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Crime

Crime

Titel: Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh , Pößneck GGP Media GmbH
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Rigipsplatten dranklatschten. Dann zogen sie hohe Schutzmauern um die Wohnanlagen, obwohl sie doch gerade damit warben, dass die Verbrechensrate hier nicht der Erwähnung wert sei. Zum Schluss stellten sie dann ausnahmslos einen Flaggenmast auf, von dem das Sternenbanner herunterschlappte.
    Lennox und Tianna fahren ins Zentrum der Kommune, die etwas etablierter zu sein scheint als die meisten, die in Südwestflorida aus dem Boden geschossen sind. Die Häuser variieren in Form und Größe, viele sind von alten Palmen, Mangroven und auch weniger tropischen Gewächsen umrahmt. Im kleinen Zentrum drängen sich gehobene Einzelhandelsgeschäfte unter den schmiedeeisernen Balkonen zweistöckiger Häuser, die nach dem Vorbild alter Südstaatenstädte wie Savannah, Charleston oder New Orleans gestaltet sind. Richtung Marina wird es dann wieder trister; Armeen von Eigentumswohnanlagen in Reih und Glied hinter struppigen Rasenflächen und Grünstreifen. Lennox kurbelt das Fenster herunter, während sie in der Sonne durch die engen Straßen rollen. Der grüne VW wirkt unter den bulligen SUV s und schicken Cabrios, die hier auf den Straßen regieren, irgendwie fehl am Platz. Angesichts des protzig zur Schau getragenen Reichtums sollte sich Verbrechen eigentlich erübrigen. Hier schien jeder genug Geld zu haben, doch Leute mit Geld hatten oft andere Wünsche. Der verführerischste darunter die Illusion, es wäre nicht nur ihr Geld, das sie vom Rest der Menschheit unterschied.
    Die Straße endet vor einer Mauer mit einer Toreinfahrt, darüber das Schild: GROVE BEACH CLUB AND PRIVATE MARINA .
    – Hier ist es, sagt Tianna aufgeregt.
    Lennox fährt auf den Parkplatz vor einer Reihe von Büros und Geschäften. Die Marina ist gut belegt: Die meisten der festgemachten Boote sind gigantisch, ein paar jungfräulich-unberührte liegen noch in den angrenzenden Werften von Bootsmaklern. Große Blocks mit Eigentumswohnungen überragen den Hafen. Einer ist gerade im Bau, und Hispanos mit Schutzhelmen eilen auf dem Gerüst umher.
    Der Parkplatz ist stark frequentiert. Gerade als sie eine Lücke gefunden haben und ausgestiegen sind, setzt ein schwarzer Porsche, am Steuer ein blonder Weißer mit rotem Hemd und Sonnenbrille, statt anzufahren rückwärts in einen parkenden Laster. Der Porsche erleidet einen kleinen Blechschaden am Heck. Wütend über seine eigene Unachtsamkeit springt der Fahrer heraus und beginnt den Mann im Pick-up anzubrüllen.– Sie Vollidiot! Was zum Teufel   … verdammt, mein Auto!
    Der unfreiwillige Adressat seiner Liebenswürdigkeiten ist ein kleiner, stämmiger Latino in Schutzhelm und Bauarbeiterkleidung, der sich überrumpelt verteidigt:– Aber   … aber   … Sie sind doch rückwärts in mich reingefahren!
    – Das ist doch– kommen Sie mir nicht– Frechheit– wo arbeiten Sie? Die Baustelle da drüben? Der Knorpel im Kehlkopf des Weißen hüpft erregt, während der Mann über die schmale Bucht auf den Neubau zeigt.
    Der Bauarbeiter schaut zu dem emporwachsenden Hochhaus und verstummt.
    Der Weiße entdeckt Lennox und Tianna, die den Wortwechsel verfolgt haben. Lennox wendet sich ab.– Haben Sie das gesehen? Entschuldigen Sie, Sir! Die Impertinenz des Mannes nervt, also bleibt Lennox vor ihm stehen.– Haben Sie das gesehen? Der offene Mund des Kerls ist Ausdruck höhnischer Aggressivität, die einen Gleichgesinnten sucht.
    – Das habe ich. Lennox mustert den Beschwerdeführer bedächtig und schaut dann kurz den Bauarbeiter an. Er nimmt die Sonnenbrille ab, hakt sie in den Kragen seines Ramones-T-Shirts und starrt dann den weißen Kerl grimmig an.– Und ich rate Ihnen dringend, sich bei diesem Herrn zu entschuldigen, sagt er mit einem Nicken in Richtung des Arbeiters.
    Die Autorität in Lennox’ Stimme ist wie eine kalte Dusche für den Mann. Die dunklen Kränze unter den Achseln seines Hemds wachsen um einen Millimeter. Rund um die Sonnenbrille vertieft sich das Rot seiner Gesichtshaut.– Aber ich–
    – Sie benehmen sich daneben. Ich schlage vor, Sie entschuldigen sich, sonst bin ich genötigt, die Sache weiterzuverfolgen.
    – Für wen zum Teufel halten Sie sich–
    Lennox tritt näher an den Mann heran, bis er dessen Augen hinter den getönten Gläsern seiner Sonnenbrille flackern und wässrig werden sieht. Vergewissert sich, dass Wut und Rechthaberei von dem Mann abfallen. Mittlerweile haben sich einige Gaffer dazugesellt.– Ich bin momentan nicht im Dienst. Wenn Sie mich zwingen, dienstlich zu

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