Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
CROMM - Das Dorf findet dich

CROMM - Das Dorf findet dich

Titel: CROMM - Das Dorf findet dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner , Christian Sidjani
Vom Netzwerk:
Verfolgungsjagden konnten hier nicht stattfinden. Sicher gehörte dieser Bereich des Waldes nicht zu den häufig frequentierten Gegenden um das Dorf. Es gab keine erkennbaren Trampelpfade. Nur Wildnis.
    Ein Graben, der im Frühjahr sicher Wasser führte, tat sich plötzlich vor ihnen auf. Franka schätzte die Entfernung und sprang. Sie landete auf weicher Erde und kleine Hölzer brachen unter ihren Schuhen. Madlen kam neben ihr auf und fiel nach vorn. Franka beugte sich vor, um ihr aufzuhelfen.
    Madlen schrie. Franka fuhr erschrocken zurück. Dann stürzte sie sich auf sie und presste ihre Hand auf Madlens Mund. Madlen wand sich in ihren Armen, schlug mit der Hand auf Franka ein, während diese verzweifelt versuchte, Madlen am Schreien zu hindern.
    Madlens Beine bewegten sich nicht, als wären ihre Füße festgewachsen. Franka drehte den Kopf und versuchte zu erkennen, was geschehen war. Was sie sah, drehte ihr den Magen um, Säure stieg in ihrer Kehle nach oben und sammelte sich in ihrem Mund. Sie spuckte eine kleine Fontäne aus Magensäure mit halbverdautem Inhalt aus. Madlen zitterte und brüllte unter Frankas Klammergriff. Ihre weißen Sneakers färbten sich dunkel. Der rechte von der Ferse aus, der linke von vorn. Eine schwarz glänzende Spitze ragte fast zehn Zentimeter aus Madlens Laufschuh. Sie schrie und wand sich immer noch und Franka befürchtete, sie gleich nicht mehr halten zu können.
    »Madlen, still! Sie finden uns! Bitte, sei ruhig, ich helfe dir, aber sei ruhig. Bitte!«, flehte Franka. Ein Wimmern unter ihren Händen. Franka sah Madlen in die Augen, um abzuschätzen, ob sie sie loslassen konnte.
    »Keinen Laut«, zischte Franka. »Denk an dein Baby!« Madlen nickte unter offensichtlich größter Kraftanstrengung. Langsam ließ Franka die bebende Frau los und richtete sich auf. Wieder kam die Magensäure angeschossen und Franka übergab sich im Halbdunkel ins Laub. Sie kam mit Verletzungen nicht gut klar. Und was sie gesehen hatte ...
    Madlen war quasi festgenagelt. Diese Schweine hatten ein mit Eisenspitzen bewehrtes Gitter unter dem Laub vergraben. Madlens rechte Hand und beide Füße hatten sich durch die Wucht des Sprungs aufgespießt. Franka wurde wieder schlecht. Madlen stöhnte ganz merkwürdig. Ein gutturales Geräusch wie von einem Tier. Sie musste sie befreien, bevor die Dörfler kamen. Aber sie hatte keine Ahnung, wie.
    »Madlen, hör zu«, sagte Franka und versuchte ruhig zu klingen, aber es misslang ihr jämmerlich. »Ich muss dich hochziehen. Wir müssen weiter. Die Hand zuerst, okay? Es geht nicht anders.«
    Madlen würgte als Antwort und stieß einen Laut aus, der irgendwo zwischen Gurren und Stöhnen angesiedelt war. Franka suchte den Boden ab und hob ein Holzstück auf.
    »Hier, beiß da drauf«, sagte sie. Madlen reagierte nicht. Franka warf das Holz fort. Wahrscheinlich war das nur Unsinn, den man in Filmen sah. Sie stieg vorsichtig über Madlen, darauf bedacht, nicht in die Metallspitzen zu treten. Dann packte sie Madlens Handgelenk. Kurz überlegte sie, bis drei zu zählen, aber ein Countdown half in diesem Fall nicht. Madlens Haut fühle sich warm und glitschig an. Die Säure stieg und Franka drängte sie zurück in den Magen. Dann riss sie die Hand nach oben. Madlen brüllte. Frankas Arm schnellte nach vorn und blutige Finger verschlossen Madlens aufgerissenen Mund. Sie konzentrierte sich darauf, Madlens Schmerzschreie zu ersticken, nicht wieder zu kotzen, und nicht daran zu denken, dass sie noch zwei Füße befreien musste, die weit schlimmer durchbohrt waren als die vergleichsweise dünne Handfläche ... und selbst wenn sie es schaffte, es war kaum davon auszugehen, dass Madlen noch laufen konnte. Der Schock, der Blutverlust, die vielleicht zertrümmerten Knochen ...
    Eventuell brauchte sie einen anderen Plan. Madlen notdürftig verbinden, im Unterholz verstecken, selbst fliehen, Hilfe holen. Ja, das war besser.
    Äste knackten. Frankas Kopf flog hoch. Sie kamen! Franka glaubte bereits, eine Bewegung zwischen den Bäumen zu erkennen. Madlens Schreie hatten sie angelockt. Jetzt musste sie in Sekunden eine Entscheidung fällen. Kämpfen oder fliehen – was bedeutete, Madlen im Stich zu lassen ... andererseits, welche Chance hatte sie gegen diese Übermacht?
    »Madlen, sie kommen! Ich hole Hilfe, okay? Ich hole die Polizei und die bringen euch alle hier raus! Verstanden?«
    Madlen keuchte vor Schmerzen. Einen Atemzug lang blieb Franka noch stehen, dann rannte sie los. Sie

Weitere Kostenlose Bücher