Cronin, Justin
seines Gesichts, das
Blitzen seiner Augen und des offenen Rachens, der hochgerissene Lauf des
nutzlosen Gewehrs, und Alicias Hand, die blitzschnell zum Messer griff - zu
spät. Der Augenblick des Aufpralls, und Alicia, die rückwärts zu Boden fiel.
Die gefräßig drängenden Kiefer des Virais an ihrem Hals.
Hollis war es, der den Schuss anbrachte. Er trat
vor, als der Viral den Kopf hob, bohrte ihm den Gewehrlauf in den Rachen und
drückte ab. Die Kugel verspritzte den Hinterkopf der Bestie an der Wand des
Schlafzimmers. Peter stolperte auf Alicia zu, packte sie unter den Armen und
zog sie weg von der Tür. Das Blut lief in Strömen aus ihrem Hals; dunkelrot
tränkte es ihre Weste. Jemand schrie ihren Namen, immer wieder, aber das war
er vielleicht selbst. Er stemmte sich mit dem Rücken gegen die Wand und drückte
Alicia an seine Brust, er hielt sie zwischen seinen Beinen aufrecht und presste
seine Hände auf die Wunde, um die Blutung zu stoppen. Amy und Sara kauerten
jetzt auch auf dem Boden vor der Wand. Wieder kam ein Viral durch den Vorhang,
und Peter hob seine Pistole und feuerte seine letzten beiden Patronen ab. Die
erste Kugel ging daneben, aber die zweite nicht. Alicia in seinen Armen atmete
jetzt merkwürdig schnappend und keuchend, und überall war Blut, so viel Blut.
Er schloss die Augen und zog sie fest an sich.
Lacey drehte sich um. Babcock hockte über ihr
auf dem Tunneleingang, so groß und schrecklich, wie Gott nur je etwas
geschaffen hatte. Lacey empfand keine Furcht, sondern nur Staunen angesichts
der prachtvollen Werke Gottes, der ein Wesen erschaffen hatte, so vollkommen,
dass es eine ganze Welt verschlingen konnte. Und als sie ihn anschaute, wie er
in seinem machtvollen und schrecklichen Licht leuchtete - heilig wie das Licht
der Engel -, da ging ihr das Herz über in dem Wissen, dass sie sich nicht
geirrt hatte: Die lange Nacht ihrer Wache würde enden, wie sie es vorhergesehen
hatte. Einer Wache, die vor so vielen Jahren an einem feuchten Frühlingsmorgen
begonnen hatte, als sie die Tür des Konvents der Barmherzigen Schwestern in
Memphis, Tennessee, geöffnet und ein kleines Mädchen gesehen hatte.
Jonas, dachte sie, siehst du, dass ich recht
hatte? Alles ist verziehen, und was verloren geht, kann man auch wiederfinden.
Jonas, ich komme jetzt, um es dir zu erzählen. Ich bin so gut wie da.
Sie lief zurück in den Tunnel.
Komm zu mir. Komm zu mir komm zu mir komm zu
mir.
Sie rannte. Sie war dort, aber auch anderswo.
Sie rannte durch den Tunnel und lockte Babcock in den Berg hinein, doch sie war
auch ein kleines Mädchen auf dem Feld. Sie roch den süßen Duft der Erde und
fühlte die kalte Nachtluft auf den Wangen, sie hörte die Stimmen ihrer
Schwestern und ihrer Mutter in der Tür, die riefen: Lauft,
Kinder, lauft, so schnell ihr könnt.
Sie lief durch die Tür und weiter durch den
Korridor mit den summenden Lampen in den Raum mit der fahrbaren Trage und den
Bechergläsern und Batterien, mit all den kleinen Dingen aus der Alten Welt mit
ihren schrecklichen Blutträumen.
Sie blieb stehen und wandte sich zur Tür zurück.
Und da war er.
Ich bin Babcock. Einer der Zwölf.
Genau wie ich, dachte Schwester Lacey, als der
Timer hinter ihr auf 0:00 sprang und die Atome im Kern der Bombe in sich
zusammenfielen. Und ihr Geist füllte sich für alle Zeit mir dem reinen, weißen
Licht des Himmels.
69
Sie war Amy, und sie war etwas Besonderes. Sie
war wie die Zwölf, aber sie war auch anders. Sie war das Mädchen von Nirgendwo,
die, die von weither kam und tausend Jahre lebte. Amy der Heerscharen, das Mädchen
mit den Seelen in sich. Sie war Amy. Sie war Amy. Sie war Amy.
Sie war die Erste, die wieder auf den Beinen
war. Nach dem Donnern und dem Beben, nach dem Zittern und dem Dröhnen. Laceys
kleines Haus hüpfte wie ein bockendes Pferd, wie ein winziges Boot auf hoher
See, und alles schrie und brüllte durcheinander, kauerte an der Wand und hielt
sich irgendwo fest.
Aber dann war es vorbei. Die Erde unter ihnen
kam wieder zur Ruhe. Die Luft war voller Staub. Alle husteten und keuchten und
wunderten sich, dass sie noch lebten.
Sie lebten.
Sie führte Peter und die andern hinaus, vorbei
an den Leichen, ins Licht des Morgens, wo die Vielen warteten. Die Vielen, aber
nicht mehr Babcocks Viele.
Sie waren überall, ein Meer von Gesichtern und
Augen. Sie kamen ihr entgegen in gewaltiger Zahl, strömten ins Sonnenlicht des
Morgens, und sie spürte die Leere in ihnen, wo der Traum
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