Crossfire 1: Kontakt
Dr.
Shipley und Nan schliefen noch immer, ahnungslos, in der Mitte der
Kammer liegend.
Gail achtete darauf, dass niemand das Erbrochene einatmete. Zum
Glück war sie nicht zimperlich, zumindest nicht, was Menschen
betraf. Nach einer Zeitspanne, die ihr wie eine Ewigkeit vorkam,
hörten alle außer Jake mit dem Kotzen auf und fielen in
einen unruhigen Schlummer. Gail glaubte, das Schlimmste wäre
vorüber.
Dann fing Jake, der vor Fieber zu glühen schien, lautstark an
zu halluzinieren. »Du hast Mrs Dalton umgebracht!«, rief
er.
Mrs Dalton? Wer war das? Jake versuchte, sich aufzusetzen. Sein
Gesicht war vor Entsetzen verzerrt, und sein Körper zitterte vor
Fieber und Furcht. Gail drückte ihn wieder zurück auf den
Boden. »Jake, halluziniere nicht so laut! Was, wenn sie uns
belauschen?«
»Du hast Mrs Dalton umgebracht!«, schrie er, und dann:
»Ich habe nur versucht, Mira City zu retten!«
Gail versuchte, sein Gerede zu übertönen, indem sie so
laut wie möglich rief: »Ich brauche Wasser, verdammt noch
mal!« Was allerdings auch der Wahrheit entsprach. Sie rief
weiter, bis Jake verstummte.
Zu ihrer Überraschung wurde die Luke geöffnet, und ein
Pelzling trat ein. Er brachte eine Schüssel Wasser.
Gail zuckte zurück, aber der Pelzling ignorierte sie. Er trat
einige Schritte in den Raum, hielt an, starrte auf die Schüssel,
sah sich um, starrte wieder auf die Schüssel, hielt wieder
inne.
Gail hatte noch nie erlebt, dass sich einer der raumfahrenden
Pelzlinge so verhielt. Und dieser hier war unbewaffnet. Die
raumfahrenden Pelzlinge trugen stets Waffen bei sich oder wurden von
anderen Pelzlingen mit Waffen begleitet. Dieser hier stand wehrlos
mitten im Raum. Vorsichtig erhob sich Gail, trat näher an ihn
heran und nahm ihm die Schüssel aus den Händen.
Der Pelzling zog die Lippen von den Zähnen zurück. O
Gott, er ist wütend… Aber die Lippen bebten, die Haut
um die Augen zuckte, und der kräftige Schwanz zitterte. Er sah
aus, als ob er… Es waren Außerirdische, aber einen
verrückten Moment lang war Gail sich sicher, dass das Ding lachte.
Der Pelzling drehte sich um und ging wieder auf diese eigenartige
Weise zurück zur Luke, als hätte er Schwierigkeiten, sich
daran zu erinnern, was er eigentlich hier gewollt hatte. Der Schwanz
zitterte wieder. Die Kreatur torkelte durch die Öffnung. Gail
setzte hart die Schüssel ab und kümmerte sich nicht darum,
dass ein volles Drittel des Wassers auf den Boden schwappte. Sie
erwischte die Luke, kurz bevor sie sich vollständig schloss, und
hielt sie mit der Hand auf.
Mit klopfendem Herzen wartete sie darauf, dass die Luke
kräftig zugeschlagen oder zornig wieder aufgerissen wurde.
Nichts dergleichen geschah. Nach einem langen Augenblick streckte sie
den anderen Arm nach Karim aus, der der Luke am nächsten lag.
Ihre Finger erreichten gerade eben ein Stück verschmierten
Stoffs, mit dem sie ihm zuvor das Gesicht abgewischt hatte. Gail
verzog angewidert das Gesicht. Sie faltete das Tuch ein paar Mal und
steckte es zwischen Luke und Rahmen.
Der Pelzling war infiziert gewesen.
»Sie werden glücklich sein«, hatte Jake
versprochen. »Träumen in der Sonne«, so hatten
die Ranken es ausgedrückt. Aber auf Gail hatte dieser
Außerirdische sturzbetrunken gewirkt. Vielleicht war das nur
das erste Stadium. Zu schade, dass dies nicht auch bei den Menschen
das erste Stadium gewesen war. Ein Haufen kichernder Kameraden
hätte weit besser gerochen als ein Haufen kotzender
Fieberkranker.
Gail wischte das kostbare Wasser auf, das sie verschüttet
hatte, und wrang schmutzige Stoffstreifen damit aus, um sie erneut
benutzen zu können. Mit dem sauberen Wasser, das in der
Schüssel verblieben war, wischte sie die Gesichter der fünf
Kranken ab. Sollte sie ihnen auch Wasser zu trinken geben? Aber sie
wusste nicht, ob dieses Wasser wirklich trinkbar war. Besser
nicht.
Sie kroch durch den Raum und untersuchte noch einmal jeden ihrer
Kameraden. Alle lebten noch. Bei Lucy schien das Fieber ein wenig
abgeklungen zu sein, aber das war wahrscheinlich nur Wunschdenken.
Dr. Shipley und Nan schliefen immer noch wie tot. Wie lang würde
ihr künstliches Koma andauern? Hatte Jake überhaupt danach
gefragt?
Gail schüttelte den Kopf und versuchte, an etwas anderes zu
denken, und sie überlegte, was sie tun konnte. Solange sie sich
beschäftigt hielt, würde sie klarkommen. Aber ihr fiel
nichts mehr ein, was sie tun konnte als dazusitzen und auf die offene
Luke zu starren, bis sie
Weitere Kostenlose Bücher