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CROMM - Das Dorf findet dich

CROMM - Das Dorf findet dich

Titel: CROMM - Das Dorf findet dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner , Christian Sidjani
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die Zellentür. Jakob dachte, er müsste etwas tun, aufspringen und den Mann angreifen. Er müsste versuchen, sich und die anderen zu befreien, aber nun spürte er, dass er nicht nur an den Armen gefesselt war, sondern auch an den Beinen, und dass ihn etwas in dieser sitzenden Position verharren ließ. Er konnte sich höchstens einen Zentimeter bewegen und ging davon aus, dass es Remo genauso ging. Das war kein spontaner Akt gewesen. Das sah nach einem vorsätzlichen Plan aus. Einem Plan, den die Dorfbewohner strikt befolgten.
    Als wollten die Männer ihn bestätigen, brachten sie Martin in die Zelle und hievten ihn auf eine gemauerte Erhöhung rechts von Jakob, keine zwei Meter von ihm entfernt. In einem verstörenden Gleichmut legten die beiden Männer, die ihn getragen hatten, Fesseln an, machten etwas an seiner Taille fest, hoben seine Arme an, nachdem sie an den Ketten befestigt worden waren und zogen weitere Ketten, die mit den Beinen verbunden waren, auf dem Boden durch Eisenringe.
    Während der Prozedur, die etwas Handwerkliches an sich hatte, eine jahrelang einstudierte Abfolge von Anweisungen, leuchtete der dritte Mann zu Jakob und Remo. Kalte, teilnahmslose Augen blitzten ihm entgegen. Der Gesichtsausdruck war nicht zu lesen. Er nickte kurz, aber es schien nicht an sie gerichtet.
    »Hey«, sagte Jakob, »was wollen Sie von uns?«
    Er hatte gleich gewusst, dass es sinnlos sein würde, aber er wollte es trotzdem versucht haben. Der Mann reagierte überhaupt nicht, als er angesprochen wurde. Als wäre die Frage von Jakob niemals ausgesprochen worden. Als existierte sie nur in seinem Kopf.
    Die beiden Männer waren fertig damit, Martin an die Wand zu ketten, ihn dort zu fixieren wie ein eingefangenes Tier. Der eine tippte dem Mann mit der Lampe auf die Schulter. Gemeinsam verließen sie die Zelle, schlossen ab. Währenddessen waren Jakobs Schmerzen schlimmer geworden, seine Lunge brannte so sehr, dass er schreien wollte und es ihm gleichzeitig unmöglich war. Wie das Licht und die Männer um die Ecke verschwanden und die Dunkelheit langsam wieder in alle Winkel kroch, bekam er nicht mehr mit, weil er mit seiner Agonie beschäftigt war. Martin und Remo wurden ihm gleichgültig. Alles wurde gleichgültig. Er wollte nur keine Schmerzen mehr haben. Aber diese Gnade wurde ihm nicht gewährt.
     

 

    Das Licht kippte. Die Sonne sank tiefer. Franka drehte langsam den Kopf. Madlen lag neben ihr, starrte geradeaus wie ein ausgestopftes Tier. Wie lange sie schon hier lagen, wusste sie nicht. Sie traute sich nicht, auch nur den Arm zu bewegen. Franka hatte sich nie überlegt, wie es sich anfühlte, in Lebensgefahr zu sein. Man sah solche Dinge im Fernsehen, aber die waren weit weg, auch wenn es sich um reale Ereignisse handelte. Die Gelähmtheit, die Angst ... jeder Fehler konnte tödlich sein. Dies war kein Computerspiel und man hatte nur ein Leben. Ein einziges.
    »Wir müssen was tun«, flüsterte Franka. Madlens Glasaugen starrten in ihre und für eine Sekunde glaubte Franka, dass Madlen wirklich tot war, vor Schreck gestorben ... dann blinzelte sie.
    »Nein«, wisperte Madlen. »Ich bleibe hier. Bis die Polizei kommt.«
    »Die kommt nicht. Die wissen nicht, wo wir sind.«
    Eine sanfte Brise streifte das Gras, die trockenen Halme rieben sich aneinander und raschelten. Beide Frauen schwiegen sofort und ihre Augen zuckten umher. Waren das Schritte? Franka glaubte, dass sie wirklich vor Schreck draufgehen könnte, wenn sich jetzt plötzlich ein grinsendes Gesicht über sie beugte. Dann schwieg die Wiese und Franka bewegte langsam den Fuß, der ihr eingeschlafen war.
    »Die Polizei kommt nicht, Madlen«, flüsterte Franka. »Wir müssen in den Wald. Da ist wahrscheinlich die Mauer. Wir kippen einen kleinen Baum um und klettern dann an den Ästen hoch. Wie an ner Leiter.«
    Madlen bewegte den Kopf hin und her.
    »Ich bleibe hier, bis Hilfe kommt. Ich bin schwanger.«
    »Im Wald haben wir mehr Chancen. Hier finden sie uns irgendwann. Außerdem kann es sein, dass die uns gar nicht umbringen wollen. Dafür gibt es keine Beweise. Vielleicht wollen sie nur Lösegeld erpressen.«
    »Lösegeld?« Madlen bekam wieder Glasaugen und Franka ahnte, dass sie jetzt etwas tun musste, bevor mit Madlen gar nichts mehr anzufangen war.
    »Ja, Lösegeld! Warum sollten die uns einfach so umbringen, was hätten sie davon?«, sagte Franka. Sie wollte selbst unbedingt daran glauben. Bauern, die beliebige Passanten abfingen, um Lösegeld zu

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