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Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stonehenge
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ursprünglich graue Farbe verlieren und sich
vor Flechten dunkel färben. »Wir könnten mit deiner Mutter sprechen«, schlug er
vor.
    »Sie will nicht mit mir reden«, gestand Leir. »Sie spricht
zu den Göttern, aber nicht mit Menschen.« Er äußerte es voller Groll. »Und
Gundur sagt, es gibt noch einen Grund für die Vernichtung der Sklaven. Er
meint, wenn man ihnen erlaubt, nach Hause zurückzukehren, dann werden sie die
Geheimnisse des Tempelbaus mitnehmen; bald entstehen noch andere Tempel wie
dieser, und Slaol wird nicht mehr zu uns kommen, sondern zu ihnen gehen.«
    Bedrückt starrte Saban auf den grauen Steinstaub am Boden.
»Wenn ich den Sklaven rate wegzulaufen«, sagte er leise, »dann werden die
Speerkämpfer nur noch mehr neue zusammentreiben.«
    »Du kannst überhaupt nichts tun?«, Leir klang empört.
    »Du kannst etwas tun«, erwiderte
Saban. Er wandte sich um und winkte Hanna zu sich; als sie eifrig herbeigelaufen
kam, sah sie ihrer Mutter derart ähnlich, dass Saban der Atem in der Kehle
stockte. Mehr als ein Dutzend Speerkämpfer hatten Saban gefragt, ob sie Hanna
heiraten dürften, und Sabans ablehnende Haltung hatte großen Unmut unter den
jungen Kriegern gestiftet. Hanna, so sagten sie, war nur eine Sklavin, und eine
Sklavin sollte sich geehrt fühlen, wenn sie von einem Krieger umworben wurde -
aber es gab nur einen Krieger, den Hanna mochte, und zwar Leir. Sie lächelte
ihn schüchtern an, dann blickte sie gehorsam zu Saban und senkte den Kopf, so
wie es sich für ein Mädchen gegenüber seinem Vater gehörte. »Ich möchte, dass
du Leir zu der Insel im Fluss führst«, erklärte Saban ihr. »Zu der Insel, die
ich dir vor einem Jahr gezeigt habe.«
    Hanna nickte, obwohl sie etwas verwirrt dreinblickte —
denn sie hatte noch nie zuvor die Erlaubnis erhalten, mit einem jungen Mann in
den Wald zu gehen. Saban kramte in seinem Beutel und holte das kleine Stück abgeschabten
Leders hervor, das die Goldraute umhüllte. »Das hier solltest du mitnehmen«,
sagte er zur Leir, während er die goldene Raute auswickelte, »und du sollst es
in die Astgabel einer Weide legen. Hanna wird dir zeigen, welche Weide ich
meine.« Er drückte seinem Sohn das Gold in die Hand.
    Stirnrunzelnd betrachtete Leir das Stückchen glänzenden
Metalls. »Und was bewirkt das?«
    »Es wird die Dinge ändern«, sagte Saban und hoffte
inständig, dass es stimmte; denn er wusste ja nicht einmal, ob Derrewyn
überhaupt noch lebte — trotzdem hatte das Gold immer Veränderungen
herbeigeführt. Mit der Ankunft des Goldschatzes in Ratharryn hatte etwas Neues
begonnen, und jetzt würde das von Sonne erfüllte Metall abermals Wunder
bewirken. »Hanna wird dir die Zusammenhänge erklären«, sagte Saban zu seinem
Sohn, »denn es wird Zeit, dass du Bescheid weißt.« Er küsste das Mädchen zum
Abschied auf die Stirn, denn er wusste, dass Derrewyns Tochter mit diesen letzten
Worten seiner Obhut entschwand. Saban überließ sie und Leir der Wahrheit — und
betete, sein Sohn würde nicht allzu entsetzt sein, wenn Hanna ihm erzählte,
dass sie die Tochter von Ratharryns erbittertster Feindin war. »Von Hanna wirst
du alles erfahren«, wiederholte Saban. »Und jetzt geht!«
    Er blickte ihnen nach, als sie in Richtung Fluss davonwanderten,
und es fiel ihm wieder ein, wie er selbst vor so vielen Jahren denselben Weg
mit Derrewyn eingeschlagen hatte. Damals war er der Meinung, seine Glückseligkeit
würde niemals enden — später dagegen hatte er geglaubt, er würde niemals wieder
glücklich werden. Er sah, wie Hanna den Arm ausstreckte und Leirs Hand nahm,
und seine Augen füllten sich mit Tränen. Abrupt wandte er sich dem Tempel zu
und sah, zu welch kunstvollen, verschlungenen Mustern sich Licht und Schatten
rings um die hoch aufragenden Steine verbanden; in der Tat hatte sein Bruder
etwas Wunderbares erträumt — aber ihm war jetzt auch klar, wie dieser erhabene
Wunschtraum mehr und mehr in Wahnsinn entartete.
    Saban kehrte wieder zu den Arbeitsbereichen zurück. Es
mussten nur noch zwei Decksteine auf die Pfeiler gehoben werden, zur
Fertigstellung des Gesamtwerks, und dann — und erst dann —, so vermutete Saban,
würde er herausfinden, warum die Götter diesen Tempel gewollt hatten.
     
    Der allerletzte Stein wurde nur drei Tage vor dem Wintersonnenwendfest
platziert. Es war der Deckstein, der auf dem schmalsten Pfeiler des äußeren
Kreises ruhte. Saban hatte sich Sorgen wegen dieses Pfeilers gemacht, denn
Camaban blieb

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