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Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stonehenge
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Schatten warfen und Aurenna in dem dunklen Herzen des Tempels zu singen
begann.
    Sie sang lange Zeit, und die Leute spitzten die Ohren, um
sie zu hören; denn ihre Stimme war nicht sonderlich kräftig und wurde noch
zusätzlich durch die Barriere der hohen Steinpfeiler gedämpft. Aber diejenigen,
die in unmittelbarer Nähe der Speerkämpfer standen, konnten ihre Worte
verstehen, und sie gaben sie im Flüsterton an die Leute hinten ihnen weiter.
Slaol erschuf die Welt, sang Aurenna, und befahl den Göttern, die Welt zu behüten;
und er schuf die Menschen, dass sie auf dieser Welt lebten; und er schuf die
Pflanzen und Tiere, damit sie den Menschen Schutz und Nahrung lieferten; und am
Anfang dieser Schöpfung gab es nichts als Leben und Liebe und Lachen, denn
Männer und Frauen waren die Gefährten der Götter. Aber einige der Götter
beneideten Slaol, denn keiner von ihnen war so strahlend und so mächtig wie der
Gott der Sonne, und Lahanna hegte den allergrößten Neid von allen; sie hatte
versucht, Slaols strahlende Helligkeit zu dämpfen, indem sie sich vor sein
Gesicht schob. Und als das nichts nützte, hatte sie die Menschen davon
überzeugt, dass sie den Tod bannen könnten, wenn sie nur sie statt Slaol
anbeten würden. Erst daraufhin, sang Aurenna, begann das Elend der Menschheit.
Elend und Krankheit und Plage und Tod waren nicht für immer gebannt - denn
Lahanna hatte gelogen und Slaol sich von der Erde entfernt, um den Winter das
Land verwüsten zu lassen, damit die Menschen wieder seine Macht anerkannten.
    Aber jetzt, sang Aurenna, würde die Welt zu ihren Anfängen
zurückkehren. Lahanna würde sich Slaol unterwerfen, und Slaol würde zur Erde
zurückkehren dann hätten die Not und das Elend doch ein Ende. Es würde keinen
Winter mehr geben und keine Traurigkeit; denn Slaol befände sich wieder an
seinem richtigen Platz, und die Toten wendeten sich nicht Lahanna, sondern
Slaol zu - sie würden in seine strahlende Helligkeit wandern. Aurennas Stimme
klang gedämpft und zischend, schien geisterhaft zwischen den Steinen hervorzudringen.
Wir werden in Slaols Herrlichkeit leben, sang sie, und uns seiner Gunst
erfreuen; mit diesen Worten dehnte sich der Schatten des höchsten Torbogens so
weit aus, dass er den Sonnenstein berührte, und Slaol schwebte direkt über
seinem Tempel - blendend hell und gewaltig und riesig. Die Abendluft wurde
kühler, und die ersten schwachen Böen des Nachtwindes kräuselten die
Rauchfahnen, die von den Feuern aufstiegen.
    Slaol ist der Lebensspender, sang Aurenna, der einzige
Lebensspender, und er wird uns Leben spenden, wenn wir ihm Leben hingeben. Der
Schatten kroch jetzt langsam den Sonnenstein hinauf. Der gesamte Boden zwischen
diesem Stein und dem Tempel war nun in Dunkelheit getaucht, während der Rest
der Hügelflanke noch immer grün im letzten Licht des Jahres schimmerte. Heute
Nacht, sang Aurenna, werden wir Slaol eine Erdenbraut schicken, und er wird sie
uns zurückgeben.
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis Saban diese Worte
aufnahm — dann begriff er plötzlich, welchem Zweck Lallic dienen sollte;
nämlich dem gleichen Zweck, dem Aurenna in dem Meerestempel in Sarmennyn mit
knapper Not entgangen war. Nun musste er also doch die Strafe für seinen
Meineid mit Blut bezahlen. »Nein!«, schrie Saban verzweifelt, und sein Schrei
zerriss die feierliche Stille der Menschenmenge, aber einer der Speerkämpfer
versetzte ihm mit seinem Speerschaft einen kräftigen Schlag gegen den Kopf. Er
schlug Saban zu Boden, der andere Mann presste Saban drohend seine Speerklinge
in den Nacken. Camaban wandte sich bei der Störung nicht um, auch Lallic rührte
sich nicht; und Aurenna fuhr gelassen fort.
    Wir werden dem Sonnengott eine Braut schicken, sang
Aurenna, und wir werden die Braut lebendig zu uns zurückkehren sehen, und wir
werden wissen, dass der Gott uns erhört hat und dass er uns liebt und dass
alles gut werden wird. Die Toten werden wieder auferstehen, sang Aurenna, die
Toten werden tanzen, und wenn die Braut wieder zum Leben erwacht, wird niemand
mehr in der Nacht weinen, und niemand wird mehr vor Trauer schluchzen, denn die
Menschen werden mit den Göttern leben und wie sie sein. Saban wehrte sich
erbittert und versuchte verzweifelt, wieder auf die Füße zu kommen, aber beide
Speerkämpfer drückten ihn mit aller Kraft zu Boden, er sah, dass die Sonne
jetzt hinter dem höchsten Torbogen verborgen war und ihr Licht einen hellen
Strahlenkranz um den Tempel bildete.
    Camaban

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