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Crime

Crime

Titel: Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh , Pößneck GGP Media GmbH
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Konzentrationslagern zugrunde gegangen sind.
    Eine Brücke teilt den Halbmond und führt als Tunnel zu der Insel und der grünen Hand. Drinnen stehen auf in die Wand eingelassenen Tafeln die Namen der Lager, allgemein bekannte wie Auschwitz und Buchenwald, aber auch solche, die Lennox noch nie gehört hat, wie Belzec, Ponary und Westerbork.
    Anders als in dem Tunnel, der sich so in sein Gedächtniseingebrannt hat, fallen in diesen Streifen aus Sonnenlicht wie Laserstrahlen durch die Decke. Am anderen Ende erwarten sie auf der Insel weitere verwitterte, grüne Zahlen und noch mehr Namen, die in einen weiteren, inneren Marmorkreis eingemeißelt sind. Er fragt sich, ob den Nazis und ihren Erfüllungsgehilfen je in den Sinn gekommen war, dass sie für ein gigantisches Netzwerk von Kinderschändern arbeiteten.
    – Ich muss mit Tianna reden, sagt Lennox zu Trudi.– Versteht ihr doch, oder?, sagt er zu beiden.
    – Okay   …, sagt Tianna,– aber Trudi kann ruhig mitkommen.
    – Wir machen alle Fehler, Ray. Trudi sieht ihn unsicher an.– Wir alle   … Sie stockt, weil sie an diese dumme Nacht denkt, schaut nach unten auf den Grashügel am Weg, die Hände zu Fäusten geballt und kurz davor, irgendetwas zu sagen, aber als sie wieder hochschaut, sieht sie, dass er sich entfernt hat und durch ein Tor traurig die Gedenkstätte verlässt, Tianna neben sich. Trudis erster Impuls ist, ihnen zu folgen, aber irgendetwas in ihr entscheidet sich dagegen, friert ihre Synapsen ein, und sie bleibt wie angewurzelt stehen. Gefährliche Gedanken stürmen auf sie ein. Ray und Tianna waren so lange miteinander allein gewesen. Man machte seltsame Dinge, wenn man allein war. ER war missbraucht worden und hatte es ihr gegenüber nie mit einem einzigen Wort erwähnt. Was mochte er noch für Geheimnisse haben?
    Trudi Lowe bekommt plötzlich Angst. Sie macht sich an die Verfolgung ihres Verlobten. Fragt sich, ob sie ihn wirklich kennt, oder nur seine Fassade, ob sie ihn wirklich besser kannte als den lächelnden Makler mit der breiten Kauleiste aus ihrer Nacht verkrampfter Sexfantasien. Wie gut kennen wir andere wirklich, wenn wir sie nur durch den Filter der eigenen Person sehen können? Sie kommt ans Tor. DieSonne reizt ihre Gesichtshaut wie eine zu lange wirkende Peelingmaske. Sie sieht sich mit zusammengekniffenen Augen in der Gartenanlage um, sieht aber weder Lennox noch Tianna. Die Luft ist vollkommen still und steht in der Hitze.
    Dann kommt sie zufällig auf eine Lichtung, und zu ihrer Erleichterung kommen sie in Sicht, sie sind bei einer Bank stehen geblieben. Sie hört Lennox zu Tianna sagen:– Weißt du noch, als diese Drecksäcke dir was gegeben haben, damit du müde wurdest, und dann mit dir rumgemacht haben, damals auf dem Boot. Das weißt du noch, oder?
    Sie lauscht angestrengt, hält aber Distanz, und sie hört Tiannas stockende Worte:– Ja. Ich hab gedacht, es wär ein Traum, aber es war kein Traum, sagt sie. Starry hat mich hingefahren. Sie haben mir Rohypnol oder so was gegeben. Ich hab dauernd von dem geträumt, diesem Lance Dearing, dass er mich anfasst   … Ich dachte, das wären Träume, und ich wär versaut, weil ich sie hab   … Dearing hat gesagt, er wär Cop und er wüsste, dass ich ein böses Mädchen war, dass er böse Menschen einsperrt   … er würde merken, wenn ich dreckige Gedanken hätte   …
    – Nein, nicht du. Du bist nicht dreckig, sondern die sind es. Diese Leute sind Pädophile. Das sind Kinderschänder. Was machst du, wenn dich einer anfassen will oder dreckige Sachen zu dir sagt?
    – Du gehst weg, oder du rennst weg, sagt sie, auf ihrer Unterlippe kauend.
    – Aye. Und du sagst ihnen, sie sollen sich verpissen, sagt er, und jetzt zittert Lennox, weil er den verschwitzten Schwanz wieder im Gesicht hat, ihn auf der Zunge schmecken kann. Er fährt mit den Fingern über die Bürste unter seiner Nase. Die er hat wachsen lassen, um die Oberlippe zu verstecken. Der Rasen auf dem Spielfeld. Um die Sexbestien abzuschrecken. Der Schnurrbart, der ein bisschen zulaut ›Ich bin ein Mann!‹ schreit.– Du sagst: Verpiss dich, du dreckige Kinderschändersau!
    – Verpiss dich!, ruft Tianna.– Verpiss dich, du dreckige Kinderschändersau! Trudi nähert sich ihnen, berührt ihn am Arm. Er ist so steif und unnachgiebig wie ein Bushalteschild.– Ray   … Lennox dreht sich um, und sie sieht Trauer und etwas, das sie für eine Anschuldigung hält. Er weiß es. Dass ich mit diesem Typ mitgegangen bin. Er

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