Cronin, Justin
der Fernsehsendung?«
Wolgast wusste nicht, wovon Carter redete, aber
das war okay; so hätte Carter Gelegenheit, es ihm zu erklären.
»Welche Sendung meinen Sie, Anthony?«
»Die mit der Frau. Mit den Aliens.«
Wolgast musste kurz nachdenken, dann fiel es ihm
ein. Natürlich: Akte X. Die
lief doch schon seit - na, seit zwanzig Jahren nicht mehr. Carter hatte sie
wahrscheinlich als Kind gesehen, in den Wiederholungen. Wolgast konnte sich
kaum noch daran erinnern, höchstens an die Grundidee: Entführungen durch Aliens
und irgendeine Verschwörung, die alles vertuschen sollte. Das war Carters
Vorstellung vom FBI.
»Ja, die hat mir auch gefallen. Kommen Sie hier
drin gut zurecht?«
Carter spreizte die Schultern. »Sind Sie
hergekommen, um mich das zu fragen?«
»Sie sind clever, Anthony. Nein, das ist nicht
der Grund.«
»Was ist es dann?«
Wolgast beugte sich näher an die Scheibe, suchte
Carters Blick und hielt ihn fest. »Ich weiß Bescheid über diese Anstalt,
Anthony. Über Terrell. Ich weiß, was hier vorgeht. Ich will nur dafür sorgen,
dass man Sie anständig behandelt.«
Carter beäugte ihn skeptisch. »Ganz erträglich,
denke ich.«
»Sind die Wärter in Ordnung?«
»Pincher zieht die Handschellen stramm, aber
meistens ist er okay.« Carter hob die knochigen Schultern. »Dennis ist kein
Freund von mir. 'n paar andere auch nicht.«
Die Tür hinter Carter öffnete sich, und Doyle
kam mit einem gelben Tablett aus der Kantine herein. Er stellte es vor Carter
auf die Theke: ein Cheeseburger mit Fritten, fettglänzend auf einer Lage
Wachspapier in einer kleinen Plastikschale. Daneben stand eine Schokomilch.
»Na los, Anthony.« Wolgast deutete auf das
Tablett. »Wir können reden, wenn Sie fertig sind.«
Carter legte den Hörer auf die Theke und hob den
Cheeseburger zum Mund. Drei Bissen, und das Ding war halb verschwunden. Carter
wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab und machte sich über die Fritten
her. Wolgast sah zu. Carter war völlig konzentriert. Es war, als sehe man einem
Hund beim Fressen zu, dachte Wolgast.
Doyle war auf seine Seite der Scheibe
zurückgekommen. »Verdammt«, sagte er leise. »Der Typ hatte wirklich Hunger.«
»Hatten Sie da unten auch was zum Nachtisch?«
»Ein paar vertrocknete Törtchen. Und Eclairs,
die aussahen wie Hundescheiße.«
Wolgast dachte kurz nach. »Wenn ich's mir recht
überlege - streichen Sie den Nachtisch. Besorgen Sie ihm ein Glas Eistee.
Machen Sie's hübsch, wenn es geht. Motzen Sie es ein bisschen auf.«
Doyle runzelte die Stirn. »Er hat doch die
Schokomilch. Ich weiß nicht mal, ob sie da unten überhaupt Eistee haben. Das
ist wie in einer Scheune da.«
»Wir sind in Texas, Phil.« Wolgast unterdrückte
die Ungeduld in seiner eigenen Stimme. »Glauben Sie mir, die haben Eistee.
Besorgen Sie ihn einfach.«
Doyle zuckte die Achseln und ging wieder hinaus.
Als Carter seine Mahlzeit beendet hatte, leckte er sich das Salz von jedem
einzelnen Finger ab und tat einen tiefen Seufzer. Er griff zum Hörer, und
Wolgast tat es auch.
»Wie geht's, Anthony? Besser?«
Wolgast hörte Carters wässrig schweren Atem
durch den Hörer. Seine Augen glänzten. All die Kalorien, all die
Proteinmoleküle und komplexen Kohlenhydrate trafen seinen Organismus wie ein
Hammer. Es war, als hätte Wolgast ihm einen großen Whiskey spendiert.
»Ja, Sir. Danke.«
»Ein Mann muss etwas Ordentliches essen. Von
Pfannkuchen allein kann man nicht leben.«
Einen Moment lang war es still. Carter leckte
sich langsam die Lippen. Als er wieder sprach, flüsterte er fast. »Was wollen
Sie von mir?«
»Es ist umgekehrt, Anthony.« Wolgast nickte.
»Ich bin hier, um zu erfahren, was ich für Sie tun kann.«
Carter senkte den Blick und betrachtete die
fettigen Überbleibsel seiner Mahlzeit. »Er hat Sie geschickt, nicht?«
»Wer, Anthony?«
»Der Mann der Frau.« Bei der Erinnerung runzelte
er die Stirn. »Mr Wood. Er war schon mal hier. Hat mir erzählt, er hat zu Jesus
gefunden.«
Wolgast erinnerte sich, was Doyle ihm im Wagen
erzählt hatte. Es war zwei Jahre her, und Carter ging es immer noch im Kopf
herum.
»Nein, er hat mich nicht geschickt, Anthony. Ich
gebe Ihnen mein Wort.«
»Ich habe ihm gesagt, es tut mir leid«, sagte
Carter beharrlich, und seine Stimme klang brüchig. »Ich hab's allen gesagt.
Ich sag's nicht mehr.«
»Niemand verlangt es von Ihnen, Anthony. Ich
weiß, dass es Ihnen leidtut. Deshalb habe ich den weiten Weg gemacht, um Sie
zu
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