Crossfire 1: Kontakt
Und als diese Krieger mit ihren Lasern
angriffen, bin ich ein klein wenig durchgedreht, glaube ich. Ich
stach zu, und der Speer ging hinten so leicht rein, aber vorn traf er
auf was Hartes, vielleicht das Brustbein – Paps, du glaubst
sicher, ich sollte es wissen, als Tochter eines Arztes –, und
ich hab ihn umgebracht. Tod. Weg. Blut…« Sie fing an zu
weinen. Die Tränen machten sie noch wütender.
»Scheiße!«, schrie sie. »Scheiße! Und
wenn schon. Ich hab ihn umgebracht. Es wurden genug umgebracht, die
ganze Zeit über, von den dämlichen, beschissenen Cheyenne,
und meine Pelzlinge konnten nicht das Geringste dafür!«
»Meine« Pelzlinge.
Ruhig sagte Gail: »Nein, die Pelzlinge konnten nichts
dafür. Und du auch nicht. Meine Güte, du musst
erschöpft sein, Nan.«
»Ich bin in Ordnung. Du brauchst mich nicht zu
hätscheln! Und ich habe nie gesagt, dass ich was dafür
kann. Ich muss mir nicht sagen lassen, ob ich Schuld hab oder
nicht…«
Sie redete weiter, aber Shipley erkannte, wie ihre Stimme ruhiger
wurde. Sie wurde leiser, bis sie fast nicht mehr zu hören war.
Gelegentlich gab Gail beschwichtigende Laute von sich. Er wagte
nicht, sich umzudrehen und hinzusehen.
Kurz bevor sie Mira City erreichten, verstummten Nans Worte hinter
ihm völlig. Vorsichtig verrenkte Shipley den massigen Leib.
Naomi lag schlafend in Gails Arm. Die ältere Frau hielt sie
schützend fest, trotz Naomis erstickendem Gestank. Als sie
Shipleys Blick auf sich spürte, blickte Gail auf. In ihren Augen
lag Staunen.
»Sie bedeuten ihr wirklich etwas«, sagte Gail.
»Diese Fremdwesen. Sie… liegen ihr am Herzen.«
Shipley konnte nicht antworten. Er sah Naomi, zerschunden und
schmutzig, in Gails Armen liegen. Er sah Naomi als brabbelnden
Säugling, wie sie geborgen in den Armen ihrer inzwischen
verstorbenen Mutter lag. Er sah Naomi als lachendes Kleinkind in
seinen eigenen Armen. Er sah Naomi in Handschellen und fluchend, wie
sie sich heftig gegen den zupackenden Griff eines Gerichtsdieners
wehrte. Shipley konnte nur den Kopf schütteln.
»Was die gewalttätige Natur des Universums betrifft,
stimme ich ihr zu«, meinte Gail, und trotz seines Kummers,
seines Ärgers und seiner Erleichterung bemerkte Shipley, dass
Jake starr nach vorn schaute.
11. KAPITEL
Gail saß bei einem Treffen ihrer streitbaren und
idealistischen Familie und versuchte, sich auf das Gespräch zu
konzentrieren. Es ging darum, dass sich Rick und Amali auf einem
eigenen Hof ansiedeln wollten.
Grundbesitz war ein Stützpfeiler des Kapitalismus und eine
komplizierte Sache auf Greentrees. Nach den Verträgen, die alle
Siedler unterzeichnet hatten, sollte es in den ersten drei Jahren
keinen persönlichen Grundbesitz geben, ausgenommen den
Subkontinent, der den Cheyenne vorbehalten war. Diese hatten
eingewilligt, sich für die nächsten hundert Jahre auf
diesen Landstrich zu beschränken. Das war kein sonderlich
großes Zugeständnis. Das Gebiet war riesig. Der Rest des
größten Kontinentes des Planeten wurde so lange von der
Mira Corporation treuhändlerisch verwaltet.
Drei Jahre lang musste theoretisch jeder außer den Cheyenne
in Mira City leben. So lange sollte es dauern, bis man sich auf das
Ökosystem von Greentrees eingestellt hatte. Indem man alle
Siedler dicht beisammenhielt und sorgfältig die nötigen
wissenschaftlichen Studien fortführte, wollte die Mira
Corporation die Verluste an Menschenleben durch Vergiftung,
Missernte, Naturkatastrophen und Auseinandersetzungen um
Ländereien möglichst gering halten. Und wichtiger noch:
Greentrees wäre davor geschützt, durch voreilige Ausbeutung
Schaden zu nehmen, ehe man noch die Ökologie des Planeten
verstanden hatte.
Nach drei Jahren sollten Teile des Landes den einzelnen Siedlern
zugewiesen werden. Grundlage dafür waren die vom Satelliten
erstellten Karten. Viel Fläche sollte auf öffentliche Parks
und Wildreservate entfallen. Jeder Erwachsene würde einen
gleichen Anteil Land erhalten. Die einzelnen Landstücke sollten
durch eine Lotterie verteilt werden. Die Besitzer konnten sie
landwirtschaftlich nutzen, unter strengen Auflagen dort Bergbau
betreiben oder sie untereinander je nach Marktlage
veräußern. Umweltschutzbestimmungen unterbanden jede
Nutzung des Landes, von der »beträchtliche ökologische
Risiken« ausgingen. Diese Einstufung sollte von einem Gremium
von zehn gewählten Vertretern vorgenommen werden.
Wer sich nicht auf eigenem Land ansiedeln wollte, dem stand es
frei,
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