigt nur den nächsten katastrophalen Verlust.
Aber in ihm blubbert der Ekel, und er sehnt sich nach einem befreienden Gewaltausbruch.– Dann los, Fettsack, brüllt er.– Jetzt bist du fällig!
Johnnie dreht sich um und kommt messerschwingend auf Lennox zu, etwas unsicher auf dem schräg liegenden Deck. Lennox sieht, dass alles an ihm Furcht schreit, trotz seines massigen Körperbaus. Er hat diesen masturbierenden Kiffer fälschlich als Schläger aus dem Barrio eingestuft, aber Johnnie ist hier so wenig in seinem Element wie das gestrandete Boot.
Lennox zeigt dem Gegner in klassischer Kampfposition seine Schmalseite und schafft es, seinen linken Arm, obwohl der immer noch schmerzt, zur Deckung hochzunehmen. Er platziert ein paar schlaffe Hiebe, die ihm mehr wehtun als seinem Gegner, doch Johnnie ist schon durch den bloßen Schock des physischen Kontakts wie gelähmt. Er wischt einmal lahm mit dem Messer nach Lennox, aber das bringt ihn aus dem Gleichgewicht und ermöglicht es Lennox, in den Mann zu gehen und ihn mit dem Ellbogen zu erwischen, um seine verletzte Faust zu schonen. Er setzt mit einem Roundhouse-Kick nach und schickt Johnnie zu Boden, wo er kraftlos mit den Armen fuchtelt. Nach einpaar weiteren Schlägen hat Johnnie das Messer fallen lassen und wird systematisch durchgewalkt.– Ich mach hier Ferien mit meiner Verlobten, um BESCHISSENEN ABFALL WIE DICH NICHT SEHEN ZU MÜSSEN . Und dieser Dearing ist auch noch ein verfickter Cop. Sein Fuß knallt ins Gesicht des fetten Kerls, der aufjault wie ein Hund.– Wo ist sie, Johnnie?, Lennox markiert seine Fragen mit Schlägen.– Wo ist Robyn? Wo ist Dearing? Wo ist Starry?
Johnnies Stöhnen kommt kaum gegen das Brüllen der Motoren an. Aber als es abrupt abbricht, hört er ihn heulen:– WEISS ICH NICHT !
Lennox schaut hoch zur Steuerbordseite des Oberdecks: Chet ist aufs Boot zurückgeklettert und jetzt auf der Brücke, wo er den Motor abgestellt hat.
Johnnie winselt jetzt wie ein Hundebaby, während Lennox auf ihm hockt, die verletzte Rechte um Johnnies Kehle, die andere bereit, weiter auf ihn einzuprügeln. Schließlich gesteht Johnnie kläglich:– Robyn ist bei sich zu Haus, und Starry ist bei ihr. Lance trifft sich heut Abend mit ein paar Leuten … im Embassy Hotel … in Miami.
Mit Chets Unterstützung macht Lennox mit
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