Cronin, Justin
der das tat, was er für seine Pflicht hielt. Bemühte sich, keine Angst
zu haben, obwohl er natürlich welche hatte: Sie spürte, wie er sie in heißen
Wellen ausstrahlte. Er wusste nicht, was mit ihm passieren würde. Sie empfand
zärtliches Mitleid.
»Wer sind Sie?«
»Ich bin niemand«, sagte Lacey, und dann kam der
Dämon auf ihn herab - bevor er auch nur seine Waffe heben, bevor er das Wort
vollenden konnte, das er sprach, als er starb -, und Lacey rannte auf das
Gebäude zu.
Wolgast schwitzte und keuchte, als sie unter dem
senkrecht nach oben führenden Schacht angekommen waren. Ein matter
Lichtschimmer fiel herab. Hoch oben sah er den Doppelstrahl einer
Notbeleuchtung, und noch weiter darüber die unbewegten Blätter eines großen
Ventilators. Der zentrale Belüftungsschacht.
»Amy, Kleines«, sagte er. »Amy, du musst
aufwachen.«
Ihre Lider flatterten und schlossen sich wieder.
Er schob ihre Arme um seinen Nacken und stand auf. Ihre Beine schlangen sich um
seine Taille, aber er spürte, dass sie keine Kraft hatte.
»Du musst dich festhalten, Amy. Bitte. Du
musst.«
Ihr Körper straffte sich, trotzdem würde er sie
mit dem einen Arm halten müssen, und so hätte er nur eine Hand frei, um sich an
der Leiter hinaufzuziehen. O Gott.
Er drehte sich zu der Leiter um und setzte den
Fuß auf die erste Sprosse. Es war wie eine dieser Aufgaben in einem
standardisierten Test. Brad Wolgast trägt ein
kleines Mädchen auf dem Arm. In einem schlecht beleuchteten Belüftungsschacht
muss er eine fünfzehn Meter hohe Leiter hinaufsteigen. Das Mädchen ist nur halb
bei Bewusstsein. Wie kann Wolgast ihrer beider Leben retten?
Dann sah er, wie er es tun könnte. Sprosse für
Sprosse würde er sich mit der rechten Hand hochziehen, dann den Ellenbogen
dieser Hand um die Sprosse schlingen und Amys Gewicht auf dem Knie balancieren,
um die Hände zu wechseln und die nächste Sprosse zu erreichen. Erst die linke,
dann die rechte Hand, immer abwechselnd, und Amys Gewicht hin und her
verlagern, Sprosse um Sprosse, bis sie oben wären.
Wie viel mochte sie wiegen? Fünfzig Pfund? Ein
Gewicht, das im Augenblick des Händewechsels von der Kraft eines Armes
getragen werden musste.
Wolgast begann zu klettern.
Richards hörte an den Schüssen und Schreien,
dass die Glühstäbe jetzt draußen waren.
Er hatte gewusst, was mit Sykes vorging.
Wahrscheinlich würde es mit ihm auch passieren, denn Sykes hatte ihm sein
infiziertes Blut auf die Füße gekotzt. Er bezweifelte, dass er diese Sache bis
zum Ende überleben würde. Hey, Cole, dachte er. Hey, Cole, du Ratte, du
kleiner Scheißer. War es das, was du vorhattest? Ist das deine Pax Americana?
Denn ich sehe hier nur eine Möglichkeit, wie das alles ausgehen kann.
Jetzt interessierte ihn nur noch eins: ein
sauberer Abgang, und eine gute Show zum Schluss.
Der Vordereingang des Chalets war übersät mit
Glasscherben und Einschusslöchern, und die Türen waren halb aus den Angeln
gerissen und hingen schief herunter. Drei Soldaten lagen tot auf dem Boden; es
sah aus, als seien sie im Chaos von den eigenen Leuten erschossen worden.
Vielleicht hatten sie sich sogar absichtlich gegenseitig erledigt, damit es
schneller ging. Richards hob seine Springfield und sah die Waffe an. Wieso
dachte er, dass die Pistole ihm helfen würde? Die Gewehre der Soldaten würden
auch nichts bringen. Er brauchte etwas Größeres. Die Waffenkammer war auf der
anderen Seite des Geländes, hinter den Baracken. Er würde hinübersprinten
müssen.
Er schaute zur Tür hinaus. Zumindest brannten
draußen die Lichter noch. Gut, dachte er. Besser jetzt als später, denn
wahrscheinlich gab es kein Später. Weder für ihn noch für sonst jemanden. Er
rannte los.
Die Soldaten waren überall, sie rannten
versprengt umher und schossen auf nichts und aufeinander. Es gab nicht einmal
den Anschein einer organisierten Verteidigung, geschweige denn einen Angriff
auf das Chalet. Richards rannte, so schnell er konnte, und rechnete jederzeit
damit, eine Kugel abzubekommen.
Er hatte das Gelände halb überquert, als er den
Fünftonner sah. Er stand am Rand des Parkplatzes, nachlässig schräg geparkt,
mit offenen Türen. Er wusste, was darin war.
Vielleicht brauchte er nicht bis zur anderen
Seite zu laufen.
»Agent Doyle.«
Doyle lächelte. »Lacey.«
Sie waren im Erdgeschoss des Chalets, in einem
kleinen, mit Schreibtischen und Aktenschränken vollgestopften Raum. Doyle
hatte sich hier unter einem
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