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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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seine
Schuld, auch wenn er das glaubte. So oft habe ich ihn gefragt: Glaubst du, die
Welt kann von den Menschen vernichtet werden? Aber ich habe ihn nie ganz
überzeugen können, dass es nicht so ist.« Sie deutete mit dem Kopf auf die
Akten. »Er hat sie für dich hinterlassen, weißt du.«
    »Für mich? Wie konnte er sie für mich
hinterlassen?«
    »Für den, der zurückkäme, wer immer es sein
würde. Damit sie wissen, was hier passiert ist.«
    Peter saß schweigend da. Er wusste nicht genau,
was er sagen sollte. In einem hatte Alicia recht gehabt. Sein Leben lang, seit
er aus der Zuflucht gekommen war, hatte er sich gefragt, warum die Welt so
war, wie sie war. Aber jetzt hatte er die Wahrheit erfahren, und es änderte
nichts.
    Amys Stoffhase lag immer noch auf dem Tisch. Er
nahm ihn in die Hand. »Glaubst du, sie erinnert sich daran?«
    »Was sie mit ihr gemacht haben? Ich weiß es
nicht. Vielleicht.«
    »Nein, ich meine an die Zeit davor. Als sie ein
Mensch war.«
    »Ich glaube, sie war immer ein Mensch.«
    Er wartete darauf, dass Lacey mehr sagte. Als
sie es nicht tat, legte er das Kaninchen zur Seite. »Wie ist das, wenn man ewig
lebt?«
    Sie lachte plötzlich. »Ich glaube nicht, dass
ich ewig leben werde.«
    »Aber er hat dich mit dem Virus infiziert. Du
bist wie sie. Wie Amy.«
    »Niemand ist wie Amy, Peter.« Sie zuckte die
Achseln. »Aber wenn du wissen willst, wie es in all den Jahren seit Jonas' Tod
für mich war, dann kann ich dir sagen, es war sehr einsam. Ich bin überrascht, wie einsam.«
    »Du vermisst ihn, nicht wahr?«
    Sofort bereute er seine Worte. Trauer zog über
ihr Gesicht wie der Schatten eines Vogels über einem Feld. »Entschuldige, ich
wollte nicht...«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, es ist ganz in
Ordnung, dass du fragst. Es ist nur schwer, nach so langer Zeit über ihn zu
reden. Aber die Antwort ist: Ja, ich vermisse ihn. Ich möchte meinen, es ist
wunderbar, so vermisst zu werden.«
    Eine Zeitlang saßen sie schweigend im Schein des
Feuers. Peter fragte sich, ob Alicia an ihn dachte und wo sie jetzt wohl war.
Würde er sie und die andern jemals wiedersehen?
    »Ich weiß nicht... was ich tun soll, Lacey«,
sagte er schließlich. »Ich weiß nicht, was ich mit all dem anfangen soll.«
    »Du hast den Weg hierher gefunden. Das ist doch
schon etwas. Das ist ein Anfang.«
    »Aber was ist mit Amy?«
    »Was soll mit ihr sein, Peter?«
    Er wusste nicht genau, wonach er da fragte. Was
er schlicht und einfach wissen wollte, war dies: Was war mit Amy?
    »Ich dachte ...« Er brach wieder ab und schaute
hinüber zu dem Zimmer, in dem Amy schlief. »Hör zu. Ich weiß nicht, was ich
dachte.«
    »Dass du sie alle besiegen könntest, Peter? Dass
du die Antwort hier finden würdest?«
    Er nickte. »Ja. Ich wusste bis eben nicht mal,
dass ich es dachte. Aber - ja, das stimmt.«
    Eine ganze Weile betrachtete sie ihn
nachdenklich. Er fragte sich, ob er langsam verrückt wurde. Wahrscheinlich.
»Sag mir, Peter, kennst du die Geschichte von Noah?«, fragte sie dann. »Ich
meine nicht das Projekt NOAH. Ich meine den Mann.«
    Er kannte den Namen nicht. »Nein, ich glaube
nicht.«
    »Es ist eine alte Geschichte. Eine wahre
Geschichte. Ich glaube, sie wird dir ein wenig helfen.« Lacey richtete sich
auf, und ihr Blick wurde lebhaft. »Also. Einem Mann namens Noah wurde von Gott
aufgetragen, ein Schiff zu bauen, ein großes Schiff. Das war vor langer Zeit.
Warum soll ich ein Schiff bauen?, fragte Noah. Die Sonne scheint, ich habe was
anderes zu tun. Weil diese Welt böse geworden ist, sagte Gott zu ihm, und weil
ich die Absicht habe, eine große Flut zu schicken, um sie zu vernichten und
alles, was darin lebt, zu ertränken. Aber du, Noah, bist ein rechtschaffener
Mann unter den Deinen, und ich will dich und deine Familie retten, wenn du
tust, was ich dir befehle, und dieses Schiff baust für dich und deine Familie
und für alle Tiere, zwei von jeder Art. Und weißt du, was Noah tat, Peter?«
    »Er baute das Schiff?«
    Sie machte große Augen. »Natürlich baute er es!
Aber nicht sofort. Und siehst du, das ist das Interessante an der Geschichte.
Wenn Noah einfach getan hätte, was Gott ihm befahl, würde die Geschichte nichts
bedeuten. Nein. Er hatte Angst, die Leute könnten sich über ihn lustig machen.
Er hatte Angst, er würde das Schiff bauen und die Flut würde nicht kommen, und
dann würde er dastehen wie ein Idiot. Gott wollte ihn auf die Probe stellen,
weißt du, er wollte sehen, ob es jemanden

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