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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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Bibel und hatte wahrscheinlich schon
seit seiner Hochzeit keine mehr gesehen. Aber er fand eine Konkordanz im Internet.
    Noahs ganzes Alter ward neunhundertfünfzig
Jahre, und er starb.
    In diesem Augenblick begriff er, welches
Puzzlestück fehlte und was Sykes nicht erwähnt hatte. Natürlich musste es in
seiner Akte stehen. Und es war der Grund, weshalb sie unter allen FBI-Agenten,
die sie hätten nehmen können, ausgerechnet ihn herausgepickt hatten.
    Sie hatten ihn wegen Eva genommen. Weil er hatte
zusehen müssen, wie seine Tochter starb.
     
    Am Morgen weckte ihn das Zirpen seines
BlackBerrys. Er hatte geträumt, und im Traum war es Lila, die ihn zurückrief,
um ihm zu sagen, dass das Baby geboren war - nicht Davids Baby, sondern das,
das von ihm war. Einen Augenblick lang war Wolgast glücklich, aber dann wusste
er wieder, wo er war - Huntsville, das Motel -, und seine Hand fand das Telefon
auf dem Nachttisch und drückte auf die Rufannahmetaste, ohne dass er einen
Blick auf das Display warf, um zu sehen, wer da anrief.
    »Alles okay«, sagte Sykes. »Die Sache ist
geregelt. Besorgen Sie nur Carters Unterschrift. Und packen Sie Ihre Sachen
noch nicht. Vielleicht müssen Sie noch eine Besorgung für uns erledigen.«
    Er warf einen Blick auf die Uhr: 06:58. Doyle
war unter der Dusche. Wolgast hörte das Ächzen des Wasserhahns beim Zudrehen,
und dann rauschte ein Fön los. Nebelhaft erinnerte er sich, dass er gehört
hatte, wie Doyle aus der Bar zurückkam - ein kurzer Schwall von Straßenlärm
durch die offene Tür, eine gemurmelte Entschuldigung. Er hatte auf die Uhr
geschaut und gesehen, dass es kurz nach zwei war, Doyle kam aus dem Badezimmer;
er hatte ein Badetuch um die Taille gewickelt. Die Luft um ihn herum war
feucht vom Dampf. »Gut, Sie sind wach.« Seine Augen glänzten, und seine Haut
war rot von der heißen Dusche. Wie der Kerl es schaffte, die halbe Nacht zu
saufen und dann immer noch auszusehen, als sei er bereit zu einem Marathon, war
für Wolgast unbegreiflich.
    Wolgast räusperte sich. »Wie läuft das
Faseroptikgeschäft?«
    Doyle setzte sich auf das andere Bett und fuhr
sich mit der Hand durch das feuchte Haar. »Sie wären überrascht, wie
interessant diese Branche ist. Die Leute unterschätzen das Faseroptikgeschäft,
glaube ich.«
    »Lassen Sie mich raten. Die mit der Hose?«
    Doyle grinste und wackelte kornisch mit den
Augenbrauen. »Sie hatten alle Hosen an, Boss.« Er legte den Kopf schräg. »Was
ist denn mit Ihnen passiert? Sie sehen aus, als hätte man Sie aus einem
Autowrack gezogen.«
    Wolgast schaute an sich herunter und stellte
fest, dass er in seinen Kleidern geschlafen hatte. Das wurde allmählich zur
Gewohnheit; seit der E-Mail von Lila hatte er die meisten Nächte auf dem Sofa
in seinem Apartment verbracht und ferngesehen, bis er eingeschlafen war, als
komme es ihm nicht mehr zu, ins Bett zu gehen wie ein normaler Mensch.
    »Achten Sie nicht drauf«, sagte er. »Muss ein
langweiliges Spiel gewesen sein.« Er stand auf und streckte sich. »Nachricht
von Sykes. Bringen wir's hinter uns.«
    Sie frühstückten in einem Denny's und fuhren
wieder zurück nach Polunsky. Der Direktor erwartete sie in seinem Büro. Lag es
nur an seiner Stimmung heute Morgen, dachte Wolgast, oder sah der Mann aus, als
habe er auch nicht gut geschlafen?
    »Sie brauchen gar nicht erst Platz zu nehmen«,
sagte der Direktor und reichte ihnen einen Umschlag.
    Wolgast warf einen Blick auf den Inhalt. Es war
mehr oder weniger das, was er erwartet hatte: ein Strafumwandlungsbeschluss vom
Büro der Gouverneurin und eine gerichtliche Verfügung, die Carter als Bundesgefangenen
in ihren Gewahrsam überstellte. Vorausgesetzt, Carter unterschrieb, könnten sie
ihn noch vor dem Abendessen in die Bundeshaftanstalt nach El Reno
transferieren. Von dort würde er nacheinander in drei weitere
Bundesgefängnisse verlegt werden, und seine Spur würde sich immer weiter
verflüchtigen. Irgendwann in zwei oder drei Wochen, höchstens in einem Monat,
würde ein schwarzer Van auf das Gelände fahren, und ein Mann, der dann nur noch
als Nummer 12 bekannt wäre, würde aussteigen und in die Sonne von Colorado
blinzeln.
    Die letzten Dokumente in dem Umschlag waren
Carters Totenschein und ein Obduktionsbericht, beide auf den 23. März datiert.
Am Morgen des 23., heute in drei Tagen also, würde Anthony Lloyd Carter in
seiner Zelle an einem zerebralen Aneurysma versterben.
    Wolgast schob alles wieder in den Umschlag und
steckte ihn

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