Cromwell, Bernard
Ratharryn angelegt und sich
Fuchsruten ins Haar geflochten, seine Brust war blau vor lauter Tätowierungen,
und er trug einen langen Kampfspeer, geschmückt mit den Federn eines seltenen
Seeadlers; die hatten zu den Geschenken gehört, die ein bewundernder Clanführer
von einer fernen Küste nach Ratharryn schaffen ließ. Leir überquerte den
erhöhten Fußweg und betrachtete die Steine. »Der Tempel wird bis zum
Wintersonnenwendfest fertig sein?«, fragte er seinen Vater.
»Mit Leichtigkeit«, gab Saban sich zuversichtlich.
Leirs Lippen verzogen sich zu der Andeutung eines
Lächelns, dann wies er mit einer Kopfbewegung auf die heilige Straße, wie um
dort einen kleinen Spaziergang vorzuschlagen. Verwirrt folgte Saban seinem Sohn
zurück über den erhöhten Weg. »Camaban sagt, Haraggs Leichnam braucht Blut«,
begann Leir kategorisch.
Saban nickte. »Das ist seine ständige Rede.« Erst an
diesem Morgen hatte Camaban einen wie ein Bündel verschnürten Schwan in den
Tempel gebracht, der erbittert die Steine angezischt hatte, bevor ihm der Hals
umgedreht worden war. Der Tempel stank nach Blut; denn kaum war das Blut des
einen Opfertieres getrocknet, da schleppte Camaban bereits den nächsten
Vierfüßler oder Vogel herbei, um ihn über Haraggs Knochen zu schlachten.
»Und wenn der Tempel geweiht ist«, fuhr Leir grimmig
fort, »dann können wir angeblich darauf hoffen, dass alle Toten, nicht nur
Haragg, durch die Steine wieder ins Leben zurückfinden.«
»Können wir das?«, fragte Saban. Er hatte gedacht, dass
die Toten aus Lahannas Gewahrsam entführt und in Slaols Obhut übergeben werden
sollten; aber es gingen ständig neue und stark voneinander abweichende Gerüchte
darüber um, welche Wirkungen der Tempel zeitigen würde. Je näher der Tag der
Weihe rückte, desto weniger war sich noch irgendjemand sicher, was der Tempel nun
eigentlich bewirkte. Alle wussten, dass der Winter verbannt werden würde, aber
sie erwarteten noch sehr viel mehr. Einige Leute erklärten, dass die Toten
wieder auferständen, während andere behaupteten, nur die Toten, die in den
Tempel gelegt wurden, würden wieder ins Leben zurückkehrten.
»Und um die Toten wieder zu erwecken«, fuhr Leir fort,
»will Camaban noch mehr Blut fließen sehen.« Er blieb neben dem Sonnenstein
stehen und blickte zurück. Ein paar Sklaven polierten die stehenden Pfeiler,
während eine Gruppe von Frauen das Unkraut aus dem Tempelgraben entfernte.
»Diese Sklaven dort werden nicht davonziehen, wenn der Tempel fertig ist.«
»Einige werden hier bleiben«, meinte Saban, »obwohl
Camaban ihnen allen die Freiheit versprochen hat; aber die meisten wollen
sicher wieder heim, falls sie sich noch an ihr Zuhause erinnern können.«
Leir schüttelte den Kopf. »Camaban hat sich letzte Nacht
betrunken«, erklärte er, »und er hat Gundur erzählt, dass ihm eine ganze
Straße von Köpfen vorschwebt, die von der Siedlung bis zum Tempel führen soll.
Es soll ein Pfad der Toten sein, um zu veranschaulichen, wie wir vom Tod
wieder ins Leben zurückgehen.« Sein Sohn blickte Saban eindringlich an. »Er
behauptet, er hätte es geträumt, und Slaol verlangt es ... Gundurs Männer
sollen die Sklaven töten.«
»Nein!«, protestierte Saban entsetzt.
»Sie sollen im Tempel getötet werden, damit ihr Blut den
Boden durchtränkt, dann sollen ihnen die Köpfe abgeschlagen und auf den Wällen
rechts und links des Wegs aufgestellt werden«, fuhr Leir unbarmherzig fort,
»und wir Speerkämpfer sind diejenigen, von denen Camaban verlangt, die Tötung
zu übernehmen.«
Saban zuckte zusammen. Er blickte zu seiner Hütte hinüber,
wo Kilda gerade damit beschäftigt war, ein Feuer anzuzünden, und er sah Hanna
mit trockenem Feuerholz durch die niedrige Tür treten. Das Mädchen sah Leir,
aber sie spürte wohl, dass er mit seinem Vater allein sein wollte - denn sie
blieb mit Kilda vor der Hütte. »Was hältst du von Camabans Vorhaben?«, fragte
Saban seinen Sohn.
»Wenn ich damit einverstanden wäre, Vater, wäre ich dann
zu dir gekommen?« Leir hielt inne und blickte zu Hanna hinüber. »Camaban will
alle Sklaven töten — alle!«
»Und was soll ich deiner Meinung nach dagegen unternehmen?«
»Mit Camaban reden?«
Saban schüttelte den Kopf. »Glaubst du allen Ernstes, er
würde auf mich hören? Da könnte ich ebenso gut versuchen, einem angreifenden
Bären Vernunft beizubringen.« Er strich über den Sonnenstein. Mit der Zeit, so
nahm er an, würden alle Blöcke ihre
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