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Crime

Crime

Titel: Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh , Pößneck GGP Media GmbH
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und fühlt sein Blut pulsieren, als säße sein Herz in seinem Schädel. Er drückt die Spülung und verlässt die Kabine; er stellt sich neben einen der Männer, der sich gerade die Hände wäscht, während der andere noch pinkelt. Er schaut auf das Akkreditierungsschildchen am Kragen des Mannes: C.T. O’ HARA . Ein großer Mann mit vollem Gesicht und einem freundlichen Lächeln. Ehering. Sieht wie ein ganz normaler Dad aus. Als Vertreter selten zu Haus, legt sich krumm, damit die Kinder später mal studieren können. Wer hat dieses Monster geheiratet und schläftjede Nacht neben ihm? Musste seine Frau das nicht merken ? Und warum das überhaupt?
    Der Mann hält seine Hände flüchtig unter das Heißluftgebläse und sagt im Weggehen scherzend zu seinem Kollegen, der sich nun neben Lennox ans Waschbecken gestellt hat:– Du lässt dir die Schoko-Cookies entgehen, Tiger .
    – Als wenn ich das nicht wüsste. Die Jungs haben einen Mordsappetit, grinst Tiger und entblößt eine Reihe überkronter Zähne, während sein Freund hinausgeht.
    Lennox starrt auf die öligen, schwarzen Haare, die höhnischen, reptilienhaften Gesichtszüge und das Namensschildchen, auf dem J.D. CLEMSON steht. Er stellt sich vor, wie er Robyn in einer Bar Drinks spendiert. Stellt ihn sich allein mit Tianna vor   …
    Er winkelt den Arm an, um sich am Schulterblatt zu kratzen, und tritt dabei näher an Clemson heran. Sieht, wie der Kinderschänder mit einem matten, etwas verständnislosen Lächeln aufblickt, bevor Lennox ihm mit Wucht seinen Ellbogen ins Gesicht rammt. Ein befriedigendes Knirschen, gefolgt von einem Aufkreischen, dann schießt Blut hervor und spritzt über das Weiß des Waschbeckens. Lennox ist durch eine schnelle Drehung hinter Clemson und drückt dessen Gesicht auf den Beckenrand, haut es wieder und wieder dagegen. Zähne und Knochen krachen, dann erschlafft der Mann in Lennox’ mittlerweile schmerzfreien Händen und gibt nur noch leise, gurgelnde Laute von sich.– Genieß den Augenblick, sagt Lennox,– denn von hier an kann’s nur schlimmer werden. Dein altes Leben ist zu Ende. Und so sieht deine Zukunft aus.
    Lennox lässt los. Als der blutig geschlagene Clemson langsam abrutscht und versucht, sich wie betrunken am Waschbecken festzuklammern, hilft Lennox mit einem Tritt ins Gesicht nach, der Clemson der Länge nach auf den Boden befördert. Er kann nicht aufhören, ihn zu stiefeln,kann sich nicht losreißen von diesem intimen Moment, aber dann zwingt er sich dazu. Allerdings erst, als sein kompletter Wahrnehmungsapparat von der Einsicht durchzuckt wird, die allen Männern vergönnt sein sollte, bevor sie zu Killern werden– dass dieses Ziel nicht ohne irreparablen emotionalen Abstieg zu erreichen ist.
    So geisterhaft abgeklärt, wie er die Tür öffnet und auf den schmalen Flur schaut, hat er das Gefühl, sich selbst in einem Traum zu beobachten, bei dem die Erzählperspektive von der ersten zur dritten Person wechselt, normalerweise dann, wenn der Albtraum unerträglich wird. Er geht an den Tagungsräumen vorbei. Die Tür zu Key Largo2 ist geschlossen. Er huscht an der halb geöffneten Tür von Key Largo1 vorbei, ohne hineinzuschauen, und das Stimmengewirr von Männern, die bei einer Tasse Kaffee plaudern, plätschert weiter wie gehabt. Dann ein Adrenalinstoß, als ihm klar wird, dass genau im Moment seiner brutalen Attacke die Polizei hätte auftauchen können. Er hastet nach unten, durch die Hotellobby, wobei er vage »Don’t Go« von KC and The Sunshine Band als Hintergrundmusik wahrnimmt, und über den Parkplatz zu seinem grünen Wagen.
    Als er am Flughafen vorbeifährt, muss er wieder daran denken, was Les erlitten hat, und fragt sich, wie er selbst diese Tortur verkraftet hätte. Bei der Polizei zog es ihn immer zur Schwerkriminalität, und wie oft hatte er die Kartei für Sexualstraftäter durchgesehen, weil er hoffte, ihre drei Angreifer wiederzufinden. Immer wieder hatte sein Verstand ihm Streiche gespielt: Manchmal war er überzeugt gewesen, er hätte einen von ihnen wiedererkannt, nur um später wieder sicher zu sein, es wäre jemand anderes. Aber er wusste, dass er alle Sextäter gleichermaßen hasste: jedes einzelne dieser grauenhaften, abartigen Monster. Sie zur Strecke zu bringen, war für ihn das Einzige, was er als wahre Polizeiarbeit betrachtete. Er brauchte den Polizeiapparatnur, um die Machtbefugnisse zu haben, sie schnappen zu können, die echten Verbrecher. Diese Macht war nötig, weil er den

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