Crime
gibt, runter ins Wasser zu klettern.– Niemals!, kreischt er.– Niemals! Ihr wollt mich ertränken!
– Wir sollten dich eigentlich ersäufen, knurrt Chet.
– Ich will nicht sterben!
– Ach, scheiß drauf, sagt Lennox, entledigt sich seiner Turnschuhe, Strümpfe und Hose und steigt die Leiter hinunter ins Wasser des Golfs. Der Kälteschock nimmt ihm fast den Atem. Er guckt an sich herunter auf seine Unterhose und macht sich auf etwas gefasst, stellt aber erleichtert fest, dass sein Fuß ein paar Zentimeter, bevor das Wasser seine Leistengegend erreicht, den schlammigen Grund berührt.– Also los jetzt, ruft er zu Johnnie hoch,– beweg deinen beschissenen Arsch hier runter!
Mit Chets unsanfter Hilfe folgt Johnnie widerwillig. Chet klettert wieder aufs Boot, während Lennox und Johnnie die Taue packen und zu beiden Seiten des Hecks am Boot ziehen. Die Kälte zieht Lennox so in die Knochen, dass er spürt, wie seine Kräfte schwinden. In seinem linken Arm pocht dumpfer Schmerz, seine rechte Hand kann er nicht gebrauchen. Nichts geschieht; das Boot scheint festzustecken. Johnnies quengelige, selbstmitleidige Monologe in Spanisch zerren an seinen zum Zerreißen gespannten Nerven.– Halt die Scheißfresse oder wir lassen dich hier, droht er. Johnnie sieht, dass es ihm bitterernst ist, und verdoppelt seine Anstrengungen.
Ohne jede Vorankündigung kommt das Boot überraschend frei und treibt auch schon an ihnen vorbei. Sie lassen die Taue los und sehen dem Schiff nach, wie es durch die Splitter von Mondlicht auf dem kalten, malvenfarbenen Wasser gleitet. Dann springen brüllend die Motoren an, und Lennox wird ganz mulmig zumute, als das Boot unaufhaltsam davontuckert. Er sieht Johnnie etwa dreieinhalb Meter weiter bis zur Hüfte im Wasser stehen, und beide Männer blicken instinktiv nach den Tauen, die jedoch im dunklen Wasser verschwunden und nicht mehr zu sehen oder zu erreichen sind. Chet hat sie auf der Sandbank zurückgelassen, ausgesetzt, bis die Flut kommt und sie ertrinken werden. Er ist kein besonders guter Schwimmer und bezweifelt, dass er es bis zur Küste schaffen würde, vor allem nicht beim Zustand seines Arms. Johnnie hat keine Chance, es sei denn, man durchtrennte seine Fesseln. Lennox’ Kopf schwenkt hin und her, nach den Lichtern anderer Boote ausschauend, dann nach denen von Hubschraubern über sich. Aber in der trüben Finsternis ist abgesehen vom müden Mond und den schwachen, fernen Lichtern von Bologna nichts zu sehen.
Er fängt Johnnies Blick auf, genau im richtigen Moment, um sich lächerlich vorzukommen, weil sie sich beide in ihrer Angst einen Moment verwandt fühlen. Dann sieht er, dass das Boot in einer Kurve zu ihnen zurückkehrt. Sein Herzschlag normalisiert sich, als er sicher sein kann, dass Chet nur in sichere Entfernung von der Sandbank manövriert und dann vor Anker geht.– Na kommt, ruft er, und dann planschen sie die paar kalten, anstrengenden Meter bis zum Boot und klettern an Bord. Chet hievt Johnnie widerwillig hoch, und sie verstauen ihn unten in der hinteren Schlafkabine. Lennox trocknet sich ab und zieht sich wieder Hose und Schuhe an, bevor sie Fahrt aufnehmen.
Er sitzt neben Chet am Ruder. Trotz der Windjacke, die Chet ihm gegeben hat, ist ihm sehr kalt. Auf dem Meer ist die Nacht jetzt pechschwarz, und er hört nichts außer dem Bootsmotor. Aber Lennox ist unruhig, er hat noch etwas zu tun.
Unten in der Kabine nimmt er den Karton mit den Bändern und sieht sie im schnellen Vorlauf durch. Johnnie ist einer von mehreren Männern, die beim Sex mit diversen Frauen in den üblichen einfallslosen Amateuerpornos zu sehen sind, mit zwei Kameras und immer zwischen Halbnahe und Nahaufnahme hin und her springend. Die Örtlichkeiten scheinen zu wechseln, aber das Boot ist häufig der Drehort, wobei sich die Hauptkabine und das Oberdeck gleicher Beliebtheit erfreuen. In einer Szene sieht er Robyns überspanntes, aber trotzdem hoch konzentriertes Gesicht, während Johnnie sie von hinten fickt. Aber die nächste zeigt eine Latina, die aussieht, als wäre sie zwölf oder dreizehn Jahre alt. Sie felliert zwei Männer, einer davon Johnnie.
Dann entdeckt Lennox einen schmutzigen, schwarzenRucksack neben dem Bett. Er hebt ihn auf und schaut hinein. Einige persönliche Gegenstände verraten Juan Castiliano als den Besitzer. Er fischt eine Blechdose mit mehreren DVD s heraus. Alle sind mit Namen und Daten beschriftet. Er sieht sie durch und spürt, wie er seelisch vereist, als er
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