Crimson - Teuflische Besessenheit (German Edition)
verbraucht war.
Über ihrem Bett hing ein Kruzifix, dessen andersartige Form mich zum Nachdenken brachte. Es wies einen kurzen, schrägen Querbalken auf. Ich vermutete stark, dass es nachträglich angebracht worden war, denn der genauere Blick mit meiner Taschenlampe verriet mir, dass dort zuvor ein Bild gehangen haben musste: Der hellere Fleck auf der Tapete bestätigte diese Vermutung.
»Handelt es sich um die Leiche von Emma Garner?«, fragte ich Jerry, der ohne mir auch nur einen einzigen Blick zu schenken aus dem Fenster sah. Er nickte schweigend.
»Das sieht mir wie eine Aufbahrung aus«, stellte ich fest. Ich roch an der Kleidung der Leiche. Ein Geruch von Waschpulver war trotz des Gestanks deutlich wahrnehmbar.
»Dieses Kleid trug sie nicht zum Zeitpunkt ihres Todes. Es scheint ganz frisch gewaschen zu sein. Es wurde ihr wohl später angezogen.«
Die beiden Deputies wurden hellhörig und traten näher heran.
»Ihr beiden könntet euch mal den Rest des Hauses anschauen und nach einem Bild Ausschau halten, das hier hinpasst.«
Ich leuchtete mit der Taschenlampe auf den kahlen Fleck an der Wand.
»Verstanden«, antwortete Jerry, während sie das Zimmer verließen.
Langsam drehte ich die Leiche zur Seite, wobei mich der Geruch beinahe umgebracht hätte. Leichen zu bewegen war mit Abstand das Schlimmste, was man machen konnte, aber ich wollte ihren Rücken begutachten. Ich suchte nach etwas Bestimmten, wobei ich an die Leiche bei der Tanner-Farm dachte.
Ich zog ihr das geblümte Kleid hoch und sah absolut nichts. Keine Spur, auch nicht am restlichen Körper. Ihre Haut war unversehrt, was mir zu denken gab. War dies nicht das Werk Bileams? Handelte es sich hier um einen anderen Mörder oder gar Selbstmord?
Eine gute Frage, wobei Letzteres wohl ausschied, denn viel zu viel sprach dagegen: Die Totenlichter, das frische Kleid, die gefalteten Hände, das seltsame Kreuz an der Wand! Nein, dies war alles in Szene gesetzt und deutete auf einen Ritualmord hin.
Die beiden Deputies kamen wieder herein. Sie schienen fündig geworden zu sein, denn sie zeigten mir ein Bild, dessen goldener Holzrahmen exakt auf die Stelle an der Wand passte.
»Gut gemacht, Jungs«, lobte ich sie.
Das Ölbild zeigte die Kreuzigung Jesu Christi!
»Ruft die Spurensicherung. Die sollen hier alles auf den Kopf stellen. Und richtet ihnen aus, ich brauche die Ergebnisse gestern, verstanden?«
Die beiden nickten, und ich rannte, einer plötzlichen Eingebung folgend, zu Martin.
»Kommen Sie, ich will etwas überprüfen!«
»Aber der Tatort, Sheriff ...«
»Der läuft uns jetzt nicht davon. Wir können gerade sowieso nichts tun. Fahren Sie mich zum Bestatter!«
»Wie Sie wünschen«, seufzte Dohan und stieg in den Wagen.
Wir verließen den Ort des Geschehens und ich schaltete die Sirene an.
»Sehen Sie? Genau wie ich es vermutet habe! Es gleicht exakt der Leiche bei der alten Tanner-Farm!«
Damit zeigte ich Martin das eingeschnittene Wort auf dem Rücken des Toten, dessen Kopf, Hände und Füße ebenso fehlten.
»Was hat dies zu bedeuten?«
»Können Sie Russisch?«
Martin verneinte.
»Ich ebenso wenig. Versuchen Sie, es auf einem Stück Papier festzuhalten. Ich versuche, darüber etwas rauszubekommen.«
Mit Mühe und Not kritzelte er die Buchstaben ab, wobei sein verzerrtes Gesicht seinen inneren Zustand bestens beschrieb.
Martin brachte folgendes zu Papier: Джошуа!
RICHTER
Nach dem Tod Josuas befragten die Israeliten den Herrn: Wer von uns soll zuerst gegen die Kanaaniter in den Kampf ziehen? Der Herr antwortete: Juda soll hinaufziehen; ich gebe das Land in seine Gewalt.
1. Richter Kapitel 1 Vers 1
Wir verließen das Haus des Bestatters, dessen Kommentar »Sheriff, lassen Sie sich Zeit mit der Aufklärung. Früher oder später werden Sie den Täter wohl erwischen, doch bis dahin treibt er mein Geschäft an«, geschmacklich erheblich zu wünschen übrig ließ.
Ich wusste, dass er dies nicht bitterernst gemeint hatte, dennoch empfand ich ein gewisses Unbehagen, da ich in seiner Stimme zumindest einen Funken Wahrheit heraushörte.
Die Deputies warteten bestimmt schon im Police Department von New Rock auf meine Ankunft.
Ich konnte Martin ansehen, dass er nachdachte. Sein Gesichtsausdruck erinnerte mich an, Gott habe ihn selig, Robert Shankle, dessen Panik ihn zur Flucht animiert hatte. Mach jetzt bloß nicht schlapp, Martin, dachte ich mir, während wir in die nächste Straße einbogen.
»Haben wir etwas über den
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