Cromwell, Bernard
Grunzend und schwitzend ließ er den schweren Hammer wieder und wieder
gegen den Pfeiler krachen, während das Echo jedes gewaltigen Schlags den Tempel
füllte, und immer noch wankte der Stein nicht. »Siehst du?«, rief Camaban, ließ
das Werkzeug fallen, und dann — immer mehr in Rage geratend, wie es jedes Mal
geschah, wenn der Tempelbau auf irgendein Hindernis stieß — schob er sich
zwischen den geborstenen Stein und den Nachbarpfeiler und warf sich mehrmals
mit seinem gesamten Gewicht gegen die fatale Öffnung. »Siehst du?«, schrie er,
und die Sklaven blickten Saban unsicher an.
Der Pfeiler zerbrach nicht. Camaban warf sich ein letztes
Mal mit aller Kraft dagegen, dann umfasste er ihn mit beiden Händen und
versuchte, an ihm zu rütteln. »Siehst du?«, fragte Camaban abermals und zog
seinen Umhang zurecht. »Es hat keine Bedeutung. Der Tempel ist fertig.« Er trat
ein paar Schritte von dem Himmelsring zurück und starrte zu den Decksteinen hinauf.
»Vollendet!« Dieses letzte Wort schrie er triumphierend hinaus, dann drehte er
sich abrupt um und umarmte Saban. »Du hast deine Sache gut gemacht, Saban, du
hast deine Sache sehr gut gemacht. Du hast den Tempel erbaut. Er ist fertig!
Endlich fertig!«, jubelte er und machte ein paar unbeholfene Tanzschritte, dann
ließ er sich auf die Knie fallen und senkte die Stirn auf den Boden, um zu
beten.
Da stand nun alles in seiner Pracht. Jetzt mussten nur
noch die letzte Plattform abgebaut und der Bauschutt der langen Jahre
weggeräumt werden. Die Steine aus Sarmennyn sollten auf dem tiefer gelegenen
Gelände östlich des Tempels bleiben, während man die Holzbalken der Schlitten
bereits zu zwei großen Haufen aufgetürmt hatte, die bei der Tempelweihe
verbrannt werden würden. Diese Feier sollte in drei Tagen stattfinden, und als
Camaban seine Gebete beendet hatte, erklärte er, dass es Zeit würde, die
Sklavenhütten abzureißen und die Holzbretter und das Stroh auf die großen
Scheiterhaufen zu legen. »Hütten brennen ausgezeichnet«, sagte er mit einem
wölfischen Grinsen.
»Wenn ich die Hütten der Sklaven abreiße«, fragte Saban,
»wo sollen sie dann schlafen?«
»Sie werden natürlich freigelassen«, meinte Camaban
wegwerfend.
»Jetzt?«
»Nein, noch nicht«, schränkte Camaban stirnrunzelnd ein.
»Ich möchte ihnen erst danken. Was meinst du, ob ich vielleicht ein Festessen
für sie veranstalten sollte?«
»Sie haben es ganz sicherlich verdient«, bekräftigte
Saban.
»Dann werde ich das vorbereiten«, versprach Camaban
lässig. »Sie werden am Vorabend des Wintersonnenwendfests ein Festessen
bekommen. Ein großes Festessen! Und du kannst die Sklavenhütten am Morgen der
Zeremonie abreißen.« Er ging davon, obwohl er sich immer wieder umdrehte, um
auf die Steine zu blicken.
Leir und Hanna wohnten jetzt in Sabans Hütte. Das Paar war
von der Insel zurückgekehrt, wo Leir die Goldraute in die Astgabel gelegt
hatte; aber von Derrewyn gab es keine Spur, und Saban befürchtete, dass sie tot
war. Leir, alles andere als schockiert über Hannas wahre Abstammung, schien das
Ganze eher aufregend zu finden und bestand darauf, die alten Geschichten über
Cathallo und Ratharryn, über Lengar und Hengall, über Derrewyn und Sannas zu
hören.
»Derrewyn ist nicht tot«, sagte Kilda hartnäckig an dem
Abend, als der Tempel vollendet war. Der Tempel lag leer und verlassen da;
Saban und Kilda gingen Hand in Hand zwischen den dunklen Pfeilern hindurch, die
von silbrigem Mondlicht übergossen waren, sodass die winzigen, in dem grauen
Fels eingebetteten Quarzsplitter wie Spiegelbilder der unzähligen Sterne
glitzerten. Nachts schienen die Steine irgendwie höher zu sein, höher und enger
zusammenstehend, sodass Saban und Kilda das Gefühl hatten, von einer
undurchdringlichen Wand aus Stein umschlossen zu sein, als sie sich zwischen zwei
Pfeilern des Sonnenhauses hindurchzwängten und das Tempelinnere betraten.
Haraggs Knochen lagen irgendwo in der Dunkelheit verborgen, aber der säuerliche
Geruch von Blut hing deutlich in der kalten Nachtluft.
»Wenn man drinnen ist, wirkt der Tempel irgendwie
kleiner«, sagte Kilda.
»Wie ein Grab«, meinte Saban.
»Vielleicht ist es doch ein Totentempel?«, gab Kilda zu
bedenken.
»Und genau das will Camaban«, sagte plötzlich eine harte
Stimme aus dem dunklen Schatten, die Haraggs stinkende Gebeine verbargen. »Er
glaubt, der Tempel wird Leben spenden - aber es ist ein Tempel des Todes!«
Kilda keuchte erschrocken auf, als
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