Crossfire 2: Feuerprobe
Aufgabe, deren Sinn sie nicht
verstand, hätte sie zumindest ein gutes Leben geführt. Und
sie tat es für Greentrees.
»Geländewagen unterwegs!«, drang es
schließlich aus ihrem Sprechgerät, lange, lange Zeit
später.
»Ja«, antwortete sie, obwohl das keine militärisch
korrekte Antwort war, aber sie wusste nicht, was sie sonst sagen
sollte. Sofort schaltete sie das verräterische Funkgerät ab
und ertastete sich den Weg zurück durch die Nacht zu ihren
Patienten, nur im Licht schwacher LEDs an ihren Schuhsohlen.
Der Geländewagen kam mitten in der Nacht, und sie brachen
sogleich auf. Die Fahrerin war eine von Julian Martins Soldatinnen.
Noch bevor sie den getarnten Höhleneingang erreichte, wurde sie
betäubt. Man entwaffnete sie und fesselte sie an Jakes Bett.
Außer Jake, Lucy und der Bereichsleiterin bekam niemand etwas
davon mit. Man zog ihr eine Decke über den Körper und den
Kopf. Für die Patienten würde es so aussehen, als läge
dort immer noch Jake. Nur die Bereichsleiterin und der junge
Wachposten namens Mohammed wussten es besser.
»Wenn du nicht Jake Holman wärest, hätte sie dir
nicht einmal zugehört«, sagte Lucy. »Du wärst nie
mit dieser Sache durchgekommen.«
»Wenn ich ein anderer wäre, hätte ich das hier
jetzt gar nicht am Hals«, entgegnete Jake. Er bemerkte, dass er
vor Müdigkeit schon undeutlicher sprach, so erschöpft war
er. Lucy und die Bereichsleiterin schleppten ihn zum
Geländewagen und deckten ihn mit Decken zu. Seinen Rollstuhl
luden sie auf die Ladefläche. Lucy lenkte das Fahrzeug, das aus
der Zeit der ersten Besiedlung stammte. Der Wagen war so konstruiert,
dass er lange hielt, und er wurde seit fünfzig Jahren sorgsam in
Schuss gehalten. Jake wies Lucy den Weg. Er wusste, wo sich
Alex’ Bunker befand. Das war nur wenigen Leuten bekannt.
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Lucy. Sie fuhr
blind. Lichter und Navigationssystem waren ausgeschaltet, und sie
orientierte sich nur an einem Kompass, der von einer abgeblendeten
Lampe beleuchtet wurde. Das Licht war so weit heruntergedreht, dass
Jake ihr Gesicht nicht erkennen konnte. Sie hatte das Tierfell, das
sie von den Cheyenne erhalten hatte, gegen einen Threadmore-Overall
aus dem Vorrat im Höhlenkrankenhaus ausgetauscht. Das
Kleidungsstück war ihr zu groß.
»Mir geht es gut«, entgegnete Jake schroff, obwohl es
nicht stimmte. »Es fängt an zu regnen.«
»Gut. Das gibt uns noch mehr Deckung.«
Sie schwiegen einen Augenblick, während sich Jake seine
Fragen zurechtlegte. Es gab so viele Fragen: über den Planeten
der Ranken, das Schiff, das Lucy und Karim heimgebracht hatte, was
sie bei der Forschungsstation gesehen hatten und was Karim und Jon
McBain vermuteten. Als er sich gerade entschieden hatte, welche Frage
er Lucy zuerst stellen oder was er ihr vielleicht sagen wollte,
schlief er ein. Der Regen schlug heftig gegen die Scheiben des
Geländewagens, während dieser langsam auf Alex’ Bunker
zukroch.
26. KAPITEL
IN DEN AVERY MOUNTAINS
Karim und Jon warteten mehrere Stunden im Wald am Fluss. Sie
blieben so lange im Unterholz, auf dem Bauch und unter Laub liegend,
bis sie sicher waren, dass die Pelzlinge nicht zurückkehren
würden.
»Warum sollten sie auch?«, fragte Jon. »Da ist
nichts mehr, wohin sie zurückkehren könnten. Gar
nichts.«
»Nein«, flüsterte Karim.
»Mira City…«
»Wir warten.« Karim bemerkte, dass er selbst geduldiger
geworden war. Keine Wartezeit auf Greentrees, egal, unter welchen
Umständen, konnte schlimmer sein als die unerträgliche
wochenlange Warterei auf dem Planeten der Ranken.
Er hatte Lucy zu der Sammelstelle geschickt, wo sich Jon zufolge
Jake Holman befinden sollte. Diese lag zwischen der Forschungsstation
und Mira City. Lucy konnte dem Fluss folgen, bis sie die Bahnlinie
erreichte, und sich dann an dieser orientieren. Kent und Kueilan
würden Lucy bis zu den Bahngleisen begleiten und dann am Fluss
entlang nach Mira City weiterwandern. Sie würden mehrere Tage
unterwegs sein.
Jon kannte weder die Lage von Alex Cutlers noch die von Julian
Martins Bunker; diese Informationen waren anscheinend vertraulich.
Kent und Kueilan würden also einem Posten in Mira City
erklären müssen, warum sie mit Commander Martin sprechen
wollten. Und dann konnten sie nur darauf hoffen, dass der Posten sie
weiterleitete.
Karim hörte die Hochachtung in Jons Stimme, wenn der Biologe
von Julian Martin sprach. Er schöpfte neue Hoffnung. Ein
militärischer Befehlshaber,
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