Crossfire 1: Kontakt
Vernunftbegabte Außerirdische auf
Greentrees und fünfzehn Zentimeter Grenzabweichung. Jake konnte
darüber nur den Kopf schütteln.
Schließlich hob der Gleiter ab, und sie waren auf den Weg
zum Dorf.
Jake hatte Greentrees bisher noch nie aus niedriger Flughöhe
gesehen. Er war viel zu beschäftigt gewesen, um das Lager zu
verlassen. Der zweiundzwanzig Stunden und sechzehn Minuten lange Tag
neigte sich allmählich dem Ende zu. Lange, kühle Schatten
schoben sich über dem Bodenbewuchs. Für dessen blauviolette
Färbung war eine Substanz verantwortlich, die dem Sehfarbstoff
Rhodopsin ähnelte. So hatte George Fox es erklärt. Die
damit verbundenen biologischen Abläufe erinnerten mehr an
Bakterien, die Sonnenlicht in Energie umwandelten, als an das
Chlorophyll irdischer Pflanzen. Alle Pflanzen auf Greentrees
beinhalteten diese Substanz und erhielten dadurch ihre entrückte
violette Färbung.
Aus dem Bodenbewuchs erhoben sich die schmalen Bäume wie
elegante Turmspitzen. Der breite Fluss bewegte sich gemächlich
in seinem gewundenen Bett zwischen niedrigen Hügeln, durch
Wäldchen und Wiesen. Eine Herde großer grauer Tiere
trottete auf einen See zu.
»Wir nennen sie ›Teelies‹«, sagte George, der
unmittelbar neben Jake saß. »Warmblütige
Pflanzenfresser, Gehirne von der Größe einer Walnuss.
Bewegen sich sehr langsam.«
»Warum werden sie nicht gefressen?«
»Werden sie. Aber nicht häufig. Siehst du den dicken
Panzer, den die Erwachsenen tragen? Außerdem nehmen wir an,
dass ihr Fleisch den vorherrschenden Raubtieren nicht
schmeckt.«
»Gott segne die Evolution«, sagte Jake.
Während sie Hunderte von Kilometern zurücklegten,
veränderte die Landschaft ihr Aussehen nicht. Sie blieb
friedlich, wunderschön und eintönig. In diesem Teil von
Greentrees fehlten die Berge, obwohl sie anderswo aufragten, hoch und
schroff. Verglichen mit der Erde war es ein junger Planet.
»Annäherung an das Dorf«, meldete Leutnant Wortz
mit ihrem kehligen Akzent. »Landung steht bevor.«
Jake fragte sich kurz, ob er je gehört hatte, wie jemand aus
Scherers Mannschaft anders als im Militärjargon sprach. Halberg
vielleicht, aber gewiss nicht Wortz, deren englischer Wortschatz nur
beschränkt war.
Jake konnte aus der Luft einen flüchtigen Blick auf die
Siedlung werfen. Er sah genau das Gleiche wie auf den Aufnahmen:
strohgedeckte Hütten mit steinernen Feuerstellen vor der
Tür und kleinen Feldern dahinter. Einige Pelzlinge liefen
zwischen den Hütten umher. Als die Menschen aus dem Gleiter
stiegen, verharrten sie und schauten sie an.
Sie schauten sie an – taten aber sonst nichts. Die drei
Erwachsenen und das eine Kind liefen nicht davon, näherten sich
nicht und zeigten auch sonst keine Gefühlsregung, so weit Jake
es einschätzen konnte. Er holte tief Luft. »Auf
geht’s, Leute.«
Halberg stieg zuerst aus dem Gleiter und bereitete sich darauf
vor, die anderen notfalls zu verteidigen. Dann kam Jake, gefolgt von
den Wissenschaftlern. Shipley bildete den Schluss. Jake hatte schon
vor langer Zeit die Erfahrung gemacht, wie entrückt und
unwirklich die wichtigsten Augenblicke im Leben eines Menschen sein
konnten, so als würde man sich selbst aus der Ferne beobachten. Ich bin unterwegs zur ersten Begegnung der Menschheit mit
Außerirdischen, dachte Jake, und obwohl ihm der Atem
stockte, fühlte er sich wie ein Schauspieler in einer etwas
lächerlichen Rolle.
Die vier Pelzlinge hatten sich nicht bewegt. Wollten sie denn gar nichts tun? Jake blieb stehen, Halberg zu seiner Rechten
ebenso, einige Meter vom ersten Außerirdischen entfernt. Jake
lächelte. Keine Reaktion.
»Hallo«, sagte Jake vorsichtig.
Nichts.
»Menschen«, sagte er und zeigte auf sich selbst und dann
auf Halberg.
Nichts.
Von hinten flüsterte Shipley: »Geben Sie ihm die
Geschenke.«
Jake wandte sich halb um. Shipley stand unmittelbar hinter ihm und
hielt ihm den Kochtopf hin. Jake hatte die Geschenke vollkommen
vergessen. Ingrid und George waren ohne Zweifel damit
beschäftigt, alles aufzuzeichnen. Jake nahm den Topf und bot ihn
dem Pelzling an. Auch die anderen drei Pelzlinge hatten sich nicht
bewegt, nicht einmal das Kind.
Der Pelzling schaute den funkelnden Topf an, machte aber keine
Anstalten, danach zu greifen. Jake hielt ihn zehn Sekunden lang
ausgestreckt vor sich, dann zwanzig, dann dreißig.
Schließlich legte er ihn vor den Füßen des Pelzlings
auf den Boden und zeigte lächelnd von dem Topf auf den
Außerirdischen.
»Treten Sie
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