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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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Der Teufel und Daniel
Webster, und daran, dass er, Wolgast, bei diesem Deal der
Teufel war. Für Doyle war es anders; zunächst mal war er jünger, noch keine
dreißig, ein rotwangiger Farmboy aus Indiana, der mit Vergnügen den Robin für
Wolgasts Batman spielte und ihn »Chief« und »Boss« nannte und einen so unverfälschten
Hang zum altmodischen Midwest-Patriotismus besaß, dass Wolgast tatsächlich
einmal gesehen hatte, wie er bei der Nationalhymne zu Beginn eines
Rockies-Spiels in Tränen ausgebrochen war - bei einer Fernsehübertragung.
Wolgast hatte nicht gewusst, dass es Kerle wie Phil Doyle heutzutage immer noch
gab. Der Junge war zweifelsohne clever und hatte eine glänzende Zukunft vor
sich. Er hatte an der Purdue University studiert und den Zulassungsantrag zum
Jurastudium bereits eingereicht, war dann aber zum FBI gegangen, unmittelbar
nach dem Massaker in der Mall of America: dreihundert unschuldige Menschen
beim Weihnachtsshopping von iranischen Dschihadisten niedergeschossen, der
ganze Horror von Überwachungskameras aufgezeichnet und auf CNN in grausigen
Details wiederholt - an diesem Tag war anscheinend das halbe Land bereit
gewesen, etwas zu unterschreiben, irgendetwas.
    Nach der Ausbildung in Quantico war Doyle ins
Büro Denver zur Terrorismusbekämpfung versetzt worden, und als die Army zwei Außenagenten
gesucht hatte, war er der Erste gewesen, der sich gemeldet hatte. Wolgast
konnte es sich nicht genau erklären. Auf dem Papier sah das Projekt NOAH aus
wie eine Sackgasse, und genau aus diesem Grund hatte er selbst sich für den
Einsatz gemeldet. Vor Kurzem war seine Scheidung ausgesprochen worden - seine
Ehe mit Lila war weniger mit einem Schlag zu Ende gegangen als vielmehr
langsam aufgelöst worden, weshalb er überrascht gewesen war, wie traurig ihn
das faktische Urteil noch machte -, und ein paar Monate herumzureisen, schien
genau das Richtige zu sein, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Bei der
Scheidung hatte er eine kleine Abfindung erhalten - seinen Anteil am Wert
ihres Hauses in Cherry Creek und an Lilas Altersvorsorge von der Klinik -, und
er hatte tatsächlich daran gedacht, beim FBI auszuscheiden, nach Oregon
zurückzugehen und mit dem Geld ein kleines Geschäft aufzumachen, Werkzeug
vielleicht, oder Sportartikel, obwohl er von beidem eigentlich nichts verstand.
Die Leute, die das FBI verließen, landeten immer bei irgendeiner
Security-Firma, aber Wolgast fand den Gedanken an einen kleinen Laden, schlicht
und sauber, mit Baseballhandschuhen oder Sägen im Regal, mit Dingen, deren
Zweck man sofort erkennen konnte, wenn man sie anschaute, viel ansprechender.
Und diese Noah-Sache hatte ausgesehen wie ein Spaziergang - nicht die
schlechteste Art, das letzte Jahr beim FBI zu verbringen, wenn es wirklich
dazu kommen sollte.
    Natürlich hatte sich bald gezeigt, dass es doch
mehr war als Babysitten und Papierkram - sehr viel mehr. Und er fragte sich,
ob Doyle das irgendwie gewusst hatte.
    In Polunsky mussten sie sich ausweisen und ihre
Waffen abgeben, und dann gingen sie zum Büro des Direktors. Polunsky war ein
düsterer Laden, aber das waren sie alle. Während sie warteten, suchte Wolgast
auf seinem BlackBerry nach Abendflügen ab Houston. Einer ging um zwanzig Uhr
dreißig; wenn sie sich beeilten, konnten sie den noch erreichen. Doyle saß
stumm da und blätterte in einer Sports lllustrated, als
säße er im Wartezimmer beim Zahnarzt. Es war kurz nach eins, als die Sekretärin
sie hereinkommen ließ.
    Der Direktor war ein Schwarzer, ungefähr fünfzig
Jahre alt und mit grau meliertem Haar. Die Weste seines Anzugs spannte sich
über die Brust eines Gewichthebers. Er stand nicht auf und reichte ihnen auch
nicht die Hand, als sie hereinkamen. Wolgast gab ihm die Unterlagen, damit er
sie durchsah.
    Als er sie gelesen hatte, blickte er auf. »Das
ist verdammt noch mal das Verrückteste, was ich je gesehen habe. Was zum Teufel
wollen Sie mit Anthony Carter?«
    »Das darf ich Ihnen leider nicht sagen. Wir sind
nur hier, um den Transfer zu übernehmen.«
    »Verstehe.« Der Direktor schob die Unterlagen
zur Seite und verschränkte die Hände auf dem Schreibtisch. »Und wenn ich nein
sage?«
    »Dann würde ich Ihnen eine Nummer geben, die Sie
anrufen können, und der Mann am anderen Ende der Leitung würde Ihnen erklären,
dass es um die nationale Sicherheit geht.«
    »Eine Nummer.«
    »Jawohl.«
    Der Direktor seufzte gereizt, drehte sich mit
seinem Sessel um und deutete durch das breite

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