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Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stonehenge
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Richtung
Siedlung.
    »Nein!«, schrie Saban, noch immer von dem fremdländischen
Speer am Boden festgenagelt.
    »Sei ruhig, kleiner Bruder«, rief Lengar über seine
Schulter zurück. Derrewyn sträubte sich heftig und versuchte, sich aus seinem
Griff zu befreien, aber er versetzte ihr einen harten Schlag ins Gesicht,
sodass die Mädesüßblüten aus ihrem Haar fielen; dann, als er sie gefügig
glaubte, zog er sie erneut mit sich. Wieder versuchte sie verzweifelt, sich von
ihm loszureißen, aber er schlug sie erneut ins Gesicht, diesmal noch härter als
beim ersten Mal, und benommen folgte sie ihm nun. Ihre Mutter, die noch immer
neben ihrem verwundeten Ehemann kniete, protestierte mit schriller Stimme, aber
ein rot bemalter Krieger brachte sie mit einem brutalen Fußtritt vor den Mund
zum Schweigen.
    Und Saban, hilflos und beraubt in dem Himmelstempel,
konnte nichts tun außer Tränen vergießen. Zwei fremdländische Krieger bewachten
ihn. Neel und Morthor, die beiden verletzten Priester, wurden fortgetragen,
während die Leichen von Hengall und Gilan im Mondlicht zurückblieben, wo Saban
wie ein Kind schluchzte. Dann zerrten die Fremdländischen ihn grob auf die Füße
und trieben ihn wie ein Tier zur Siedlung.
    Der Himmelstempel war geweiht worden, aber über Ratharryn
herrschte auf einmal das Böse. Sabans Welt war dunkel und trostlos geworden.
Die Götter schrien wieder.
     
    Die meisten der fremdländischen Krieger bezogen Posten
auf dem hohen Schutzwall von Ratharryn, von wo aus sie die Leute im Inneren der
Siedlung mit ihren kurzen Bögen und scharfen Pfeilen in Schach halten konnten;
aber eine Hand voll fremdländischer Speerkämpfer hielt Wache vor Hengalls
Hütte, in der Lengar Derrewyn schändete. Die Mehrheit der Männer hatte sich bei
Arryns und Mais Tempel versammelt; sie hörten einen dumpfen Schlag, hörten
Derrewyn aufschreien, dann herrschte Stille.
    »Sollten wir sie nicht bekämpfen?«, fragte Galeth' Sohn,
Mereth.
    »Sie sind einfach zu viele«, erwiderte Galeth leise, »zu
viele.« Er wirkte wie ein gebrochener Mann, als er dort in der Mitte des
Tempels saß, den Kopf gesenkt, die Schultern mutlos herabhängend. »Außerdem«,
fuhr er fort, »wenn wir gegen sie kämpfen, wie viele von uns werden dann
sterben? Wie viele werden noch übrig bleiben? Genug, um sich gegen Cathallo zu
behaupten?« Er seufzte schwer. »Ich bin vor Lengar niedergekniet, und deshalb
ist er mein Clanführer ...« Er hielt inne. »Vorläufig.« Dieses letzte Wort kam
so leise über seine Lippen, dass nicht einmal Mereth es hören konnte. Die
Frauen draußen vor dem Tempel weinten um Hengall, weil er ein guter Clanführer
gewesen war, während die Männer im Inneren den Feind auf dem hohen Erdwall
beobachteten. Lahanna starrte vom Himmel herab, unberührt von der Tragödie.
Nach einer Weile schliefen die völlig verängstigten Stammesmitglieder
schließlich ein, obwohl ihr Schlaf immer wieder von Leuten gestört wurde, die
in ihren Albträumen laut aufschrien.
    Kurz vor Tagesanbruch erschien Lengar wieder. Die
Stammesmitglieder erwachten langsam, wurden sich bewusst, dass ihr neuer
Clanführer über schlafende Körper hinwegstieg, um in die Mitte von Arryns und
Mais Tempel zu gelangen. Er war noch immer in das mit Bronzestreifen
geschmückte Wams gekleidet und hatte das lange Schwert in seinem Gürtel stecken
- aber er trug keinen Speer oder Bogen.
    »Es war nicht meine Absicht, Gilan sterben zu lassen«,
begann er ohne jede Begrüßung. Langsam setzten sich die Leute auf und schälten
sich aus den Umhängen, in denen sie geschlafen hatten, während sich die Frauen
außerhalb des Tempelkreises angespannt vorbeugten, um Lengars gedämpfte Worte
mitzubekommen. »Meine Gefährten haben mehr Kampfeifer gezeigt, als ich eigentlich
wollte«, fuhr er bedauernd fort. »Ein Pfeil hätte genügt, aber sie hatten Angst
und dachten, es seien noch mehr nötig.«
    Alle waren jetzt hellwach. Männer, Frauen und Kinder -
der gesamte Stamm - drängten sich innerhalb und außerhalb des kleinen Tempels
schutzsuchend zu einem Haufen zusammen, und alle hörten Lengar zu.
    »Mein Vater«, fuhr Lengar fort, wobei er ein klein wenig
die Stimme hob, »war ein guter Mann. Er hat uns in strengen Wintern am Leben
erhalten, und er hat viele Bäume gefällt, um uns Land zu verschaffen. Wir haben
nur selten hungern müssen, und sein Urteil war gerecht. Für alles das sollte er
geehrt werden, deshalb werden wir einen Grabhügel für ihn aufschütten.«

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