Cronin, Justin
Fenster hinter ihm. »Gentlemen,
wissen Sie, was das da draußen ist?«
»Ich kann Ihnen nicht ganz folgen.«
Er drehte sich wieder zu ihnen um. Er schien
nicht wütend zu sein, dachte Wolgast. Er war nur ein Mann, der es gewöhnt war,
seinen Kopf durchzusetzen. »Das ist Texas. Zweihundertsiebenundsechzigtausend
Quadratmeilen Texas, um genau zu sein. Und als ich das letzte Mal nachgesehen
habe, war Texas mein Arbeitgeber. Nicht jemand in Washington oder in Langley,
oder wer immer sonst am anderen Ende dieser verdammten Nummer sitzen mag. Anthony
Carter ist ein Häftling in meiner Anstalt, und die Bürger dieses Staates haben
mich damit beauftragt, das Urteil an ihm zu vollstrecken. Und nur ein
Telefonanruf von meiner Gouverneurin wird verhindern, dass ich genau das tue.«
Verdammtes Texas, dachte Wolgast. Das würde den
ganzen Tag dauern. »Das lässt sich arrangieren, Sir.«
Der Mann hielt ihm die Papiere entgegen. »Gut.
Dann arrangieren Sie es.«
Sie holten ihre Waffen am Besuchereingang ab und
gingen zum Wagen zurück. Wolgast rief in Denver an und ließ sich über eine
verschlüsselte Leitung mit Colonel Sykes verbinden. Dann erklärte er ihm, was
passiert war. Sykes war verärgert, aber er versprach, das Nötige zu veranlassen.
Dauert höchstens einen Tag, sagte er. Bleiben Sie da, und warten Sie auf den
Anruf, und dann lassen Sie sich von Anthony Carter die Papiere unterschreiben.
»Nur, damit Sie es wissen: Vielleicht müssen Sie
mit einer Protokolländerung rechnen«, sagte Sykes noch.
»Was soll sich ändern?«
Sykes zögerte. »Ich lasse es Sie wissen.
Besorgen Sie einfach Carters Unterschrift.«
Sie fuhren zurück nach Huntsville und gingen in
ein Motel. Dass der Gefängnisdirektor mauerte, war nichts Neues; so etwas war
schon öfter vorgekommen. Es war eine ärgerliche Verzögerung, aber mehr auch
nicht. In ein paar Tagen, höchstens in einer Woche, wäre Carter im System, und
jeder Hinweis darauf, dass er jemals existiert hatte, wäre vom Angesicht der
Erde getilgt. Sogar der Direktor würde schwören, dass er noch nie von dem Kerl
gehört habe. Natürlich würde sich jemand mit dem Ehemann des Opfers unterhalten
müssen, mit dem Anwalt aus River Oaks, der seine beiden kleinen Töchter jetzt
allein großziehen musste. Aber das war nicht Wolgasts Aufgabe. Man würde einen
Totenschein brauchen, und wahrscheinlich etwas über einen Herzinfarkt und eine
schnelle Einäscherung faseln und darüber, wie die Gerechtigkeit am Ende
gesiegt habe. Letztlich war es auch egal; der Auftrag würde erledigt werden.
Um fünf hatten sie noch nichts gehört. Sie
wechselten die Anzüge gegen Jeans und spazierten die Straße hinauf, um ein
Lokal zum Essen zu finden. Sie entschieden sich für ein Steak-Restaurant in
einem Gewerbegebiet zwischen einem Costco und einem Best Buy. Es gehörte zu
einer Kette, und das war gut: Sie wollten so wenig wie möglich auffallen. Die
Verzögerung machte Wolgast nervös, doch Doyle schien sich nicht daran zu
stören. Ein gutes Essen und ein bisschen freie Zeit in einer fremden Stadt auf
Kosten der Bundesregierung - worüber wollte er sich beklagen? Doyle zersägte
ein gewaltiges Porterhouse, dick wie eine Schiffsplanke, während Wolgast in
einer Portion Spareribs herumstocherte. Als sie bezahlt hatten - mit Bargeld
von einem Bündel neuer Scheine, das Wolgast in der Tasche hatte -, setzten sie
sich an die Bar.
»Glauben Sie, er unterschreibt?«, fragte Doyle.
Wolgast klimperte mit dem Eis in seinem
Scotchglas. »Sie unterschreiben immer.«
»Sie haben ja auch kaum eine Wahl.« Doyle
schaute stirnrunzelnd in sein Glas. »Die Spritze - oder das, was hinter Tür
Nummer zwei ist. Aber trotzdem.«
Wolgast wusste, was Doyle dachte: Was immer
hinter Tür Nummer zwei wartete, es konnte nichts Gutes sein. Weshalb sonst
suchten sie Todeskandidaten, Männer, die nichts mehr zu verlieren hatten?
»Trotzdem.« Er nickte.
Im Fernseher über der Bar lief ein
Basketballspiel, Rockets gegen Golden State, und eine Zeitlang schauten sie
schweigend zu. Das Spiel hatte gerade erst begonnen, und beide Mannschaften
machten einen trägen Eindruck. Sie bewegten den Ball hin und her, ohne viel
damit anzufangen.
»Haben Sie was von Lila gehört?«, fragte Doyle.
»Ehrlich gesagt, ja.« Wolgast machte eine Pause.
»Sie heiratet.«
Doyle machte große Augen. »Diesen Kerl? Den
Arzt?« Wolgast nickte.
»Das ging aber schnell. Wieso haben Sie nichts
gesagt? Mein Gott, hat sie Sie etwa zur Hochzeit
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