Crossfire 1: Kontakt
Möchtegern-Kollaborateur?
Er durfte es sich nicht erlauben, so zu denken.
»Franz nicht?«, fragte Karim. »Er wird dabei sein
wollen.«
Und wahrscheinlich hat er sich das Recht dazu erworben, dachte Jake. Aber er sah keinen Nutzen darin, einen Soldaten
dabei zu haben, selbst wenn es ein tapferer und der Situation
entsprechend schnell handelnder Soldat war. Wenn sich in dem Schiff
oder Boot Pelzlinge befanden, war jede Anwendung von Gewalt, wie den
Menschen inzwischen klar geworden war, nutzlos. Und wenn sich in dem
Schiff Ranken befanden, war die Anwendung von Gewalt nicht
nötig.
»Nein, Franz nicht. Sag ihm, er soll bei den anderen bleiben
– auf meinen ausdrücklichen Befehl«, fügte Jake
noch hinzu. Selbst Karim musste die Bitterkeit in seinem Tonfall
herausgehört haben, denn der junge Physiker blickte ihn
erschrocken an, ehe er loslief.
In Ordnung, Holman. Halt deinen Sarkasmus zurück. Keine
theatralischen Auftritte mehr.
Er sah das Boot landen, das inzwischen vertraute matte Metallei,
das sich durch den Eintritt in die Atmosphäre nicht
schwärzte und den Boden, wo es landete, nicht versengte.
Pelzlings-Technologie. Als das Schott geöffnet wurde und sich
die Rampe herabsenkte, standen Karim und George neben ihm. Beide
waren in behelfsmäßige Tuniken gekleidet, die sie aus
Decken zusammengeschnitten hatten. Sie sahen aus wie ungewaschene
Eingeborene, noch weniger fähig, für sich selbst zu sorgen
als jene veränderten Fremdwesen, die sie enteignet hatten.
Ranken oder noch mehr Pelzlinge?
Es waren Ranken. Sie rollten in ihren kuppelüberwölbten
Fahrzeugen die viel zu steile Rampe herab und sahen genau so aus wie
die Ranken, die auf Greentrees gestorben waren. Hatten sie
Übersetzer in ihren Wagen? Wenn dem so war, so waren sie bisher
noch nicht auf Englisch programmiert. Wenn nicht… Jake
beschloss, sich über das »wenn nicht« Gedanken zu
machen, wenn es nötig sein sollte. Er trat vor.
»Hallo. Ich bin Jake Holman, ein Mensch. Wir sind friedlich.
Hallo.«
Die Wagen hielten an. Dann rasten zwei von ihnen zurück ins
Raumboot, der dritte blieb stehen.
Jake trat langsam näher heran. Karim und George passten sich
seinem Tempo an. Dann ließ sich Jake ebenso langsam drei Meter
von der Ranke entfernt auf den felsigen Untergrund nieder. Also alles
noch einmal so wie auf Greentrees. Mit den Ranken zusammensitzen, in
gemeinschaftlichem Schweigen, wie Shipley sie gelehrt hatte. Dann,
morgen oder am Tag darauf, anfangen zu sprechen, leise und
ausdauernd, bis die Übersetzer genug englische Vokabeln und
Grammatik gesammelt hatten und die Ranken antworten konnten. Und bis
die Ranken genug Vertrauen zu den Menschen gefasst hatten, um sich
auf ein Gespräch einzulassen. Danach das Gespräch
fortsetzen, während das gegenseitige Vertrauen wuchs.
Dann die Lügen erzählen, durch die die Ranken einen
ganzen Planeten des eigenen Volkes verlieren sollten.
Genau so kam es auch.
Bei Sonnenuntergang rollte die Ranke zurück in das Raumboot
und schloss das Schott. Jake war bis auf die Knochen durchgefroren,
trotz der zusätzlichen Decken, die Gail ihnen gebracht hatte. Er
war vom bloßen Herumsitzen viel erschöpfter, als er es je
für möglich gehalten hätte. Steif stand er auf und
ging in die Hütte. Er freute sich sehr über das Feuer.
Seine Hände und Füße waren schon ohne
Gefühl.
»Wie geht es Dr. Shipley?«, fragte er Gail.
»Das weiß ich nicht. Er schläft viel und klagt
wenig, aber mehr kann ich nicht sagen. Ich weiß nicht, worauf
ich achten soll. Iss was, Jake. Wir haben uns bisher nur an das
graugrüne Zeug herangetraut, aber warm ist es ein wenig
genießbarer.«
Ein Rost aus frischem Holz überspannte das Feuer und war von
der graugrünen Speise bedeckt. Nan wendete die Brocken mit einem
angespitzten Stock. Jake bekam eine grobe Holzschale gereicht und
aß mit den Fingern. Nan wich seinem Blick aus. Sie wirkte
schuldbewusster, als er es je für möglich gehalten
hätte.
»Die Dämmerung hier dauert sehr viel länger als die
auf Greentrees«, stellte Karim fest. »Das spricht
dafür, dass wir uns nicht am Äquator dieses Planeten
befinden. Ich frage mich, ob das hier jetzt Winter oder Sommer
ist?«
»Sommer würde ich sagen«, befand George.
»Zumindest danach zu urteilen, wie viele Pflanzen Blätter
tragen oder sogar in Blüte stehen.«
»Dann ist es gut, dass wir nicht im Winter hier ausgesetzt
wurden. Ich bin ganz durchfroren.«
»Von jetzt an muss jeder vorsichtig sein, was er
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