Cronin, Justin
Darunter lag ein Hohlraum, vielleicht einen Meter tief, und der Inhalt
war mit einer schweren Plastikplane bedeckt. Peter kletterte hinein und zog die
Plane weg. Er sah weitere Container mit Treibstoff und Wasser und ein paar
dicht zusammengeschobene Kisten wie die, die sie unter der Treppe im Kraftwerk
gefunden hatten.
»In diesen zehn sind noch mehr Gewehre«,
erklärte Hollis. »Wir haben nur die kleineren Waffen herausgeholt und nichts,
was explodieren kann. Demo wusste nicht, ob so was nicht von allein in die Luft
fliegen und die Bude hier in Trümmer legen kann. Deshalb haben wir die Explosionswaffen
im Bunker gelassen.«
Alicia öffnete eine der Kisten und nahm eine
mattschwarze Pistole heraus. Sie zog den Verschluss zurück, spähte am Lauf entlang
und drückte ab. Sie hörten das scharfe Klicken des Schlagbolzens auf der
leeren Kammer. »Was für Explosionswaffen?«
»Granaten hauptsächlich.« Hollis stieß mit der
Stiefelspitze gegen eine der Kisten. »Aber die eigentliche Überraschung ist da
drin. Helft mir mal.«
Die andern versammelten sich um das Loch. Hollis
und Alicia stellten sich zu beiden Seiten der Kiste auf und hoben sie auf den
Boden der Garage hinauf. Hollis kniete sich davor und öffnete den Deckel. Peter
hatte weitere Waffen erwartet, und deshalb war er überrascht, als er nur einen
Haufen kleiner grauer Beutel sah. Hollis reichte ihm einen davon. Er wog
vielleicht ein Kilo, und auf der einen Seite klebte ein weißes Etikett mit
einer winzigen schwarzen Schrift. Am oberen Rand standen die Buchstaben »MRE«.
»Das heißt >Meals
Ready to Eat<«, erläuterte Hollis. »Das
sind fertig zubereitete Essensrationen für das Militär. Im Bunker sind
Tausende davon. Du hast da ... mal sehen ...« Er nahm Peter den Beutel aus der
Hand und las die winzige Beschriftung. »>Soja-Hackbraten mit Sauce<. Das
hatte ich noch nicht.«
Alicia nahm einen der Beutel und beäugte ihn
skeptisch. »Hollis, dieses Zeug ist seit rund neunzig Jahren >fertig
zubereitet<. Das kann nicht
mehr genießbar sein.«
Hollis zuckte die breiten Schultern und fing an,
die Beutel herumzureichen. »Viele sind's auch nicht. Aber wenn der Beutel noch
luftdicht ist, kann man es essen. Glaubt mir, das merkt ihr, wenn ihr den
Verschluss aufreißt. Das meiste ist noch ziemlich gut, aber seht euch vor bei
dem Beef Stroganoff. Demo nannte es >fertig vergammelt<.«
Sie zögerten, aber schließlich überwog doch der
Hunger. Peter genehmigte sich gleich zwei: den Soja-Hackbraten und einen
süßen, klebrigen Pudding namens »Mango-Cocktail«. Amy hockte sich auf die Kante
einer Matratze und knabberte misstrauisch an ein paar gelben Crackern und
einer gummiartigen Käseecke. Ab und zu hob sie wachsam den Blick, dann aß sie
vorsichtig weiter. Der Mango-Cocktail war so zuckrig, dass ihm davon ganz
schlecht wurde, aber als Peter sich auf die Matratze sinken ließ, spürte er,
wie die Anspannung sich löste, und er wusste, dass er auf der Stelle
einschlafen würde. Sein letzter Gedanke galt Amy, die an ihren Crackern
knabberte und den Blick durch den Raum huschen ließ, als warte sie darauf, dass
etwas passierte. Aber dieser Gedanke war wie ein Seil in seinen Händen, das er
nicht festhalten konnte, und gleich darauf waren seine Hände leer, und der
Gedanke war weg.
Dann schwebte plötzlich Hollis' Gesicht über ihm
in der Dunkelheit. Peter musste sich erst besinnen, wo er war. Es war stickig
im Zimmer; sein Hemd und seine Haare waren nass geschwitzt. Er öffnete den Mund
und wollte etwas sagen, aber Hollis hielt den Finger an die Lippen.
»Nimm dein Gewehr und komm.«
Hollis hielt die Laterne in der Hand; er führte
ihn hinaus in die Garage. Sara stand vor den Wänden aus Zementblöcken, wo die
Ausfahrttore gewesen waren. Eine kleine Luke war in eine der Mauern
eingelassen: eine Stahlplatte, die auf einer an der Mauer festgeschraubten
Schiene zur Seite geschoben werden konnte.
Sara trat zur Seite. »Sieh mal hinaus«,
flüsterte sie.
Peter drückte die Stirn an die Öffnung. Er
konnte den Wind riechen, die Luft der kühlen Wüstennacht. Der Blick ging auf
die Hauptstraße der Stadt hinaus, auf die Route 62. Auf der anderen
Straßenseite stand ein Häuserblock, ausgehöhlte Ruinen, und dahinter sah er die
sanft gewellte Hügelkette. Bläuliches Mondlicht lag über der Landschaft.
Auf der Straße kauerte ein einzelner Viral.
Noch nie hatte Peter eine dieser Kreaturen so
reglos gesehen. Der Feuerwache zugewandt, hockte die Gestalt auf
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