Cronin, Justin
festbinden«, sagte Peter.
»Peter, die Wunde ist zu tief.« Sara schüttelte
verzweifelt den Kopf. »Es kommt nicht mehr darauf an.«
»Hollis, gib mir dein Messer.«
Er sagte den andern, was sie tun sollten, und
dann schnitt er Laceys Bettwäsche in lange Streifen und drehte sie zusammen.
Sie banden Alicias Hände und Füße an die Bettpfosten. Sara meldete, dass die
Blutung nachließ: ein bedrohliches Zeichen. Alicias Puls war schnell und
schwach.
»Wenn sie überlebt«, warnte Greer vom Fußende
des Bettes her, »werden diese Bettlaken sie nicht halten.«
Aber Peter hörte nicht zu. Er ging ins vordere
Zimmer, wo er seinen Rucksack zurückgelassen hatte. Die Stahlkassette war noch
darin, zusammen mit den Spritzen. Er nahm eine der Ampullen heraus, kehrte ins
Schlafzimmer zurück und gab sie Sara.
»Gib ihr das.«
Sie nahm die Ampulle und betrachtete sie.
»Peter, ich weiß nicht, was das ist.«
»Das ist Amy«, sagte er.
Sie gab Alicia die halbe Ampulle. Sie warteten
den ganzen Tag und bis tief in die Nacht hinein. Alicia war in eine Art
Dämmerzustand versunken. Ihre Haut war trocken und heiß. Die Blutung an ihrem
Hals war gestoppt, die Wunde sah violett und entzündet aus. Hin und wieder
schien Alicia kurz aufzuwachen; dann stöhnte sie und schloss die Augen sofort
wieder. Die Leichen der Virais hatten sie zu den andern hinausgebracht. Sie
waren rasch zu grauer Asche zerfallen, die immer noch durch die Luft wirbelte
und alles bedeckte wie eine schmutzige Schneeschicht. Morgen früh, dachte
Peter, würden sie alle verschwunden sein. Michael und Hollis hatten die Fenster
mit Brettern vernagelt und die Tür wieder eingehängt, und als es dunkel wurde,
verbrannten sie die Trümmer der Kommode im Kamin. Sara vernähte die
Schnittwunde an Greers Kopf und legte auch ihm einen Verband aus
Bettlakenstreifen an. Sie schliefen abwechselnd, und immer wachten zwei an
Alicias Bett. Peter wollte die ganze Nacht bei ihr bleiben, aber schließlich
überwältigte ihn die Erschöpfung, und er schlief auf dem kalten Fußboden neben
dem Bett.
Gegen Morgen begann Alicia, an den Fesseln zu
zerren. Ihre Haut hatte alle Farbe verloren, und die Augen unter den Lidern
waren rot verfärbt von geplatzten Blutgefäßen.
»Gib ihr noch mehr.«
»Peter, ich weiß nicht, was ich da tue«, sagte
Sara. Sie war erschöpft und zermürbt wie alle andern. »Es könnte sie umbringen.«
»Tu es!«
Sie spritzten ihr den Rest aus der Ampulle.
Draußen schneite es wieder. Greer und Hollis zogen los, um sich im Wald
umzusehen, und kamen eine halbe Stunde später halb erfroren zurück. Es gehe
jetzt richtig los, sagten sie.
Hollis nahm Peter beiseite. »Mit dem Proviant
wird es ein Problem geben«, sagte er. Sie hatten sich Laceys Speiseschrank
angesehen: Die meisten Einmachgläser waren zerschlagen.
»Ich weiß.«
»Da ist noch etwas. Ich weiß, dass die Bombe
unterirdisch explodiert ist, aber radioaktive Strahlung lässt sich nicht
ausschließen. Michael sagt, zumindest im Grundwasser. Er meint, wir sollten
nicht viel länger hierbleiben. Da ist irgendein Gebäude auf der anderen Seite
des Tals. Anscheinend gibt's da einen Höhenkamm, über den wir nach Osten gehen
können.«
»Was ist mit Lish? Wir können sie nicht
transportieren.«
Hollis zögerte. »Ich sage nur, wir könnten hier
irgendwann festsitzen. Dann kommen wir wirklich in Teufels Küche. Halb
verhungert in einem Schneesturm brauchen wir es gar nicht erst zu versuchen.«
Hollis hatte recht, und das wusste Peter.
»Willst du es dir ansehen?«
»Sobald der Schnee nachlässt.«
Peter nickte zustimmend. »Dann nimm Michael
mit.«
»Ich dachte an Greer.«
»Er sollte hierbleiben«, sagte Peter.
Hollis schwieg kurz. Er verstand, was Peter
meinte. »Okay«, sagte er.
Im Laufe der Nacht hörte das Schneetreiben auf,
und als der Morgen kam, war der Himmel klar und hell. Hollis und Michael
packten ihre Ausrüstung zusammen und machten sich marschbereit. Wenn alles
gutginge, meinte Hollis, würden sie bis zum Abend zurück sein. Aber es könnte
einen vollen Tag dauern. Im Schnee vor dem Haus umarmte Sara erst Hollis, dann
Michael. Greer und Amy waren drinnen bei Alicia. In den letzten vierundzwanzig
Stunden, seit sie ihr die zweite Dosis des Virus gespritzt hatten, war ihr
Zustand anscheinend gleich geblieben. Aber sie hatte immer noch hohes Fieber,
und ihre Augen sahen jetzt schlimmer aus.
»Lass es nur nicht ... allzu lange dauern«,
sagte Hollis leise zu Peter. »Das
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