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Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stonehenge
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hartnäckig dabei, dass er nur halb so breit wie die anderen sein
dürfte, weil er den halben Tag der Reise des Mondes symbolisierte. Auch ließ er
eine breitere Lücke in dem äußeren Steinkreis, durch die die Leute
hintereinander in die Tempelmitte gelangen konnten; aber auf seiner schmalen
Spitze war kaum Platz, um die Zapfen für die beiden Decksteine zu meißeln, die
gefährlich wenig Halt haben würden, wie Saban befürchtete.
    Allerdings gingen seine Sorgen in die falsche Richtung.
Das Problem war nicht der Platzmangel, sondern der Pfeiler selbst; denn als das
Gerüst aus Holzbalken aufgetürmt worden war, als der letzte Deckstein Schicht
für Schicht bis zur Spitze des Pfeilers hinaufgewuchtet und über die Rampe
vorgeschoben worden war, bis sein Zapfen genau über dem Loch im Nachbarpfeiler
schwebte, und als dann schließlich die Balken unter dem Stein herausgezogen
wurden, damit er auf seinem vorgesehenen Platz einrastete — zerbrach der
Pfeiler.
    Die Decksteine pflegten mit einem lauten, durch Mark und
Bein gehenden Krachen auf den Pfeilern zu landen, und Saban fürchtete diesen
Moment jedes Mal, weil er Angst hatte, dass entweder der Deckstein selbst oder
der Pfeiler durch die Wucht des Aufpralls zertrümmert würden. Das harte
Gestein wies Verwerfungen auf, brüchige Stellen, die Saban sich manchmal zu
Nutze gemacht hatte, um die Felsblöcke zu formen — aber einige dieser
fehlerhaften Stellen mussten auch tief in dem Gestein verborgen sein — obwohl
sich bisher keiner der Steine jemals verraten hatte. Die fünf Decksteine des
Sonnenhauses und die neunundzwanzig Decksteine des Himmelsrings waren alle
erfolgreich hochgehoben worden; jeder war Stück für Stück in seine richtige
Position geschoben worden, sodass die Löcher auf seiner Unterseite genau mit
den Zapfen auf denen des Pfeilers übereinstimmten. Anschließend landeten sie
zwar mit einem nervenzermürbenden Krachen auf den Pfeilerspitzen, dennoch waren
seither sämtliche Steine heil geblieben — bis auf diese letzte Mondsäule. Sie
stürzte nicht mit ohrenbetäubendem Getöse um, sondern erzeugte ein trockenes,
deutlich hörbares Knacken, das Unheil verkündend von der gegenüberliegenden
Seite des Steinkreises widerhallte.
    Saban verharrte mitten in der Bewegung und wartete auf das
Unheil, aber die Stille dehnte sich aus. Der Deckstein lag genau an der
richtigen Stelle, und der Pfeiler stand noch immer — doch als Saban von den
übereinander gestapelten Holzbalken herunterkletterte, sah er, dass der schmale
Pfeiler einen tiefen Riss hatte, der diagonal über seine Oberfläche lief. Der
Riss begann an der Spitze des Pfeilers und zog sich bis zur Hälfte einer Seite
hinunter. Ein Sklave sprang neben Saban von dem Hebegerüst und steckte einen
Finger in den Spalt. »Wenn der hier nachgibt ...«, sagte er, behielt jedoch den
Rest für sich.
    Wenn der Spalt nachgab, das wusste Saban, würde der
Pfeiler umkippen und der Deckstein herunterstürzten. »Fass ihn bloß nicht an«,
warnte er den Sklaven, und als Camaban an diesem Abend kam, eröffnete Saban ihm
die böse Neuigkeit.
    Camaban betrachtete den Spalt in dem Pfeiler, dann spähte
er zu dem Deckstein hinauf. »Der Pfeiler steht doch, oder etwa nicht?«,
erklärte er.
    »Er steht, ja, aber wie lange noch?«, erwiderte Saban.
»Man müsste ihn ersetzen.«
    »Ersetzen?«, fragte Camaban erstaunt.
    »Wir sollten einen anderen Stein aus Cathallo holen.«
    »Und wie lange wird das dauern?«, verlangte Camaban zu
wissen.
    »Den Stein zu transportieren? Ihn zu formen? Diesen Pfeiler
hier wegzunehmen?« Saban überlegte einen Moment. »Und wir werden erst den
Deckstein von dem schmalen Pfeiler herunterhieven müssen«, sagte er, »was der
Grund ist, warum ich die Plattform gleich stehen gelassen habe.« Er zuckte die
Achseln. »Ich schätze, es könnte bis zum nächsten Sommer erledigt sein.«
    »Nächstes Jahr?«, brüllte Camaban. »Wir wollen diesen
Tempel in drei Tagen weihen! In drei Tagen! Er kann nicht warten! Er ist
fertig, er ist fertig, er ist fertig! Natürlich wird der Stein nicht
umstürzen!« Er schlug mit der flachen Hand gegen den geborstenen Pfeiler, und Saban
wich unwillkürlich zurück, aber der Block zerbrach nicht. Dann klopfte Camaban
mit seinem kleinen Streitkolben dagegen, und danach, weil er Saban ängstlich
zusammenzucken sah, hob er einen der schweren runden Steinhämmer auf, die zum
Behauen der Felsblöcke benutzt worden waren, und schlug mit aller Kraft auf den
Riss.

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